Brasilien: Bolsonaro-Allianz feiert Wahlerfolge im ganzen Land

Erst kam die Abschaltung der Plattform X, dann die Massenproteste, nun ein Wandel an den brasilianischen Urnen. Die Linkspartei von Präsident Lula wurde abgestraft. Gewonnen haben Bolsonaro und seine Verbündeten – und das ebenso im Inneren des Landes wie in den Metropolen an der Küste.

IMAGO / Fotoarena
Jair Bolsonaro, Rio de Janeiro, Brasilien, 06.10.2024

In Brasilien haben am Sonntag rund 156 Millionen Wähler über die Zusammensetzung von mehr als 5.500 Stadt- und Gemeinderäten abgestimmt. In einem derart großen Land sind die Ergebnisse von Kommunalwahlen unweigerlich etwas unübersichtlich. Insgesamt zeigt sich aber ein deutlicher Vorsprung von Bolsonaros konservativem Partido Liberal (PL) gegenüber der Linkspartei Partido dos Trabalhadores (PT) von Präsident Lula da Silva. Konservative aus der PL und ihre Verbündeten gewannen die Mehrheit der Städte und Gemeinden. Zum Teil gelang das sogar in den Großstädten – vielleicht gar nicht so überraschend, denkt man an die brasilianischen Kriminalitätsziffern.

Der Bolsonaro nahestehende Bürgermeister von São Paulo, Ricardo Nunes von der undogmatischen Sammlungsbewegung MDB (Movimento Democrático Brasileiro), kam knapp vor seinem linken Herausforderer aus der ersten Runde heraus und gilt nun als Favorit in der Stichwahl. In Rio de Janeiro beginnt die vierte Amtszeit von Bürgermeister Eduardo Paes (MDB), der mit 60 Prozent der Stimmen wiedergewählt wurde.

Dabei bleibt zuweilen unklar, auf welcher Seite die MDB-Leute wirklich stehen. Eventuell schwenken sie ihr Fähnchen im Wind. Nunes in São Paulo hat einen Vize aus Bolsonaros Partei. Paes in Rio gibt sich eher neutral und dankte auch Lula für die gute Zusammenarbeit. In jedem Fall haben sich damit wohl Kräfte etabliert, die unabhängig von politischer Ideologie für die Interessen der Bürger eintreten.

Die Sicherheitsvorkehrungen waren dabei erheblich: Beide Seiten des politischen Spektrums betrachten die Wahlen als Stimmungstest für die Beliebtheit der je eigenen Partei und ihrer Anführer. Manipulation und Korruption sollten bei diesen Wahlen keinen Platz haben. Die letzte Präsidentschaftswahl hatte Jair Bolsonaro äußerst knapp – mit 49,1 Prozent zu 50,1 Prozent – gegen Lula verloren. 2026 sollen die nächsten Präsidentschaftswahlen stattfinden.

Bolsonaro-Allianz gewinnt in den Hauptstädten

Bolsonaro verbuchte vor allem im Norden, Süden und Mittleren Westen des Landes Erfolge. Die konservative Gazeta do Povo spricht schlicht von „Stärke in allen Regionen“ und einer abrutschenden Linken. Das Parteibuch ist dabei, wie gesehen, nicht so entscheidend. In Boa Vista im nördlichen Bundesstaat Roraima – an der Grenze zu Venezuela und Guyana – wurde der von Bolsonaro offensiv unterstützte Bürgermeister Arthur Henrique (43 Jahre alt, MDB) gar mit 75,2 Prozent wiedergewählt. Linke Kandidaten errangen hier zusammen weniger als zwei Prozent der Stimmen.

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Ähnlich sieht es ganz im Süden, in Mato Grosso do Sul und dessen Hauptstadt Campo Grande aus, wo allerdings die Kandidaten der Mitte-Rechts-Parteien PP und Union das Rennen unter sich austragen werden. Bolsonaros PL kam hier auf den dritten Platz, Lulas PT lag abgeschlagen auf dem fünften Platz. In Florianópolis (Hauptstadt von Santa Catarina, wo auch viele Nachkommen deutscher Einwanderer leben) wurde der mit Bolsonaro verbündete Bürgermeister Topaz Neto (PSD) mit 58,4 Prozent wiedergewählt.

Auf die Hauptstädte der 26 Bundesstaaten wird nun besonders geschaut. Viele von ihnen sind eher Aggregationszentren einer regionalen Identität als Metropolen. In 17 davon wurden von Bolsonaro unterstützte Kandidaten gewählt oder haben sich für die zweite Runde qualifiziert. Der Partido Liberal selbst gewann zwei Bürgermeisterposten schon im ersten Anlauf – in Maceio im Bundesstaat Alagoas an der Küste im Osten und in Rio Branco, Hauptstadt von Acre im äußersten Westen, mit sicher vollkommen verschiedener Wirtschaft und Bevölkerung. In neun weiteren Hauptstädten sind PL-Kandidaten in die Stichwahl gelangt, in noch sechs anderen solche Kandidaten, die Bolsonaro unterstützt.

Die Lula-Partei PT hat hingegen noch keinen der wichtigen Bürgermeisterposten gewonnen und geht nur in sieben Bundesstaatskapitalen in die Stichwahl. In Cuiaba (Bundesstaat Mato Grosso) und Fortaleza (Ceará) wird es in drei Wochen zum direkten Showdown in Stichwahlen zwischen Bolsonaros PL und Lulas PT kommen.

