Das BSW ist nun ein fester Teil der Parteienlandschaft

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist zur EU-Wahl angetreten, hat dort einen Achtungserfolg erzielt, Rückenwind geschaffen und diesen für drei gute Ergebnisse in den Landtagswahlen genutzt.

picture alliance/dpa | Sebastian Christoph Gollnow
Robert Crumbach (2.v.l-r), Spitzenkandidat des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Brandenburg, Amira Mohamed Ali, Co-Vorsitzende des BSW, und Stefan Roth, Landesgeschäftsführer des BSW, reagieren auf der Wahlparty des BSW. In Brandenburg fand am Sonntag die Landtagswahl statt.

Kann sich noch jemand an die Werteunion erinnern? Dieses mal richtet sich die Frage nicht nur an die Älteren. Die Jüngeren könnten es auch wissen. Denn zum Jahreswechsel hatte die Werteunion die gleichen Startchancen wie das Bündnis Sahra Wagenknecht. Doch es folgte eine strategische Entscheidung: Die Werteunion wollte nicht zur EU-Wahl antreten, sondern Kraft und Geld für die drei Landtagswahlen im Osten sparen. Das ging schief. Die Werteunion ist nicht zur EU-Wahl angetreten und spielte in der Folge auch bei allen drei Landtagswahlen keinerlei Rolle. Die Partei Hans-Georg Maaßens ist noch in ihrem Geburtsjahr Geschichte geworden.

Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) ist zur EU-Wahl angetreten, hat dort einen Achtungserfolg erzielt, Rückenwind geschaffen und diesen für drei gute Ergebnisse in den Landtagswahlen genutzt. Dort ist die junge Partei nicht nur vertreten. Zusammen mit der AfD bildet sie eine Sperrminorität in allen drei Landtagen. In Thüringen und Brandenburg geht in der Bildung einer sauberen Mehrheit kein Weg am BSW vorbei.

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Die rechte Kritik am BSW wirft der jungen Partei vor, ein U-Boot und nur gegründet worden zu sein, um Wahlsiege der AfD zu verhindern. Diese Kritik hat jüngst der Brandenburger Spitzenkandidat der AfD, Hans-Christoph Berndt, am Montag angebracht. Doch zum einen ist das BSW kein U-Boot. Es tritt ganz offen zu Wahlen an. Zum anderen besetzt es eine Lücke: Das BSW bedient Wähler, die sich eine soziale Wirtschaftspolitik und eine realistische Einwanderungspolitik wünschen. Die zudem eine realistische Einwanderungspolitik fordern, ohne die verbalen völkischen Ausrutscher, für die AfD-Vertreter immer wieder gut sind. Außerdem wollen sie eine Partei, die konsequent gegen die militärische Unterstützung der Ukraine ist.

Das Potenzial für diese Positionen ist offensichtlich groß genug, um aus dem Stand und ohne große Organisation im Rücken zweistellige Ergebnisse zu erreichen. Den Wählern des BSW nun vorzuwerfen, sie seien auf eine Partei hereingefallen, die nur gegründet wurde, um der AfD zu schaden, ist grotesk. Die Gleichen, die diesen Vorwurf erheben, vergießen große Tränen darüber, dass andere Parteien die Wähler der AfD nicht genug würdigen würden – tun aber selber das gleiche nun mit Wählern des BSW. Doppelmoral ist nicht nur bei den Grünen zuhause.

Das BSW hat nun drei starke Wahlergebnisse erreicht. In Thüringen und Brandenburg geht nichts ohne die Wagenknechts, in Sachsen wird es schwer. Die Versuche, die neue Partei hinter der gleichen „Brandmauer“ zu verstecken, hinter der die AfD darbt, sind schon im Ansatz gescheitert. Das zeigt sich am besten an CDU-Chef Friedrich Merz. Der hat zuerst großtönig verkündet, seine Partei werde mit dem BSW nicht zusammenarbeiten – um die Aussage dann recht bald kleinspurig zurückzuholen.

Nach Thüringen, Sachsen und Brandenburg
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Die Kritiker sagen dem BSW nun voraus, es werde seine Wähler enttäuschen, weil es diese getäuscht haben. Berndt erwartet sogar, das Bündnis werde bereits „zur Bundestagswahl eine geringere Rolle spielen“ als jetzt. Nun. Das ist durchaus möglich. Das Bündnis Sahra Wagenknecht wäre beileibe nicht die erste Partei, die Erwartungen nicht erfüllen kann, die ihre Wähler in sie gesteckt haben – und das nach einem raschen Aufstieg noch rascher abfällt.

