Bei Miosga: Baerbock lädt Wagenknecht und Voigt zum Mitfliegen ein

Kaum jemand weiß so viel über die Welt wie Annalena Baerbock. Das hat sie bei Caren Miosga klargestellt. Weil sie nämlich überall hinreist und sich alles ganz genau anguckt. Wer eine andere Meinung hat, soll sie deshalb mal begleiten. Sahra Wagenknecht, zum Beispiel. Von Michael Plog

Screenprint: ARD / Caren Miosga

Man merkt: Die Bundestagswahl rückt näher. Für gewöhnlich lässt sich Außenministerin Annalena Baerbock am liebsten per Bildschirm in die Talkrunden zuschalten. Bei Caren Miosga am Sonntagabend aber sitzt sie eine ganze Stunde lang persönlich mit am Tisch. Präsenzunterricht mit den üblichen Textbausteinen und Versprechern. Und einigen Rüffeln.

Dabei sind Miosgas Fragen geradezu zärtlich. Baerbock darf am Vorabend des Jahrestags, an dem palästinensische Terroristen Israel überfielen, erzählen, wie sie diesen Tag erlebt hat. Das tut sie, macht dabei kleine Pausen, so, als würde sie überlegen, doch ihr schauspielerisches Talent reicht nicht aus. Alles wirkt abgesprochen, einstudiert. Dazu dann noch Miosgas verständnisvolles Augenklimpern – die ersten Minuten der Sendung sind wirklich harter Tobak.

„Ist der Krieg im Nahen Osten noch zu stoppen, Frau Baerbock?“ lautet das Thema der Sendung, und spätestens, als zwei Experten mit am Tisch sitzen, wird klar, dass Frau Baerbock für diese große Frage der falsche Adressat ist.

Doch zunächst darf sie ungestört vom Krieg erzählen, denn die Fragen gehen so wie diese: „Wenn Sie so geschockt sind, wie bringen Sie sich danach wieder in die berufliche Spur?“ Sie kämpfe vor allem mit Fake News und Kriegspropaganda. Deshalb sei es für sie „so wichtig, so viel es geht auch immer selber vor Ort zu sein, selber zu sehen“. Und dies „spätestens seit dem 24. Februar, dem furchtbaren Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine“. Der Textbaukasten ist damit vollständig geöffnet.

Die einzelnen Bausteine finden aber – wie üblich – nicht immer optimal zueinander. „Es gibt Situationen, da brennt einem das Herz, da würde man als Mensch, als Mutter, einfach sagen: Mach einfach, dass es Stopp ist. Aber ich bin Außenministerin, und dann in solchen Momenten, wenn einem das Herz brennt, einen kühlen Kopf zu bewahren, das ist in diesen Momenten meine Verantwortung für verantwortungsvolle Entscheidungen.“ Uff!

Dabei macht Miosga es ihr doch so leicht. „Wie haben Sie sich darauf vorbereitet, dass die Welt, die da draußen auf Sie warten würde, auch den Menschen Annalena Barbock verändert?“ Baerbock sagt, sie habe eine eiserne Grundhaltung entwickelt: „Mir war immer wichtig, das vor Ort ganz genau anzuschauen.“

Und was die Leute ihr auch immer für Versprechen abverlangen, wenn sie vor Ort ist! Baerbock zitiert eine 16-jährige Ukrainerin, die verschleppt worden war: „Frau Baerbock, bitte versprechen Sie mir eins, vergessen Sie die anderen Kinder nicht, die weiterhin verschleppt sind. Geben Sie sie nicht auf.“ Später lässt sie einen israelischen Vater auftreten: „Frau Baerbock, versprechen Sie mir eins, nicht als Außenministerin, sondern als Mutter: Freuen Sie sich niemals, dass Ihre Kinder zu einem Großeltern-Wochenende fahren.“ Weil er das zu seinen Kindern sagte, und dann habe er sie erstmal für längere Zeit nicht mehr gesehen.

Das Skript ist damit passé, die Dinge und Frau Baerbock nehmen ihren Lauf …

Sie kritisiert, dass Putin „keinen Millimeter über Frieden nachdenkt“, und berichtet, was Diplomatie bedeutet: nämlich „natürlich auch immer, Schlimmeres zu verhindern. Deshalb fahre ich auch immer wieder in die Ukraine.“

Dazu hat Miosga einen passenden Einspieler am Start, in dem Bundeskanzler Olaf Scholz, wenn schon nicht inhaltlich, so doch zumindest linguistisch voll auf Baerbock-Niveau spricht. Zum Thema „Deutsche Waffen auf russische Ziele“ sagt er, dass Deutschland „keine Aufhebung von Weichreitenbeschränkung vornehmen wird“. Wow.

