Weniger Kultur im Fernsehen: Kahlschlag statt Reform

Dass nun ausgerechnet die beiden Kulturprogramme – 3sat und das deutsch-französische Arte – fusionieren sollen, ist geradezu sittenwidrig. Beide müssen bleiben! Vor allem die Hochkultur ist auf mediale Präsenz angewiesen. Nötig wären mehr Kultur, nicht weniger – übrigens auch auf 3sat.

Wer nur übers Geld redet statt über den Programmauftrag von ARD und ZDF, wie es nun die Bundesländer und die Anstalten selbst tun, schüttet das Kind mit dem Bad aus, und setzt den fundamentalen Irrtum der vergangenen drei Jahrzehnte fort.

I.

Jahrelang ist nichts passiert. Der Niedergang des Programms ist Resultat einer generellen Verseichtung. Die Verseichtung wiederum ist Folge des Quotenwahns. Die Quote dürfte im Gebührenfernsehen nicht die entscheidende Rolle spielen, weil ja kein Geld verdient werden muss. Es ist nicht kommerziell ausgerichtet. Das ist der Sinn von Gebühren. Die Vielfalt des Meinungsspektrums sollte Messlatte sein, nicht die Gefallsucht. Der Umerziehungskurs selbst ernannter Eliten gehört nicht zum Programmauftrag. Das alles versteht sich eigentlich von selbst. Dem hochmütigen Jubel der ZDF-Intendanten über die Marktführerschaft (dank Fußball, Krimis, Fußball und Krimis) folgte der Vertrauensverlust beim Publikum. Es ist gleichermaßen angewidert von der polit-pädagogischen Gender-Wokeness wie von der Monotonie des Programms.

II.

Die Anstalten haben es seit Jahren versäumt, den Reformprozess von sich aus anzustoßen, und stattdessen interne Kritiker als Nestbeschmutzer beschimpft. Ich weiß, wovon ich spreche. Nach Erscheinen meines Buchs „Die Gefallsüchtigen“ wurde ich mit einem kalten Fußtritt in die Pension verabschiedet. In eine Wagenburg haben sich die Anstalten verschanzt, weitergemacht wie bisher und der Hilfe des Bundesverfassungsgerichts vertraut. Jetzt haben sie den Salat. Es sollen ganze Kanäle eingestampft werden (was im Radio mit 70 Kanälen durchaus sinnvoll ist), statt zuerst einmal die Monotonie in den Haupt- und in den dritten Programmen (die wegen der Rundfunkhoheit der Länder niemand antastet!) zu beseitigen. Stattdessen droht ausgerechnet das einzige tägliche Kulturmagazin des öffentlich-rechtlichen Systems zu verschwinden, die „Kulturzeit“ auf 3sat. Das Kulturprogramm 3sat ist einzigartig, weil es nicht nur theoretisch, sondern anschaulich die deutsche Kultur als einen über die Bundesrepublik hinausgehenden Sprachraum begreift und Österreich und die Schweiz am Gemeinschaftsprogramm beteiligt. Dass nun ausgerechnet die beiden Kulturprogramme – 3sat und das deutsch-französische Arte – fusionieren sollen, ist geradezu sittenwidrig. Beide müssen bleiben! Vor allem die Hochkultur ist auf mediale Präsenz angewiesen. Nötig wären mehr Kultur, nicht weniger – übrigens auch auf 3sat.

III.

Es fällt überdies auf, dass – anders als bei Sport und Wirtschaft – in den Nachrichtensendungen aller Programme Kultur kaum, und wenn, dann meist nur in Form populärkultureller Rausschmeißer vorkommt. Wer Information und Bildung zur Zugabe degradiert, wird auf lange Sicht der Kultur selbst Schaden zufügen. Auch das wöchentliche Kulturmagazin aspekte im ZDF bietet kaum mehr aktuellen Kulturjournalismus, sondern eine zeitgeistig-gefühlige mediathektaugliche Unterhaltungsstrecke. Und natürlich sollte auch in den wenigen Kultursendungen das Gebot der Ausgewogenheit, der Diskursfreiheit gelten. Es gäbe Reformbedarf genug. Beschneiden ist keine Reform.

IV.