Nur: Das BSW steht und fällt nicht mit der Frage, ob und wie die junge Partei mit der AfD zusammenarbeitet, wie es Berndt analysiert. Das Bündnis ist für drei Themen gewählt worden: für die Versprechen, eine soziale Wirtschaftspolitik, eine konsequente und realistische Einwanderungspolitik sowie keine weitere militärische Unterstützung der Ukraine umzusetzen.
Letzteres lässt sich am leichtesten durchziehen. Während die Linke im EU-Parlament nun Taurus-Lieferungen zugestimmt hat, kann das BSW in der Ukraine-Frage ihren Kurs aufrechterhalten.

Die wird nicht in den Landtagen entschieden. Selbst, wenn das Bündnis dort in Koalitionen geht, kann sie ihre Versprechen einhalten. Ein paar blumige Formulierungen im jeweiligen Koalitionsvertrag reichen aus. Zudem kommt, dass die amerikanischen Raketen ohnehin nicht im Osten stationiert werden sollen. Was ohnehin passiert, kann das Bündnis als eigenen Erfolg proklamieren.

Soziale Politik könnte das BSW in Koalitionen ebenfalls umsetzen. Die drei Ostländer leben ohnehin vom Länderfinanzausgleich. Ein paar Kita-Plätze gratis oder ein paar Sozialarbeiter mehr, kostet daher vor allem die Bayern ihr sauer verdientes Geld. Und auch das konsequentere Vorgehen gegen illegale Einwanderung kann das BSW in möglichen Koalitionen gut vertreten. Seit Solingen überbieten sich die anderen Parteien – zumindest verbal – ohnehin mit Forderungen, ihre alte Politik aufzugeben und zugunsten einer realistischeren Politik gegen illegale Einwanderung zu ändern. Diese Notwendigkeit hat Wagenknecht früher als andere erkannt und für sich genutzt. So wie sie auch sonst rund um den Jahreswechsel viele richtige strategische Entscheidungen getroffen hat – und deswegen nun ein fester Teil der Parteienlandschaft ist, während andere nur noch Geschichte sind.

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Kommentare ( 40 )

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Mausi
2 Monate her

gleiche ausgangssituation für wu und bsw?

dafür muss man nur den bekanntheitsgrad von frau wagenknecht mit dem von herrn maassen vergleichen. er war beamter und anders als herr haldenwang stand er nie im rampenlicht. hinzukommt die chemnitz- kampagne gegen herrn maassen und seine fast unehrenhafte entlassung. und letztendlich wieviele auftritte im örr hatte frau wagenknecht? wieviele herr maassen?

ich halte die ausgangssituation nicht für die gleiche.

Last edited 2 Monate her by Mausi
luxlimbus
2 Monate her

Wen Zwei, wie Maaßen und Wagenknecht, das selbe tun – und doch etwas Unterschiedliches dabei herauskommt, hat dies vor allem mit deren stets höchst unterschiedlichen Behandlung durch die Mainstream-Medien zu tun. Man google bloß einmal nach „WU“ („BSW“)!

Nibelung
2 Monate her

Das ist lediglich die Fortsetzung alter Kommunistenherrlichkeiten aus der ehemaligen DDR und ihr Erfolg hängt mit dem unmittelbaren Fahnenwechsel ihrer Verehrer zusammen und darüber hinaus wird auch diese Formation nicht kommen, weil sie einfach nicht erwünscht sind und somit nur noch über Beteiligungen das Leiden der Bürger verlängern können, mehr aber auch nicht. Irgendwie wird man auch den Eindruck nicht los, wie sie sich das alles leisten können und wo sind denn die ganzen Milliarden alter SED-Kader geblieben, ganz zu schweigen von weiteren Unterstützungen, denn wenn man diesen Umschwung sieht und dabei mit dem Herumdümpeln rechter neuer Parteien vergleicht, könnte… Mehr

Proffi
2 Monate her

Die meisten Wähler der AfD können wohl selbständig denken und haben herausgefunden, dass die Wurzel allen Übels, das sie abgestellt wissen wollen, die 600 Milliarden teure Klimaidiotie ist. Frau Wagenknecht hat nichts gegen diesen Irrsinn, obwohl sie mit einem Diplomphysiker verheiratet ist, der wissen sollte, dass es den Treibhauseffekt nicht gibt, weil diese gegen den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik verstößt, der besagt, dass Wärme nur von warm nach kalt fließen kann und nicht aus der kälteren Atmosphäre auf die warme Erde. BSW wird den idiotischen „Klimaschutz nicht in Frage stellen.
Ihre Wähler sind genau so dumm wie die der Altparteien.

