Das neue Matriarchat: Sahra Weidel und Alice Wagenknecht ante portas

Beim ersten Duell-Duett von Sahra Wagenknecht und Alice Weidel überwogen auf den wichtigsten Politikfeldern die Gemeinsamkeiten. Nur die Tonalität ist verschieden.

Gemessen am großen Tamtam und den jüngeren Wahlergebnissen besteht kein Zweifel: Die Deutschen haben immer noch nicht genug von der Heimsuchung, als die man die Regentschaft ihrer ersten KanzlerIN bezeichnen kann. Sie werden es noch einmal wagen: Beim nächsten Mal lassen sie gleich zwei taffe Powerfrauen alternativlos durchregieren.

I.

In keiner der anderen Parteien ist irgendeine Frau zu entdecken, der Führung zugetraut werden könnte. Nicht einmal bei den Grünen, wo die feministische Ex-Kanzlerkandidatin Baerbock hinreichend bewiesen hat, was sie alles nicht kann. Ob Schwarz, ob Rot oder verblichenes Gelb: nirgends auch nur ein Hauch weiblicher Führungsreserve. Was hat das zu bedeuten? Dreht der Zeitgeist auch auf diesem Feld? Vorsicht! Der Populismus ist weiblich! Ob in Frankreich (Le Pen), Italien (Meloni) oder Deutschland. Das Aufeinandertreffen der beiden zweifellos erfolgreichsten Frauen zeigte – im Duellmodus ebenso wie im Duett – vor allem eins: Die beiden Frauen legten eine Eignungsprüfung ab. Ja, sie sind als Koalitionspartnerinnen mehr als nur vorstellbar. Die beiden Frauen. Nicht ihre Parteien.

II.

Meine gar nicht so kühne Vorhersage lautet deshalb: Bei den nächsten Bundestagswahlen wird die Selbsteinmauerung der Etablierten noch einmal halten. Merz plus SPD (und oder den Grünen) reißen das Land nicht aus der Krise, halten den weiteren Absturz nicht auf. Dann kommt es zwangsläufig zur großen Wende. Die – wie auch immer man sie bezeichnen mag – Populisten beiderseits der verschwundenen Mitte gewinnen zusammen nicht nur die Mehrheit, sie werden sie auch als Regierungsauftrag verstehen. Ich vermute, dass sich die AfD die Chance nicht noch einmal nehmen lassen wird. Zu diesem Zweck wird der Nazigedächtnisflügel um Höcke abserviert. Alice Weidel, die – sie betont es immer wieder: Erzliberale – überwindet ihren parteiinternen Opportunismus und wagt die Revolution von oben gegen RRRääächz. Sie übernimmt die alleinige Führung und bestimmt den Kurs. Weil ihr dann der nationalistische Flügel von der Fahne gehen wird, wird das BSW an der AfD vorbei ziehen. Die Alleinherrscherin der Partei mit einem Namen statt einem Programm wird ins Kanzleramt einziehen. Die Vizekanzlerin von der AfD wird das Superministerium Wirtschaft plus Finanzen führen. Zwei Ökonominnen, die tatsächlich etwas von der Sache verstehen. Oder umgekehrt. Egal. AW ist die Anpassungsfähigere. Keine Liebesheirat, sondern der Pragmatismus zweier eiserner Ladies.

III.

Ohne Schmarrn: Beim ersten Duell-Duett überwogen auf den wichtigsten Politikfeldern die Gemeinsamkeiten. Nur die Tonalität ist verschieden, wenn Alice Weidel sich immer noch nicht von der haarsträubenden Abschieberhetorik verabschieden mag und Sahra Wagenknecht sie schlecht aussehen lässt, obwohl sie beide das selbe Ziel haben.

IV.

Aber auch Sahra Wagenknecht wird reichlich Kreide fressen müssen. Ihr ungeschminkter, ziemlich radikaler Antiamerikanismus entspricht nicht deutscher Staatsräson. Das Land gehört zum Westen. Kulturell und ökonomisch. Alles andere wäre eine Mischung aus Kaiser Wilhelm und DDR-Nostalgie und eine rote Linie für die Weidel, die zwar auch mit Putins Russland neutraleren Umgang pflegen will, aber es zumindest im Fernsehen diplomatischer ausdrückt. Das war an einem Punkt besonders deutlich zu erkennen. SW ist froh darüber, in den USA nicht wählen zu müssen – ihr passt das ganze Land nicht – während AW Trump wählen würde. Immerhin. Und eindeutig auch dies: Die „Linke“ ist unverkennbar israelfeindlicher gesonnen als die „Rechte“. Auch hier verletzt sie deutsche Staatsräson.

V.

Natürlich ist auch die Sollbruchstelle der lila-blauen Koalition schon erkennbar. Es ist die gleiche Bruchstelle wie bei der Ampel. Es ist der unüberwindbare Gegensatz zwischen Liberalismus und Sozialismus, auch in abgeschwächter Form. Mehr Staat (SW) gegen weniger Staat (AW). Im Zweifel haben sich die Deutschen immer für mehr Staat entschieden. SW verkennt ihr neues Idol (Ja!) Ludwig Erhard und die Soziale Marktwirtschaft vollkommen. Erhard warnte vergeblich vor dem Sozialuntertanentum der Deutschen. Und in dieser Hinsicht ist auch an der Glaubensfestigkeit der Marktliberalen AW zu zweifeln, wenn sie einmal zur Chefsklaventreiberin der Steuerzahler aufsteigen wird. Sicher ist die eine keine Kommunistin mehr, und die andere kein Nazi. Beide Klischees haben einen Bart. Einen Damenbart.