Baerbock erklärt dazu, offensichtlich frei nach Schnauze: „Ich bin total dagegen, dass man öffentlich diskutiert, wie weit jetzt weitreichend ist.“ Ihr gehe es vielmehr darum: „Wie können wir die Kräfte bindeln?“

Miosga geht nochmal auf die Weichreite, pardon, Reichweite: „Wie weit ist denn weitreichend?“, fragt sie. Baerbock: „Ich halte es total für fatal, wenn man öffentlich definiert: 10, 40 oder 200 Kilometer. Abschreckung bedeutet doch, dass in diesem Fall bestmöglich der russische Präsident, die russische Armee glaubt, sie sollten gar nicht mehr so viele Raketen schießen, weil sie ansonsten zerstört werden.“ Ein Satz wie eine Streubombe. Oder war es Streuselkuchen?

Miosga lässt sich anstecken: „Es gibt ja Flughäfen und Abschussbasen, die sind eben etwas weiter als nur 200 Kilome… äh 200 Meter entfernt oder zwei bis fünf oder zehn Kilometer.“ Es ist dies der Moment, als der Zuschauer seinen Frieden mit der Sendung schließen kann, wenn er möchte. Vorausgesetzt, er akzeptiert, dass derartiger Nonsens 3.650 Euro GEZ-Gebühren pro Sendeminute frisst.

Dass die Ministerpräsidenten Sachsens und Brandenburgs sowie Thüringens Chef-Plagiator Mario Voigt in einem gemeinsamen Zeitungsbeitrag Friedensverhandlungen für die Ukraine fordern, versteht Baerbock nicht. Sie sagt: „Wie die drei Herren auf den Trichter sein können, dass man jetzt die deutsche Bundesregierung, die Europäer oder gar die Ukraine noch weiter herausfordern muss.“ Keine Ahnung, was sie damit meint. Aber sie möchte sich immerhin gern persönlich erklären: „Vielleicht kann ja der eine oder andere Herr mich einmal begleiten bei meinen Reisen in die Ukraine.“ Die Einladung erweitert sie später noch auf Sahra Wagenknecht: „Auch sie lade ich herzlich ein, mal gemeinsam in die Ukraine zu reisen.“ Das dürfte ein interessanter Ausflug werden. Vielleicht mieten sich die Fünf einen Minivan, schließlich sind es von Potsdam angeblich nur sieben Autostunden bis Kiew.

Zwei Nahost-Experten bringen Pfeffer in die Runde. Sie kritisieren Baerbocks Bemühungen im Nahen Osten. „Ich habe das Gefühl, dass da einfach nicht viel Kraft auf die Straße gekommen ist“, sagt Islamwissenschaftler Guido Steinberg. Er wundert sich, „dass man tatsächlich denkt, dadurch, dass man sich zuhört, dass man sich respektvoll begegnet unter Freunden oder wie auch immer, den Eindruck erweckt, als würde man tatsächlich Ziele erreichen“. Und Daniel Gerlach, Chefredakteur des Magazins „Zenith“, schließt in seiner Kritik den Kanzler gleich mit ein: „Dieses Thema scheint ihn absolut nicht zu interessieren. Die 40.000 Toten in Gaza, die jetzige Situation im Libanon. Es scheint dieser Konflikt für ihn nicht zu existieren.“

Baerbock sagt, sie sei ein „tiefer Freund des israelischen Staates“. „Deshalb war ich so oft in der Region. Elfmal in der Region, neunmal in Israel.“ Harte Arbeit über den Wolken, und „da kann man sich ja nicht Rosinen raus pucken“.

Steinberg hat „fast ein bisschen Mitleid“. Europäische Politiker würden „von Israel nicht ernstgenommen“. Und „das liegt daran, dass Deutschland, gerade wenn es um Sicherheitspolitik geht, einfach kein Akteur ist. Und alles, was wir in der Region sehen, ist Sicherheitspolitik. Da hat Deutschland nichts beizutragen. Ganz einfach nichts.“ Baerbock aber bleibt dabei: Es gehe nicht darum „das Bequemige zu tun, sondern das Richtige zu tun. Außenpolitik ist ja kein: Man hat ’nen Zauberstab, und dann zaubert man mal den Frieden vorbei, sondern man muss immer mit Realpolitik umgehen.“ Das hat Robert Habeck ja auch schon festgestellt, den die Realität bisweilen geradezu umzingelt.