Bisher schon haben die Intendanten die Axt an die Kultur gelegt, haben die Kultur immer gern in die Nacht verschoben oder aus nichtigen Anlässen ausfallen lassen. Deshalb läuft zum Beispiel Böhmermann vor aspekte. Das Hauptargument gegen die Kultur lautet: Was wollen Sie denn, wir verschieben die Kultur ja nur, und es gibt ja noch das Internet? Wer Kultur sucht, wird sie finden. Das ist grobe Irreführung. Weshalb? Speziell an Kultur Interessierte finden in der Tat Kultur auch in Mediatheken. Der Witz am Programmauftrag ist aber, nicht nur die speziell interessierte Zielgruppe regelmäßig und zuverlässig aus der Welt der Kultur zu informieren, die im Zweifel findet, was es sucht, sondern möglichst auch alle Zuschauer, die nicht suchen. Also das Laufpublikum. Deshalb sind Nachrichten mit Kultur und journalistische Kulturmagazine auf attraktiven Sendeplätzen von generellem Interesse. Gerade den nicht speziell an Kultur Interessierten und Vorinformierten sollte die Aufmerksamkeit gelten. Es entspräche dem Bildungsauftrag des Gebührenfernsehens. ARD und ZDF kapieren generell nicht, dass Kultur nichts zu tun hat mit Unterhaltung für halbwegs Gebildete.

V.

Was also not täte, wäre eine ganz andere Reform. Statt Programme einzustellen (was nach Ansicht der Gebührenbehörde KEF kaum finanzielle Entlastung böte), wäre es sinnvoller, von Programmplatz zu Programmplatz zu prüfen, was weg kann, weil es nur schnöder Zerstreuung dient und nicht dem Programmauftrag, und was inhaltlich anders gemacht werden sollte. Mehr Kultur (gerade auch in den „Kulturprogrammen, wo mittlerweile Pop und Politik dominieren) und weniger ideologisches Gefasel ginge durchaus zusammen. Geboten wäre, die Meinungsvielfalt zu stärken. Da müssten echte Reformen auch ran ans Personal, vom Kopf bis zu den Füßen. Aber dem Publikum ein paar Cent weniger Rundfunkgebühr abzuknöpfen und dafür deutlich weniger zu bieten, ist keine Reform.


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Kommentare ( 17 )

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Bernd Bueter
2 Stunden her

Der ÖRR ist reformunfähig, korrupt-kriminell und als ÜBERVERSORGUNGSANSTALT FÜR WENIGE MIT NEBENBEI SCHROTTPROGRAMM eine einzige mediale Insolvenzverschleppung und muß daher in seiner jetzigen Form als Zwangsgeldeintreiberorganisation ersatzlos weg. Zumal die heutigen Vorwürfe uralt sind und strukturell bedingt lange bekannt sind: Bereits am 20.08.1983!! erschien in der HAZ ein Artikel zum Saustall GEZ mit genau den Mißständen, die bis heute in dieser GEZ Mafia Alltag sind: „Pflichtverletzung“ von Hans-Peter Sattler. „Die Landesrechnungshöfe haben schwarz auf weiß belegt, was bisher nur zu vermuten war: Der Norddeutsche Rundfunk ist eine Art Selbstbedienungsladen, der kaum einen Wunsch seines Personals unerwünscht lässt. Auf Kosten der… Mehr

Last edited 2 Stunden her by Bernd Bueter
Juergen P. Schneider
2 Stunden her

Es wäre zu definieren, was denn Kultur ist und wer bestimmt, was als Kultur zu gelten hat. Die wirren, linksradikalen Entstellungen, denen kein klassisches Theaterstück in Gaga-Land oder seinen deutschsprachigen Nachbarländern entgeht, gehören mit Sicherheit nicht dazu. Glaubt wirklich jemand, dass ein Angehöriger des mehrheitlich halbgebildeten und beschränkten Rentnerheeres anstatt volksmusikalischen Darbietungen oder Schlagerspaß mit Andy Borg lieber ein Aufführung von Turandot genießen möchte? Arte und 3Sat sind links-grüne Propagandaschleudern, die so gut wie jeder kulturellen Information die links-grüne Weltsicht beimengen, um auf jeden Fall ihre volkspädagogische Besserwisserei an den Zuschauer zu bringen. So einen agitatorischen Müll braucht kein Mensch… Mehr

Maunzz
2 Stunden her

Wie Kulturlosigkeit in TV und Gesellschaft in Deutschland aussehen könnte, machen uns die USA vor.