Aegnor
2 Monate her

Natürlich ist das BSW ein U-Boot. Man erzählt den Wählern was vom Pferd von angeblich Immigration kontrollieren, woke Politik oder Ukrainehilfen stoppen, aber wird nichts davon einlösen und hat das auch nie geplant. Das ist ein U-Boot. Völlig grotesk wie man das leugnen kann. Maaßen wiederum hat sich mit seinem intriganten Rausschmiss der libertären und konservativen Größen Krall und Otte selbst bei den Leuten unmöglich gemacht, auf die seine Werteunion als Wähler abzielte. Sein Bonmot vom Premium-Partner CDU und sein andauerndes Gehetze gegen die AfD haben sicher auch nicht geholfen. Dazu ist der Mann ein Bürokrat und Apparatschik wie er… Mehr

Cabanero
2 Monate her

Ich möchte nicht immer das gleiche zum BSW schreiben, aber zum Thema Werteunion und EU-Wahl: Lassen wir außen vor, daß BSW über ganz andere Finanziers mit Millionenbeträgen verfügt, auf die ein HG Maaßen keinen Zugriff hat. Die gleichen Startchancen für beide Parteien ergaben sich aus der dringenden Notwendigkeit, die Brandmauer gegen rechts entweder zu stabiliseren (angesichts sinkender Zahlen für die Grünen) oder zum Einsturz zu bringen. Maaßen erkannte nicht, daß die Politik in Deutschland keinen 46. Versuch benötigte, die CDU der 1980er zu reanimieren, sondern bürgerliche Wähler auf die rechte Seite der Brandmauer zu bringen. Das hätte er mit seinem… Mehr

Klaus Kabel
2 Monate her

Sahra Wagenknecht kritisiert die Grünen scharf. Die Partei sei „inkompetent, verlogen und gefährlich“. Wohlan Frau Wagenknecht, dies ist auch meine Meinung. Der wichtigste Kampf in Deutschland ist der Kampf gegen die Grünen Landesverräter.

ISC
2 Monate her

H.G.Maaßen war bestimmt ein überdurchschnittlich guter Beamter. Von Strategie und Taktik hat er aber offensichtlich keine Ahnung. Da ist ihm das Oskarchen im Saarland haushoch überlegen. BSW hat sich mit Krawall von der Linken getrennt, daß hätte Maaßen auch tun müssen und nicht nach der Trennung der CDU gleich wieder hinten rein zu kriechen. Fehler über Fehler, wie kann ein überdurchschnittlich intelligenter Mann so viele machen? Nun ist das Ei kaputt und läßt sich auch bis zur BTW nicht wieder kitten.

Zum alten Fritz
2 Monate her

Auf jeden Fall war die Gründung von BSW schlau gemacht. Man hatte Ohr an Masse und wusste so die Linke hat mit grünen Sing Sang fertig und im Osten ganz fertig.
Das Marketing auch gut, alles auf die Frau bekannt aus Funk und Fernsehen zugeschnitten. Wer würde schon eine Frau Wolf oder ein Herrn Hase wählen.
Der alte Makel SED ist abgeschüttelt und sich links der maroden SPD (Genossen der Bosse) positioniert.
In den drei Ländern gibt es nun blaue Wächter über die Landes-Verfassung, auch gut.
Nach der Regierungsbildung bleibt die Sacharbeit. Kinderkram ist beendet.

martinique
2 Monate her

Frau Wagenknecht ist eine hervorragende Rednerin, was offensichtlich reicht um eine zweifelhafte Partei so erfolgreich werden zu lassen. Sie ist ein halt ein moderner Demosthenes.
D. war als Staatsmann Athens berühmt für seine Redegewalt. Für Athen hat er nur Elend und Fehler angerichtet. Er hat u.a. Athen durch seine Redekunst in Kriege getrieben, die immer verloren gingen. Wird spannend sein, Frau Wagenknechts weiteres Wirken zu verfolgen. Und vergesst LaFo nicht!

Last edited 2 Monate her by martinique