Realsatirisch wird es nochmal, als Miosga wissen will, warum Baerbock 2025 nicht als Kanzlerkandidatin antritt. Sie sei ja angeblich „zu eingebunden“. Ob das eine schlechte oder gute Ausrede sei, fragt Frau Miosga. „Ich glaube, eine gute Nachricht für die Außenpolitik und auch für mich“, sagt Frau Baerbock. „Meine Aufgabe als Außenministerin, das ist ja mein Jobprofil, ist, in der Welt unterwegs zu sein.“

Miosga stichelt: „Sie hätten auch ehrlicherweise sagen können: Ich war schonmal dran. Da lief’s nicht so gut. Jetzt macht es der andere.“

Baerbock antwortet knapp: „Jo.“

Miosga: „Gut.“

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Kommentare ( 50 )

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taliscas
1 Stunde her

Fräulein Miosga ist in jeder Hinsicht ein Totalausfall, vielleicht nur noch übertroffen von dieser WDR-Tranfunzel Klamroth. Die Sendung mit der Maus wäre der bessere Titel, womit man der Original Maus allerdings grobes Unrecht täte, denn inhaltlich bieten Maus und Elephant grosses TV Erlebnis.

Privat
1 Stunde her

Die absolute Dummheit wie auch Naivität der Wähler erkannt jeder daran, das sogar Splitterparteien gewählt wurden.
Splitterparteien, die heute sogar Politik mitbestimmen.
Zum Schaden Deutschlands.

Waehler 21
1 Stunde her

Frei nach Erich Kästner: Das fliegende Klassenzimmer!

Ich habe heute das erste Bild von zerschossenen Stadtteilen der Ukraine in einem Aufmacher gesehen. Diese Bilder wurden der Öffentlichkeit hübsch vorenthalten.
Die Kosten für den Wiederaufbau dürften den deutschen Steuerzahlen vermutlich dreimal soviel Geld kosten wie die aktive Unterstützung des Krieges.
Doch die wahrscheinlich abgegebenen Zusagen an Selenskyi für den Wiederaufbau, kennt der Normalbürger in Deutschland nicht und werden ihm bewusst vorenthalten. Damit man stramm die „Mitte“ wählt!

Warum fragt Miosga Frau Baerbock nicht, was der Wiederaufbau kostet und wer ihn bezahlt und wer nur die Gewinne mitnimmt?
ÖRR? NEIN DANKE!

Klaus Uhltzscht
1 Stunde her

Interessant in diesem Zusammenhang der heutige Artikel in der Jungen Freiheit:
Baerbock schweigt über Geheim-Dinner mit Anti-Israel-Aktivisten (jungefreiheit.de)

Rob Roy
1 Stunde her

Baerbock und Miosga, was für ein Dreamteam. Das Interview hätte so auch in der „Brigitte“ erscheinen können. Fehlt nur noch eine Homestory.

elly
1 Stunde her

Wieder einmal herzlichen Dank an TE Jornalisten und Autoren, dass sie sich diese unsäglichen Laberrunden anschauen. Frau “No matter what my German Voters think” will Kräfte bündeln?! Welche denn? Deutsche Steuergelder? Ich werde es nie verstehen, welchen Narren die Damen UvdL, Baerbock. ASZ an Herrn Selenskyi gefressen haben. Sie werden ihre Gründe haben. „Außenpolitik ist ja kein: Man hat ’nen Zauberstab, und dann zaubert man mal den Frieden vorbei, …“ die Zuschauer sind ja alles kleine Dummerchen auf Kindergarten Niveau. Selbst wenn es diesen Zauberstab gäbe, in ihren Händen würde er zum Hexenstab der noch viel mehr Kriege herbei hexen würde.… Mehr

humerd
2 Stunden her

„dass Frau Baerbock für diese große Frage der falsche Adressat ist.“
sie ist bei jeder Frage, jedem Thema der falsche Adressat. Aber sie muss jetzt in Talkshows, da selbst ihren hartnäckigsten AnhängerInnen die Unfähigkeit auffällt.

Protestwaehler
2 Stunden her

Man kann dieser infantilen Göre wirklich keine 2 Minuten lang zuhören ohne Kopfschmerzen zu bekommen, schon allein weil die kaum ein einziges Wort auch nur ansatzweise fehlerfrei aussprechen kann. Das ist doch nicht normal, leidet die an einer kognitiven Störung oder hat die einfach das Kindesalter nie überwunden. Manchmal spricht die wie eine Dreijährige. Spätfolgen von Pubertätsblocker?

Haba Orwell
2 Stunden her

> Bei Caren Miosga am Sonntagabend aber sitzt sie eine ganze Stunde lang persönlich mit am Tisch.

Trotzdem lese ich in dieser Zeit lieber, wie jemand im Bösen Medium über die Frau spottet. Mittlerweile ernten sogar derer Chefs im Amiland viel Spott – kürzlich argumentierte ein Artikel, dass weder Feind noch Vasall auf die USA hören will.

Kassandra
2 Stunden her

Liest sich, wie gefühliges BRIGITTE-Fernsehen. Vielleicht gibt es auch einen Telepromter im Studio – weil sich das alles zu merken, was da für wen auch immer passgerecht gesendet wird, könnte sich ein mancher in solch irrer Anreihung gar nicht erst so merken.