ARD und ZDF: erst Falschbehauptung, dann fehlende Einsicht vor Gericht

In zwei Verfahren – eins gegen den NDR, eins gegen das ZDF – präsentieren sich die Öffentlich-Rechtlichen in denkbar schlechtem Licht. Der NDR ignoriert sogar ein Urteil

picture-alliance/ dpa | G Breloer - Collage: TE

Für die Öffentlich-Rechtlichen läuft es nicht gut: sowohl ARD als auch ZDF kommen aus dem juristischen Ärger nicht heraus. Teuer könnte es in beiden Fällen werden. Der NDR erhielt in der vergangenen Woche schon den zweiten Ordnungsmittelantrag aus der Kanzlei Höcker, die den Staatsrechtler Ulrich Vosgerau vertritt. Der Jurist gehörte zu den Teilnehmern des Treffens in Potsdam am 25. November 2023, das von der staatlich mitfinanzierten Plattform „Correctiv“ kontrafaktisch zu einem zweiten Wannseetreffen umgedichtet worden war.

Während „Correctiv“ selbst seinen Text auf Suggestionen und Meinungen baute, verbreitete die vom NDR verantwortete Tagesschau die Behauptung, bei der Zusammenkunft in Potsdam wäre die massenhafte Ausweisung von Deutschen mit Migrationshintergrund geplant worden, als Tatsache. Dagegen klagte Vosgerau, und bekam vom Hanseatischen Oberlandesgericht Recht. Die Richter untersagten es dem NDR, die Falschdarstellung weiter zu verbreiten.

Allerdings entfernte der Sender die entsprechenden Passagen nicht überall von seinem Webauftritt – sie ignorierten das Obergericht einfach. Damit brachte die öffentlich-rechtliche Anstalt die Kanzlei Höcker dazu, einen relativ seltenen Schritt zu unternehmen: Anwalt Carsten Brennecke stellte für Vosgerau einen so genannten Ordnungsmittelantrag. Falls sich der NDR dem Urteil immer noch nicht fügen sollte, kann er auf diesem Weg mit einer Geldstrafe belegt werden. Aber selbst diese Aussicht bewegte die ARD-Anstalt nicht dazu, den Gerichtsbeschluss endlich richtig umzusetzen. Die Verantwortlichen des Senders änderten die beanstandeten Texte nur minimal, ohne den Kern der (falschen) Aussagen anzutasten. Doch selbst der zweite Ordnungsmittelantrag führte nur dazu, dass der NDR die Texte lediglich erneut leicht umformulierte. So heißt es beim NDR jetzt nach den geringfügigen Veränderungen: „Bei dem Treffen in Potsdam, an dem auch AfD-Politiker und Mitglieder der WerteUnion teilnahmen, ging es auch um sie: Die dort diskutierten Pläne, massenhaft Menschen mit Migrationshintergrund aus Deutschland zu verdrängen, betrafen Informationen des Recherchenetzwerks Correctiv zufolge auch „nicht-assimilierte“ Ausländer. Davon könnten laut Correctiv auch Personen mit deutscher Staatsbürgerschaft betroffen sein.“

Interessanterweise erklärte selbst „Correctiv“ bei einem anderen Verfahren vor dem Landgericht Hamburg, die angeblich geplante Vertreibung von Deutschen mit Migrationshintergrund sei gar keine Tatsachenbehauptung, sondern nur eine Meinung ihrer Autoren. Da der ARD-Sender sich also nach wie vor hartnäckig weigert, ein Gerichtsurteil anzuerkennen, legte die Kanzlei Höcker mit einem zweiten Ordnungsmittelantrag nach. „Die Tagesschau versucht mit allen Mitteln, die Desinformationskampagne aufrecht zu erhalten“, kommentiert Anwalt Brennecke den Vorgang: „Sie hat die Berichterstattung lediglich kosmetisch angepasst. Auch nach Anpassung erweckt der Bericht beim Leser aber den falschen Eindruck, in Potsdam sei die Ausweisung deutscher Staatsbürger geplant worden. Daher wurde ein weiterer Ordnungsmittelantrag notwendig.“

