Der Rassismus der Gutmenschen: „Mein kleiner Türke“

Sascha Hingst kann sich mit Gruppenvergewaltigungen arrangieren, weil er nach 22 Uhr beim "kleinen Türken" noch Döner bekommt. Das zeugt nicht nur von einem hanebüchenen Weltbild - das offenbart auch die Attitüde eines Herrenmenschen.

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Sascha Hingst hat am Wahlabend AfD-Ehrenpräsident Alexander Gauland eine Frage gestellt. Wobei es eigentlich vielmehr ein Vortrag war. Wieder mal missbrauchte ein ARD-Mitarbeiter ein journalistisches Format, um seine persönliche Meinung in die Welt zu posaunen. In seinem Vortrag räumte Hingst nebenbei ein, dass es sowas wie Messerangriffe und Gruppenvergewaltigungen gebe. Ja, da verändere sich Deutschland. Aber Gauland müsse doch auch sehen, dass Hingst bei „meinem kleinen Türken“ spät noch was zu essen bekomme. Eine Unverschämtheit, dass Menschen die AfD wählen. Wie können sie ihr großes Bedürfnis nach Sicherheit über den kleinen Hunger eines ARD-Mannes stellen?

Es ist der augenfällige Skandal: Sascha Hingst stellt die Zunahme schwerer Gewaltverbrechen auf eine Stufe mit einer besseren Vielfalt der Gastronomie. Andererseits hat man sich an den Wahnsinn gewöhnt, den Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an den Tag legen, wenn es darum geht, die Folgen der unkontrollierten Einwanderung zu relativieren. Hingst ist da nur einer von vielen. Doch der Vorfall bedeutet viel mehr, als der augenfällige Skandal verrät.

Aber Hauptsache, der ARD-Moderator kriegt abends um zehn bei seinem "kleinen Türken" noch etwas zu Essen.
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— 🅲🅾🆇🆇 (@queru_lant) September 23, 2024

Sascha Hingst offenbart den Rassismus der Gutmenschen. Der mittlerweile schlimmer und ausufernder ist als der Rassismus, den eben jene Gutmenschen anderen schon dann unterstellen, wenn sie auf Karusellen die Zahl 88 verwenden oder als weiße Musiker Reggae spielen oder Dreadlocks tragen. Ein Rassismus, der gut gemeint ist und in der Umkehr Mephistos damit das Gegenteil bewirkt.

Das fängt schon damit an, dass Hingst den „kleinen Türken“ in einen Kontext mit Gruppenvergewaltigungen und Messerangriffen bringt. In den entsprechenden Statistiken tauchen überproportional Mitglieder der Ethnien auf, die unkontrolliert ins Land strömen, seit Angela Merkel (CDU) 2015 die Grenzen preisgab. Die Kinder der türkischen „Gastarbeiter“ kommen in diesen Statistiken so oft beziehungsweise so selten vor wie Bio-Deutsche. Aber Syrer, Afghane oder Türke? Egal. Hauptsache Islam. Hauptsache Migrationshintergrund. Und Hingst meint es ja gut mit „seinem kleinen Türken“, wenn er ihn in einen Topf mit Islamisten wirft. Der „kleine Türke“ macht schließlich spät noch für ihn etwas zu essen. Das hat der Sascha aber gesagt.

Doch es reicht alles noch viel tiefer. Der „kleine“ vor dem Türken verrät die Herrenmenschen-Attitüde, die Sascha Hingst eigentlich an den Tag legt.  Obwohl er so verdammt verständnisvoll tut. Gerade, weil er so verdammt verständnisvoll tut. Der Türke ist für den großen ARD-Mann etwas Kleines, das sich ihm unterzuordnen hat. Denn wo es etwas Kleines gibt, muss es auch etwas Großes geben. Und für Sascha Hingst ist das Sascha Hingst:

„Merhaba, Erdal, kriege ich um 23 Uhr noch einen Döner bei Dir?“

„Merhaba, Herr Hingst. Aber selbstverständlich.“

„Das ist Vielfalt, da sollten sich die Deutschen mal was von abschneiden. 4,50 Euro für den Döner und ein Gratis-Tee für mich?“

„Ja, danke, Herr Hingst.“

„Das ist Gastfreundschaft. Da sollten sich die Deutschen mal was von abschneiden.“

Der Dialog ist erfunden. Die Attitüde nicht. Der deutsche Gutmensch hat seinen Türken gerne klein. Der deutsche Gutmensch hält seinen Türken gerne klein. Merhaba, Erdal. Der Türke soll für den linken Herrenreiter das sein, was Onkel Tom für den Sklavenhalter der Südstaaten war: ein Ideal von Mensch, das immer gut gelaunt und dem Gutmenschen zu Diensten ist.