Bolsonaro tritt für X ein – und für Matteo Salvini

Man kann nur vermuten, was zu diesem deutlichen Umschwung bei den brasilianischen Wählern geführt hat. Das Verbot der Plattform X durch den – Lula nahestehenden – Bundesrichter Alexandre de Moraes hat viele Brasilianer aufgebracht und auf die Straße gehen lassen. Jair Bolsonaro stellte sich an die Spitze dieser Proteste für die Meinungs- und Redefreiheit. Der Bundesrichter de Moraes hatte zuvor versucht, die Sperrung von Profilen auf X zu erwirken – vor allem solche von (rechten) Politikern, deren Tweets ihm nicht gefielen. Bolsonaro nannte den Bundesrichter einen Diktator und warf ihm im September vor, die Wahrheit zensieren, nicht Desinformation oder „Hassrede“ kontrollieren zu wollen: „Sie wollen nicht, dass das Volk die Wahrheit kennt.“

Zieht sich das Netz zu?
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Bolsonaro intensiviert auch die Kontakte nach Europa: An diesem Wochenende war er auf dem Parteitag der italienischen Lega Nord von Matteo Salvini zugeschaltet. Dem Partei- und stellvertretenden Regierungschef stärkte er dort durch eine Video-Ansprache den Rücken im Prozess wegen Salvinis früherer Regierungsbeteiligung ab 2018. Es geht um die Verhinderung der Landung von 147 Migranten im Jahr 2019. Dem damaligen Minister werden die Entführung von Menschen und Machtmissbrauch vorgeworfen. In dieser Woche wird ein Urteil erwartet.

„Wir müssen entscheiden, wer unser Haus betritt“, sagte Bolsonaro laut der spanischen Vanguardia, an das Publikum im italienischen Pontida gewandt. Angereist waren Viktor Orbán, Geert Wilders und der Sprecher der spanischen Vox-Partei José Antonio Fúster. Wilders sagte: „Ich liebe dich, Matteo. Wenn du nächste Woche vor Gericht stehst, dann denk daran, dass du unser Held bist.“ Salvinis Politik gegen den „Tsunami der Masseneinwanderung“ sei richtig gewesen. Viktor Orbán lobte Salvini als „Helden“, der „die Grenzen geschlossen und die Häuser der Italiener verteidigt“ habe. „Tatsächlich verteidigte er auch Europa und würde eine Auszeichnung verdienen, keinen Prozess. Was passiert, ist eine Schande und vor allem eine Schande der Linken. Salvini ist ein europäischer Patriot.“ Jordan Bardella sprach in einem Video von einem „Angriff der Linken auf den Grenzschutz“.

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Kommentare ( 6 )

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Sonny
1 Monat her

Aha, auch Brasilien wacht auf. Das freut mich zu hören. Der Trend ist unübersehbar und der Spruch „Wer nicht hören will, muss fühlen“ drängt sich förmlich auf. Wer links bzw. linksgrün zu fühlen bekommen hat, der muss zwangsläufig irgendwann zu der Erkenntnis gelangen, dass links zu heutiger Zeit nur Diktatur, Freiheitsbeschneidung, Korruption und wirtschaftlichen Niedergang bedeutet. In Bezug auf die linksmotivierte Massenmigration in der Welt, die hauptsächlich Armut und Kriminalität importiert, zeigt sich die Zerstörung von Volkswirtschaften seit Jahren ganz klar. Das Linke versuchen, mit Lügen und Vertuschungen die Folgen ihres politischen Handels zu verstecken, ist auch klar. Länder, die… Mehr

Ahnungslos
1 Monat her

Der Umschwung wird wohl zu einem nicht geringen Anteil aus der Wirtschaft im Hintergrund befeuert. Wer die Petrobras-Aktie im Depot hat, wird sich wohl noch an das Tal erinnern, als da Silva einen Kampf mit dem CEO des staatlich gelenkten Ölkonzern im Jan.’23 hatte, um mehr Kontrolle über die Wirtschaft zu bekommen und sich das Unternehmen „unter den Nagel riss“, indem er den langjährigen Getreuen Jean Paul Prates installierte. Das war wohl nicht die einzige Episode. Die lateinamerikanische Wirtschaft ist sowieso durch die horrende Korruptionsrate gebeutelt. Da schicken sozialistische Spieler die Wirtschaft gleich wieder auf Talfahrt, wie da Silva beweist.… Mehr

BK
1 Monat her

Was spricht die Wähler eigentlich an, immer zwischen ein und denselben Personen hin und her zu wählen? Ein Phänomen, was auch in Deutschland zu beobachten ist.

89-erlebt
1 Monat her

Ein Hoffnungsschimmer für Brasilien. Beim letzten Besuch war dort der Unmut über Lula und seine korrupten Machenschaften (zB.,Entlassung der Odebrechts aus dem Gefängnis) überdeutlich zu spüren. Die Tage des Post Kommunisten Luka sind gezählt. Argentinien macht es vor. Ich freue mich sehr für 🇧🇷

Autour
1 Monat her

Man kann nur vermuten, was zu diesem deutlichen Umschwung bei den brasilianischen Wählern geführt hat.

Also ich wage mich zu erinnern, dass die Wahl des Linken ein, na sagen wir mal so, „gewisses Geschmäckle“ gehabt hatte! Wie eigentlich bei so gut wie ALLEN Linken pseudo Demokratien!
War es am Ende nicht ein knappes Kopf an Kopf rennen? Das auf Grund von ausserstaatlicher Beeinflussung zu Gunsten von Lalelu gekippt wurde?

fatherted
1 Monat her

Die Brasilianer sehen was in Argentinien los ist und wollen wohl auch wieder den Schritt in diese Richtung wagen Leider ist Bolsonaro ein unfähiger Egomane den man nicht im geringsten mit Milei vergleichen kann. Mal sehen ob die total korrupten Sozialisten sich die Macht wieder nehmen lassen.