Wenn jemand ein Gerichtsurteil nicht befolgt, können als Ordnungsmittel bis zu 250 000 Euro Geldstrafe verhängt werden, ersatzweise auch Haft gegen die Verantwortlichen – in diesem Fall den Intendanten und andere Mitglieder des NDR-Führungszirkels. In der Praxis beläuft sich die übliche Strafe für die Wiederholung einer nur leicht abgeänderten verbotenen Aussage allerdings nur auf 5000 Euro. Bleibt jemand trotz einer verhängten Strafe dabei, kann der Betrag aber schnell steigen. Es gibt in der konkreten Auseinandersetzung mit dem NDR nur einen Haken: das Geld zahlen nicht die Verantwortlichen – sondern die Gebührenzahler. Die NDR-Führungscrew kann und will offenbar austesten, wie weit sie gehen kann. Offenbar bedenken die Medienleute in Hamburg aber einen Punkt nicht: sie liefern Bürgern, die entweder überlegen, ob sie weiter Rundfunkbeitrag zahlen sollten oder ihn schon verweigern, die Argumente frei Haus. Erstens führt die ARD ihre eigene Argumentation ad absurdum, sie sei ein Bollwerk von Rechtsstaat und Demokratie, wenn sie demonstrativ ein Gerichtsurteil ignoriert. Zweitens wäre es ein Missbrauch von Gebührengeldern, wenn es dazu eingesetzt würde, weiter rechtswidrige Inhalte zu verbreiten.

Zumindest ähnlich sieht es für das ZDF aus. Der Sender steht zurzeit vor dem Landgericht München – verklagt von Arne Schönbohm, dem ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnologie. Innenministerin Nancy Faeser wollte den CDU-Mann offenbar loswerden. Passenderweise dazu unterstellte Jan Böhmermann in seiner Sendung vom 7. Oktober 2022, Schönbohm unterhalte Kontakte zu russischen Gemeindienstkreisen, nannte ihn einen „Cyberclown“ und zeigte eine Fotomontage mit Schönbohm im Clownskostüm und der Frage in kyrillischer Schrift, ob der Sicherheitsexperte immer noch „Kontaktperson“ der russischen Seite sei. Faeser nahm die Sendung zum Anlass, Schönbohm mit der Begründung von seinen Posten zu entfernen, durch die Berichterstattung sei ihr Vertrauen in ihn erschüttert. Schon in der disziplinarischen Vorermittlung, die Schönbohm gegen sich selbst beantragte, erwiesen sich Böhmermanns Behauptungen als haltlos. Die Innenministerin regelte die Angelegenheit für sich, indem sie dem strafversetzten und öffentlich angeprangerten Beamten eine Art Schweigegeld aus Steuermitteln zahlte. Das ZDF, das die Falschbeschuldigung gegen ihn überhaupt erst in Gang gebracht hatte, verklagte Schönbohm wie erwähnt auf Schadensersatz. Der Sender behauptete auch bei der Verhandlung in der vergangenen Woche, korrekt recherchiert zu haben – legte allerdings keinerlei Belege vor, die Böhmermanns Tiraden gegen den Beamten hätten stützen können. Der Vorsitzende Richter Bernhard Zeller erklärte, er halte die Klage Schönbohms für berechtigt, und sprach von einer „im schweren Maße herabwürdigenden Tatsachenbehauptung“ des ZDF. Trotzdem lehnte der Mainzer Sender einen von dem Richter angeregten Vergleich ab, sondern beharrte ähnlich stur wie der NDR auf seiner Position. Ob am Ende die von Schönbohm geforderten 100 000 Euro stehen oder eine andere Summe, ist offen. Allerdings darf es als ziemlich sicher gelten, dass die öffentlich-rechtliche Anstalt einen erheblichen Betrag zahlen muss, wenn am 28. November in München das Urteil fällt.

Sollte der Sender auch hier die Strafe aus Gebührengeldern begleichen, statt die Rechnung an Böhmermann und dessen Produktionsfirma weiterzureichen, hätten kritische Beitragszahler ein ähnliches Verweigerungsargument an der Hand wie im Fall Tagesschau und „Correctiv“. Außerdem würde es einen enormen Reputationsschaden bedeuten, wenn ein Gericht die Verantwortung des ZDF für einen Rufmord feststellt. ARD und ZDF erwarten eine Erhöhung der Rundfunkgebühr ab 2025. Den Unwillen von Abgeordneten und Bürgern, diesen Wunsch zu erfüllen, dürften die Anstalten mit den Falschbehauptungen und ihrem trotzigen Verhalten vor Gericht noch weiter steigern.

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Kommentare ( 18 )

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Ben Clirsek
2 Stunden her

Dem ÖRR gehört der Stecker gezogen. Der Laden ist genauso unreformierbar wie die EU.

Schwabenwilli
2 Stunden her

“ Der NDR ignoriert sogar ein Urteil“

Der gleiche Größenwahn wie bei den Grünen, regelt sich aber auch noch.