Anzeige

Unterstützung
oder

Kommentare ( 98 )

Liebe Leser!

Wir sind dankbar für Ihre Kommentare und schätzen Ihre aktive Beteiligung sehr. Ihre Zuschriften können auch als eigene Beiträge auf der Site erscheinen oder in unserer Monatszeitschrift „Tichys Einblick“.
Bitte entwerten Sie Ihre Argumente nicht durch Unterstellungen, Verunglimpfungen oder inakzeptable Worte und Links. Solche Texte schalten wir nicht frei. Ihre Kommentare werden moderiert, da die juristische Verantwortung bei TE liegt. Bitte verstehen Sie, dass die Moderation zwischen Mitternacht und morgens Pause macht und es, je nach Aufkommen, zu zeitlichen Verzögerungen kommen kann. Vielen Dank für Ihr Verständnis. Hinweis

98 Comments
neuste
älteste beste Bewertung
Inline Feedbacks
Alle Kommentare ansehen
X1
1 Monat her

Wenn Frau Weidel die Machtprobe mit Höcke wagt und die Idealisten aus der AfD herausschmeißen will, wird sie verlieren. Wenn nicht, dann wird die AfD genauso enden wie die Republikaner nach dem Rausschmiß von Schönhuber oder die Schillpartei ohne Schill oder die Parteien von Lucke und Petry.

moorwald
1 Monat her

Politisch-analytisches Denken ist nicht Herrn Herles’Stärke. Er erliegt oft seiner Phantasie. Vielleicht läßt er sich auch von der geschickten Rhetorik der Damen verführen. Die „erfolgreichsten Powerfrauen…“
Die Erfolge würde ich gern mal sehen -außerhalb der Parteien.

Monika Vogel
1 Monat her

Ich hoffe nicht, dass Frau Weidel das Wagnis eingeht, den Höcke-Flügel abzustoßen. Im Osten würde die AfD mehr Stimmen verlieren als dazugewinnen, im Westen mag es aufgrund größerer Unkenntnis über den Patrioten Höcke umgekehrt sein. Die AfD würde letztendlich eine opportunistische Partei wie CDU und FDP. Wozu dann der aufopferungsvolle Kampf der letzten Jahre, um als eine Art Bettvorleger zu landen.

WandererX1
1 Monat her

Sich selbst (?) „eingemauerte Männer„(Herles) ? eher vom Feminismus in die Mauer gezwungen …..also in Häusern statt auf dem Feld (eurem angestammten Platz – und zwar psychisch und auch äußerlich VOR aller Hauswelt und stringenten Sozialbefindlichkeit, wo es nicht um das Haus und den Hof geht) befindliche Männer, wo sie ihren Handlungsvorteil im Felde nicht ausspielen können. So (nur deshalb!) besetzen andere, über die Felder kommenden Männer die Posten im Außenbereich und machen die Strassen bei uns unsicher. „Hausfrauen“ wie Weidel und Wagenknecht (Frauen sind metaphysisch gesehen immer letztlich Hausfrauen, auch wenn sie dies da und dort durchaus sehr gut… Mehr

anita b.
1 Monat her

Herr herles hat jeine Ahnung. Es gibt bei der agd einen anderen Protagonisten, der derzeit versucht sich in Stellung zu bringen. Und ihn halte ich vuel gefährlicher für alle altparteien und auch wagenknecht.

chino15
1 Monat her

Das sehe ich ganz anders. Das BSW ist eine Wundertüte. Was Wagenknecht sagt, ist nicht das, was ihre Partei macht – siehe Thüringen. Es bestehen gute Chancen, dass sich das BSW schon bis zur nächsten BTW als Mehrheitsbeschaffer für die Systemparteien entlarvt hat, spätestens in der nächsten Wahlperiode wird das passieren. Wenn CDU/CSU tatsächlich nicht mit dem „toten Gaul“ Grüne koalieren wollen, die FDP raus ist und es (erwartungsgemäß) für Schwarz-Rot nicht reicht, dann muss das BSW ran und es wird nicht viel vom Wagenknecht-Programm bleiben. Das ist die Stunde der AfD. Ich bin definitiv kein Höcke-Fan, finde ihn aber… Mehr

Janno
1 Monat her

Die erste Amtshandlung des BSW ist die Unterstützung des Kartells. Thema erledigt.

R.Baehr
1 Monat her

Ich lese da Staatsräson und der Antoamerikanismus entspräche nicht derer. Dann muss man sich endlich einmal auf eine andere Räson besinnen und nicht den größten Kriegstreiber seit 45 auch noch verherrlichen.

November Man
1 Monat her

Wagenknecht ist bekanntlich eine Kommunistin. Frau Dr. Alice Weidel ist konservativ und ist bekanntlich nicht Herr Höcke. Und trotzdem versuchen die Linksextremisten immer und immer wieder Frau Dr. Alice Weidel irgendwelche völlig falsch interpretierte Zitate von Herrn Höcke unterschieben. Es ist zum Beispiel nichts zu finden, nach dem Herr Höcke die Abschiebung von 20 bis 30 Millionen Migranten gefordert hat, wie Frau Wagenknecht in der Sendung öffentlich behauptet hat. Das ist wohl wieder mal eine der vielen unwahren Behauptungen der Linksextremen über die liberal demokratische AfD.

November Man
1 Monat her

Ich kann keine Verletzung der Staatsräson erkennen. Dieser SPD-Kanzler ist laut Wagenknecht ein Vasallenkanzler.