Commerzbank-Übernahme: Schlagabtausch zwischen UniCredit und Deutsche Bank?

UniCredit hat nach dem Einstieg bei der Commerzbank nun auch Interesse an einer vollständigen Übernahme bekundet. Diese Ambitionen stoßen auf Widerstand, insbesondere von Seiten der Deutschen Bank, die eine zu starke italienische Einflussnahme auf die deutsche Bankenlandschaft befürchtet.

IMAGO / greatif

Die Commerzbank, einst ein Eckpfeiler des deutschen Bankwesens, gilt für viele als Dauer-Baustelle im Finanzsektor. Trotz zahlreicher Restrukturierungsversuche der letzten Jahre hat es die Bank nicht geschafft, nach der Finanzkrise wieder nachhaltig profitabel zu werden. Wie die Deutsche Bank hat auch die Commerzbank lange mit den Folgen der globalen Rezession gerungen.

Zwar konnte die Commerzbank in jüngster Zeit erste Anzeichen einer Erholung zeigen. Allerdings ist diese positive Entwicklung nicht allein der eigenen Stärke zuzuschreiben. Erst kürzlich begann die Commerzbank damit, Kapital an ihre Aktionäre auszuschütten – nachdem diese jahrelang gezwungen waren, die Bank mit frischen Liquiditätshilfen zu stützen.

Nun, da die Aussicht auf Dividenden und Aktienrückkäufe lockt, wirkt die Commerzbank wieder vermehrt attraktiv für Investoren. Allen voran UniCredit, Italiens größte Bank, die bereit ist, einen erheblichen Aufschlag auf den aktuellen Börsenkurs zu zahlen, um die verbliebenen Anteile des Bundes zu erwerben.

UniCredit erwarb 9 Prozent der Anteile an der Commerzbank, ein Schritt, der in zwei Phasen erfolgte: zunächst der Kauf eines 4,5-Prozent-Pakets vom deutschen Staat, gefolgt von einem weiteren Erwerb von 4,5 Prozent am freien Markt. Damit bleibt der deutsche Staat zwar mit 12 Prozent der größte Einzelaktionär, die Pläne der Bundesregierung verlauten jedoch, dass in naher Zukunft auch der Verkauf der restlichen Anteile anstehen soll.

Kritik an ausländischen Investoren

Diese Entscheidung stößt auf heftige Kritik, unter anderem von der Gewerkschaft „Verdi‟, welche die Auswirkungen auf die Bank und ihre Mitarbeiter hinterfragt. Verdi-Chef Frank Werneke feuerte zuletzt auch gegen Bundesfinanzminister Christian Lindner, indem er ihn aufforderte, „jetzt ein klares Bekenntnis zum Standort Deutschland abzugeben und sich der drohenden Übernahme der Commerzbank durch die UniCredit entgegenzustellen‟. Er verlangte, dass der Bund – im Interesse der deutschen Finanzwelt – keine weiteren Anteile der Commerzbank an ausländische Investoren abgeben dürfe.

Auch Investor und Kapitalmarktexperte Christian W. Röhl hebt gegenüber Bild hervor, dass Kunden der Commerzbank durch die Übernahme internationaler Investoren möglicherweise negative Auswirkungen spüren könnten, wie etwa eine Verschlechterung der Servicequalität oder Standortschließungen.

UniCredit-Chef Andrea Orcel (61) hat ein feindliches Übernahmeangebot für die Commerzbank ausgeschlossen, wie das Manager-Magazin berichtet. Das wäre ein zu aggressiver Schritt und man habe keine Eile, den Anteil an der Commerzbank auf mehr als die bereits erworbenen 9 Prozent auszubauen. Doch auch die Deutsche Bank, Deutschlands größter Finanzdienstleister hat dabei mitzureden.

In einem Interview mit der FAZ sagte Orcel: „Im Moment sind wir nur ein Finanzinvestor bei der Commerzbank. Wir könnten die Beteiligung auch wieder verkaufen und einen bedeutenden Gewinn machen, denn der Aktienkurs der Commerzbank ist schön gestiegen.“ Zu seinem Vorstoß meint der Bank-Manager, Deutschland brauche mehr Wettbewerb im Bankensektor. Eine zweite starke und profitable Bank könne dabei helfen.

Reger Betrieb hinter den Kulissen

Die Commerzbank, Deutschlands zweitgrößte Privatbank, könnte nun also vor dem Ende ihrer Eigenständigkeit stehen. UniCredit, die seit ihrem Einstieg zunehmend Interesse an einer vollständigen Übernahme zeigt, könnte die traditionsreiche Commerzbank, die seit ihrer Gründung im Jahr 1870 eine Säule der deutschen Finanzlandschaft ist, in ihren Einflussbereich integrieren und somit die deutsche Bankenlandschaft schwächen und destabilisieren.

Doch auch die Deutsche Bank könnte in den Übernahmepoker eingreifen, um eine vollständige Übernahme durch UniCredit zu verhindern. Es wird spekuliert, dass sie sogar in Erwägung zieht, Anteile vom Bund zu kaufen.