HavemannmitMerkelBesuch
2 Stunden her

Enormen Reputationsschaden? Geht noch mehr als bisher? Das Wahlergebnis Brandenburg ist neben den sachlichen Erwägungen des Souveräns wegen desaströs sozialistischer totalitärer Diktier-Politik klarer Vertrauensverlust in den einst vor Merkels Diktaurermächtigung ausgewogenen ÖRR, der zu reiner extremistischer marxistisch-leninistischer Antifabehörde umgebaut wurde und den so niemand mehr finanzieren möchte. Dieses Monstrum, das selbst mit den Methoden von Faschisten und Kommunisten totalitär unsachliche einseitige verzerrende und auch übelst billige Hetze gegen alle Andersdenkenden betreibt, bricht nicht nur notorisch seine gesetzlichen Verpflichtungen, es sorgt für die Spaltung in der Gesellschaft was man gemeinhin als Volksverhetzung bezeichnet.

littlepaullittle
2 Stunden her

Und dazu dann das folgende Urteil:
„Die AfD wollte 2021 einen Abgeordneten in den MDR-Rundfunkrat entsenden. Vor der Wahl wurde die Geschäftsordnung durch die anderen Parteien geändert, die AfD ging leer aus. Sachsens Verfassungsgericht bestätigt nun das Verfahren als vermeintlich rechtmäßig.“
Erstaunlich wozu die AfD kein Anrecht hat. (siehe Alters / Praesidiums / VizeBundestagsvorsitz / praesident)
Das eine Aenderung bei den MSM eintritt dauert wohl noch einige Legislaturperioden ……

J. Braun
3 Stunden her

Ich mag dieses Gegen-den-Staatsfunk-Anschreiben nicht mehr lesen. Das ist alles ein reines Herummäkeln an der falschen Stelle. Die sind so und Punkt. Wer das alles ändern will, muß denen den Stecker ziehen und schlicht und ergreifend die AfD wählen. Alles andere ist Pillepalle und keiner Erwähnung mehr wert. Und wer sich — sogar als Leidtragender — nicht traut, allein schon wegen dieses Staatsfunks zur Wahl der AfD aufzurufen, damit diese endlich den Rundfunkstaatsvertrag kündigen kann, dem ist nicht mehr zu helfen und dem geschieht’s auch Recht, daß er für den Mist bezahlt. Kein Mitleid. Der Mensch lernt eben nur aus… Mehr

Last edited 3 Stunden her by J. Braun
Peter Pascht
3 Stunden her

„des Treffens in Potsdam am 25. November 2023, das von der staatlich mitfinanzierten Plattform „Correctiv“ kontrafaktisch zu einem zweiten Wannseetreffen diffamiert worden war.“
Eine menschliche Verachtung aller Opfer des Holocaust,
wurde damit verübt !
Der „Holocaust“ instrumentalisiert als Verleumdungswerkzeug !!!
Soviel zu den „Gutmenschen“ denen nichts zu schäbig ist,
um andere zu Diffamieren,
aber mit dem erhobenen Stinkefinger auf andere zeigen.
Aus dem Lügen-ÖRR ist inzwischen das linksextreme Diffamierung-ÖRR geworden.
Zustände wie in der SED Diktatur.

Ein Sumpf zieht am Gebirge hin
3 Stunden her

Böhmermann wird vom ZDF alimentiert, mithin also von Gebührengeld. Es wäre höchstens eine Formalie, an wen die Forderung zugestellt wird.
Die Bürger zahlen immer.

janapier
3 Stunden her

Sie sind an der Macht und können entsprechend agieren.

Wolfgang Schuckmann
3 Stunden her

Kein Respekt mehr vor einem deutschen Gericht. Nicht die Spur von Zerknirschtheit zu bemerken bei jenen die wissentlich und absichtlich weiter falsch berichten wollen. Ich denke bei den Verantwortungslosen dürfte für diese Einstellung zur Rechtssituation eine Beugehaft rechtfertigen. Wenn man Zahlungsverweigerer in den Knast bringen kann seitens dieser Räuberbande, die eine Berichterstattung,die keine ist, nicht auch noch honorieren wollen, dann ist es an der Zeit um dass der Souverän andere Seiten aufzieht. Auch und vor allem diejenigen, die glauben als einzige alles zu dürfen, müssen verstehen,dass in ein und demselben Staat nicht zwei verschiedene Rechtssysteme gültig sein können. So, wie… Mehr

Tacitus
3 Stunden her

Dieser sog, ÖRR ist meines Erachtens zutiefst verkommen. Ein Sumpf, den hoffentlich einmal ein gnadenloses demokratisch legitimiertes Gericht trockenlegen wird.
Wie kann ein intellektuell einigermaßen befähigter Menschen einen Herrn Böhmermann im Fernsehen gutheißen bzw. befördern? Ich würde ihn unrasiert in die Tonne treten! Und das ist sehr diplomatisch umschrieben.
Über Correktiv spreche ich nicht mehr. Mit und über Terroristen spricht man nicht. Das habe ich dankbar von Ronald Reagan gelernt. Einer der letzten echten Staatsmänner.