Kundenwohl
2 Stunden her

Ich hätte mich über Beispiele gefreut, was denn kulturell so berichtenswert sein soll? ARTE Deutschland ist doch stets eher belehrendes und framendes Politikformat gewesen. Quasi das, was im ZDF beim immer wokeren 37 Grad geboten wird. Die wirklich guten Sachen kamen aus Frankreich oder wurden von der BBC gekauft. Aspekte ist nun wirklich ein absolutes Nischenformat, dass guckt wirklich nur, wer es unbedingt möchte. Nicht falsch verstehen, ich würde vieles viel eher einstampfen. Aber gerade das deutsche Theater, als auch die Oper ist doch reines abspulen grüner Mantren geworden. Wenn es denn regelmäßig klassische Aufführungen geben würde, die sich streng… Mehr

Wilhelm Roepke
3 Stunden her

Sehr geehrter Herr Herles, Sie haben den ungeschriebenen Teil des Programmauftrags offenbar nie verstanden. Die 3. Programme sind da, um für die Landesregierungen Werbung zu machen. ARD und ZDF sind da, um für die Bundesregierung und ihrer Kanzlerschaft alleruntertänigste Opposition und baldigen Koaliationspartner Werbung zu machen. Das ist der einzige Grund, warum das Staatsfernsehen überhaupt existiert. Nur deshalb hat Adenauer das ZDF gegen den „Rotfunk ARD“ überhaupt gegründet. Kein Politiker würde sich sinnlos in Rundfunk- und Verwaltungsräte sitzen, die ihm für seine Wiederwahl keinen Nutzen bringen. Und arte und 3sat haben es nun mal versäumt, die Segnungen der „demokratischen Parteien“… Mehr

Tunichtgut
3 Stunden her

Was im TV imho komplett weg kann bzw. zu einem Sender zusammengefasst werden kann: SR, SWR, WDR, MDR, NDR.
Für max. eine Stunde täglich unterschiedliches und ansonsten komplett gespiegeltes Programm sind diese Programme tatsächlich überflüssig, verschlingen aber Milliarden für die eine Stunde, welche diese Sender pro Tag aus Eigenleistung kreieren..
Von der Zwangsgebühr werden wir ohnehin nie weg kommen.

Reimund Gretz
3 Stunden her

Kann eine zunehmend geistig verarmende Gesellschaft überhaupt etwas mit Hochkultur anfangen?

Klaus Uhltzscht
3 Stunden her

Wenn dieser Artikel an die Partei- und Staatsführung und die angeschlossenen Rundfunkanstalten gerichtet ist, muss bedacht werden, dass ihn dort niemand liest.

Deutscher
3 Stunden her

Die „Hochkultur“ ist m.E. ein reiner Subventionsbetrieb und kann weg. Konzerthäuser, Museen, Orchester usw. Da werden Milliarden reingebuttert, damit sich eine kleine elitäre Szene von Wichtigtuern vom gemeinen Pöbel abheben kann.

Der ganze Kulturbetrieb ist heute ohnehin politisch indoktriniert.

Michael Palusch
3 Stunden her

Stimme Herrn Herles ja eigentlich zu, aber wenn man sich das Elend an den Theatern und Opernhäusern ansieht, fragt man sich schon, was, außer Zeitgeistschrott, sollen die den bringen?
Ein kultureller „Höhepunkt“ auf Arte war erst neulich der ‚Don Carlo‘ aus Wien. Eine Aufführung, bei der der Regisseur Kirill Serebrennikov -ein Exilrusse und Putingegner und schon deswegen im Westen hoch verehrt- Verdis wunderbare Musik ausschließlich dazu benutzte, um in fragwürdigen Bildern seine politische Botschaft an den Mann zu bringen.
Diese Art von „Kultur“ braucht tatsächlich keiner.
(https://www.welt.de/kultur/klassik/article253751314/Don-Carlo-in-Wien-Die-Rache-des-Regietheaters-an-seiner-Regie.html)

Last edited 3 Stunden her by Michael Palusch