Doch dieses Bild ist eben keine Idealisierung. Es ist positiv daherkommender Rassismus gegen die größte Volksgruppe, die in Deutschland neben den Bio-Deutschen lebt. Der Gutmensch weigert sich nicht nur, alles Schlechte an der Einwanderung zu sehen, um sein Ideal von der Einwanderung nicht aufgeben zu müssen. Er verweigert auch und gerade dem Türken das Recht auf seine eigene Identität. Zu der können neben Fleiß auch Faulheit, neben Schläue auch Dummheit und neben guter auch schlechte Laune gehören. Wie bei jedem Menschen. Genau das spricht Hingst aber seinem „kleinen Türken“ ab, dessen Lebenszweck für ihn darin besteht, nach 22 Uhr noch auf den großen ARD-Star zu warten. Am liebsten gut gelaunt. Merhaba.

Der Türke. Der Ausländer generell hat für den deutschen Gutmenschen servil zu sein. Keinem Nazi bringt er so viel Hass und Widerstand entgegen, wie muslimischen Kritikern des Islams. Ahmed Mansour oder Ali Utlu könnten ein Lied davon singen. Der Ausländer hat am deutschen Gutmenschen dessen Engagement für ihn zu bewundern. Merhaba, Herr Hingst und vielen, vielen Dank. Der Türke und jeder andere Ausländer oder Mitbürger mit Migrationshintergrund ist auf diese Weise ein Objekt, das Gegenstand der Politik des Gutmenschen ist. Aber kein Subjekt, das der ernst nimmt.

Würde der Gutmensch den „kleinen Türken“ ernstnehmen, dann würde ihm etwas gelingen, woran er bisher verzweifelt: den Erfolg der AfD zu verstehen. Denn es sind die „kleinen Türken“, von denen die härteste Kritik an der Einwanderungspolitik Merkels und der Ampel kommt. Sie und ihre Väter und Großväter mussten sich den Wohlstand hart erbuckeln. Die Deutschen speisten sie zum Dank mit dreckigen Löchern ab, für die sie dann noch Wuchermieten nahmen. Die neuen Einwanderer sind keine „Gastarbeiter“. Sie sind oft gar keine Arbeiter. Zwei Millionen von ihnen sind erwerbsfähige Empfänger von Bürgergeld. Da sind all die nicht mitgerechnet, die in den diversen Einwanderungsverfahren stecken. Zudem bauen die Deutschen ihnen dann noch schicke Wohnungen. Die Türken stehen mit einer Mischung aus Wut und Entsetzen vor dieser ungleichen Behandlung. Da tröstet es sie nicht, wenn der Herr Hingst sie lobt, weil der nach 22 Uhr noch was zu Essen bei ihnen bekommt.

Den „kleinen Türken“ gibt es nicht. Zumindest nicht außerhalb des klischeebeladenen Denkens des deutschen Gutmenschens. Die Türken sind den „Marsch durch die Institutionen“ längst angetreten. Er hat sie in Kliniken geführt, in die Forschung, ins Unternehmertum und auch ins Ernährungsministerium. Sie sind nicht und waren nie das hilfsbedürftige Hascherl, das darauf wartet, vom Gutmenschen durchs Leben geführt zu werden.

Ja. Beim Türken gibt es nach 22 Uhr noch zu essen. Weil es ein Familienbetrieb ist. Weil der Inhaber hart arbeiten muss, um steigende Mieten und steigende Strompreise bezahlen zu können, von dem immer geringer werdenden Geld, das ihm Steuern und Abgaben übriglassen. Deswegen kotzt ihn die zunehmende Zahl derer an, die arbeiten könnten, aber lieber Bürgergeld beziehen. Deswegen wählen immer weniger Türken die Parteien, die ihn gönnerhaft als „kleinen Türken“ unter den Schutz ihres Gutmenschentums stellen wollen. Sondern Parteien, die ein härteres Durchgreifen beim Bürgergeld fordern. Im Übrigen lesen sie auch Medien, die diese Positionen darstellen. Kommen Sie also bloß nicht mit ihrem „kleinen Türken“ ins Gespräch, Herr Hingst. Am Ende entdecken Sie ein Weltbild, gegen das sie 24 Stunden am Tag anlaufen. Dann schmeckt Ihnen am Ende nach 22 Uhr selbst der Döner nicht mehr.

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