Hinter den Kulissen herrscht in Berlin reger Betrieb: Wie ein Bericht von Bloomberg enthüllt, hat Jörg Kukies, Staatssekretär im Bundesfinanzministerium, am Wochenende den Kontakt zur Deutschen Bank gesucht, um eine Übernahme der Commerzbank durch UniCredit zu verhindern. Doch das Ganze wirkt widersprüchlich: Wenn die Bundesregierung solch großes Interesse daran hat, diese Übernahme zu verhindern, warum hat sie dann in erster Linie überhaupt damit begonnen, ihre Anteile zu veräußern? Ist es, wie so oft, schlicht ein Mangel an wirtschaftlichem Feingefühl?

Obwohl die Deutsche Bank bisher wenig Enthusiasmus für eine Fusion gezeigt hat, wächst der Druck auf das Geldhaus stetig. Um ihre Rolle als systemrelevante Bank zu sichern, sieht sich die Deutsche Bank zunehmend gezwungen, nach potenziellen Übernahmekandidaten zu suchen, um ihre langfristige Wettbewerbsfähigkeit zu gewährleisten.

Insidern zufolge erwägt die Deutsche Bank, der italienischen UniCredit eine Übernahme der Commerzbank möglichst zu erschweren, wie der Aktionär berichtet. Der Vorstandschef der Deutschen Bank, Christian Sewing und seine Kollegen haben die Lage in den vergangenen Tagen intensiv analysiert, wie mehrere mit der Sache vertraute Personen der Nachrichtenagentur Bloomberg mitgeteilt haben.

Auswirkungen einer Übernahme durch UniCredit

Unter den diskutierten Optionen befindet sich auch der mögliche Kauf des verbleibenden Commerzbank-Anteils von zwölf Prozent des deutschen Staates, entweder ganz oder teilweise. Somit könnte man der italienischen Großbank einen Strich durch die Rechnung machen und eine komplette Übernahme der Commerzbank verhindern, oder zumindest vorerst verzögern.

Eine mögliche Übernahme der Commerzbank durch UniCredit könnte nämlich schwerwiegende Auswirkungen für die gesamte europäische Finanzbranche mit sich führen. Der Zusammenschluss von UniCredit und Commerzbank könnte eine der größten Banken Europas hervorbringen und möglicherweise eine Fusionswelle auf dem Kontinent auslösen.

Dabei könnten führende Institute wie „BNP Paribas‟ in Frankreich, „ING‟ in den Niederlanden oder „Banco Santander‟ in Spanien als wichtige Akteure auftreten. Diese Banken, die bereits über erhebliche Marktanteile verfügen, werden mit Nachdruck alles daran setzen, ihre Position gegen aufstrebende Konkurrenten wie UniCredit zu verteidigen.

Ein Blick in die Schweiz verdeutlicht die Tragweite solcher Zusammenschlüsse: Mit der Übernahme der „Credit Suisse‟ hat sich die „UBS‟ als dominierende Kraft in der internationalen Vermögensverwaltung etabliert – ein Beispiel für die wachsende Konzentration im europäischen Bankensektor.

Das Kernproblem der Deutschen Bank liegt jedoch in ihrer vergleichsweise geringen Marktkapitalisierung, was es schwierig macht, potenzielle Übernahmekandidaten ins Visier zu nehmen, deren Bewertungen weit über der eigenen liegen. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, muss sie sich daher nach Banken umsehen, die ebenfalls über eine niedrigere Marktkapitalisierung verfügen.

Bundesregierung destabilisiert deutsche Finanzwelt

Neben der Möglichkeit, Anteile der Commerzbank zu erwerben, um eine vollständige Übernahme durch die italienische UniCredit zu verhindern oder zumindest hinauszuzögern, rücken auch kleinere europäische Banken in den Fokus. Hier sticht insbesondere die „ABN Amro‟ hervor, die bereits mehrfach als potenzieller Übernahmekandidat gehandelt wurde.

Die drohende Commerzbank-Übernahme reiht sich in eine wachsende Liste bedenklicher Entwicklungen in der deutschen Wirtschaft ein. Letztlich sieht sich auch die Deutsche Bank mit Problemen wie steigender internationaler Konkurrenz konfrontiert.

Traditionsunternehmen wie Miele, Volkswagen und Thyssenkrupp stehen ebenfalls vor tiefgreifenden Veränderungen. Miele plant, Teile der Produktion nach Polen zu verlagern, während Volkswagen Werksschließungen und betriebsbedingte Kündigungen erwägt. Thyssenkrupp, einstiger Gigant der Stahlindustrie, bemüht sich, das traditionsreiche Kerngeschäft abzustreifen. Diese Entwicklungen verdeutlichen den zerstörerischen Wandel, der den deutschen Wirtschaftsstandort zunehmend in den Abgrund stürzt.

Die Bundesregierung trägt eine erhebliche Mitverantwortung für das Schicksal der Commerzbank. Durch den Verkauf ihrer Anteile an der Commerzbank – wohlgemerkt mit Verlust – hat die Regierung eine richtungsweisende Entscheidung getroffen und damit die Zukunft der deutschen Finanzwelt in eine instabile Lage manövriert.

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