Jesus soll queer gewesen sein

„Wie treibt man Menschen den Glauben aus?“, Folge 537: Ein Professor für Neuere Kirchengeschichte stellt die Frage, ob Christus queer sei und bekommt dafür Applaus von queer.de und der „Zeit". Wie die Kirchen von innen sturmreif geschossen werden.

picture alliance / NurPhoto | Maciej Luczniewski

Was haben Halbgebildete und all jene, die es noch werden wollen, in der Vergangenheit nicht spöttisch über die Byzantiner gelächelt, die noch während der Belagerung Konstantinopels eifrigst das Geschlecht von Engeln diskutiert haben sollen. Dem kann man aber entgegnen, dass diese Frage tatsächlich einer gewissen Ambivalenz unterlag, was man allerdings vom Geschlecht von Jesus Christus nicht behaupten kann. Das aber hält Anselm Schubert, stellvertretend für die Kirche der Anbiederung, nicht davon ab, die Geschlechterfrage Christi in einem Buch zu wälzen und sich damit bis in die Zeit vorzuschleimen.

In „Christus (m/w/d)“ zieht Schubert alle Register moderner Textexegese, um Eindeutiges zu Uneindeutigem umzudichten. So gesteht er zwar, dass das biologische Geschlecht von Jesus Christus in historischen Quellen eindeutig als männlich beschrieben wird, es aber nicht deutlich sei, wie Jesus „sich gefühlt“ habe, da dies in selbigen nicht thematisiert wurde. Daraus könnte man mit ein wenig gesundem Menschenverstand schließen, dass es sich für Christus einfach um ein non-Thema handelte, da er mit wichtigerem – zum Beispiel der Erlösung der Menschheit – beschäftigt war, aber so einfach lässt Schubert Christus nicht davon kommen.

Mit der Brechstange Applaus von queer.de einheimsen

Stattdessen wird aus einer Bibelstelle, in der Christus die Eunuchen pries, abgeleitet, dass er, da unverheiratet, ebenfalls ein Eunuch war. Und da Eunuchen – mit einem weiteren intellektuellen Spagat – in der Antike als „zwischen den Geschlechtern stehend“ gesehen wurden, handele es sich bei den armen Eunuchen um das, was man heutzutage als „queer, transgender oder divers“ bezeichne. Schubert baut vor, denn da man aus diesen vagen Begriffen ohnehin nicht schlau wird, wirft er gleich drei Stück in den Ring, in der Hoffnung, irgendwas würde haften bleiben.

Aber wirklich stringent muss das alles ohnehin nicht sein. Es ist eine Pflichtübung in pseudo-intellektueller Rechtfertigungsarbeit, mit der der kirchliche Kotau vor dem Diktat des Zeitgeistes kaschiert werden soll. Dass Christusdarstellungen – vom Pantokrator und Weltenrichter zum zerbrechlichen Jüngling am Kreuz – im Laufe der Jahrhunderte in ihrer Darstellung variierten, ist für Schubert weniger ein Hinweis darauf, dass das kirchliche Verständnis der Menschlichkeit und Männlichkeit Christi keineswegs eindimensional war, sondern ein Indiz dafür, dass man sich immer ein wenig den göttlichen Zimmermann gezimmert hat, den man gerade wollte. Und jetzt wolle man halt einen queeren Jesus, also macht man das.

Wobei: Wer will das überhaupt? Das Onlinemagazin queer.de ist jedenfalls sehr angetan von der Arbeit von Schubert. Dort freut man sich vor allem über Passagen aus dem queeren Bibelkommentar, demzufolge der Tod Christi „keineswegs Gottes Plan, sondern ein Akt homophober Gewalt gewesen“ sei. Vorbei die Zeiten, in denen ein Dan Brown noch den Apostel Johannes zur Frau und Geliebten von Christus umdichtete, nein, Jesus ist nun schwul, queer, divers, ein Eunuch … kurzum: Alles, nur nicht normal, denn dann müsste man ja zum Schluss mal über was anderes nachdenken als Sexualität. Ein Graus!

Unsere Kerkaporta steht sperrangelweit offen

Eine marginal anspruchsvollere Verdrehung leistet sich Schubert bei den seltenen Darstellungen oder Beschreibungen von Christus, in denen Christus symbolhaft auch mit einer weiblichen Brust dargestellt wurde. Anstatt in der mütterlichen Brust also den – in der übergeschlechtlichen göttlichen Natur Christi gerechtfertigten – Lebensspender der Kirche auf Erden zu sehen, muss auch diese leicht nachvollziehbare Symbolik, ebenso wie die Wunde Christi am Kreuz, hinabgezogen werden ins Jammertal degenerierter Obsession mit der eigenen Sexualität.

Dass es keinen, aber auch gar keinen Ansatz dafür gibt, dass Menschen der Antike (sowie nachfolgender Jahrhunderte) im großen Stil unter geschlechtlicher Verwirrung litten, sondern einfach die zweigeschlechtliche Natur des Menschen verstanden, so wie sie auch die übergeschlechtliche Natur und die Dreifaltigkeit Gottes begriffen, kann dem modernen Vertreter zeitgeistiger Verwirrung natürlich niemals in den Sinn kommen. Schubert flieht sich in Konstrukte einer Antike, die angeblich keine Zweigeschlechtlichkeit kannte, da auch sie bereits die simple Tatsache eines geschlechtlichen Spektrums, das eben auch feminine Männer und burschikose Frauen einschließt, vertrat.

Was Schubert allerdings nicht merkt, ist, wie sehr er dem Zeitgeist hinterher hinkt, denn die Speerspitze der Anbiederung an den Zeitgeist ist schon längst an seinen pseudowissenschaftlichen Erklärmodellen vorbeigezogen. Bereits im Juni, pünktlich zum Pride-Monat, schlugen „zwei schwule Theologen der Universität Erlangen“ Alarm, als sie die Frage stellten, ob Christus womöglich mehr als nur ein Geschlecht hatte und folglich trans gewesen sei. Das Ganze kam inklusive dringender Botschaft, „die Kirche müsse sich öffnen“.

Dieser Schlachtruf erhallt aber schon seit vielen Jahrzehnten durch die Kirchen des Westens und er hat funktioniert. Die offenen Türen der Kirchen haben mehr Christen denn je aus ihren Hallen getrieben und stehen nun stattdessen offen für eine Klientel, die selbst bei vollständiger Unterwerfung der Kirchen keinen Fuß in deren heilige Hallen setzen würde, es sei denn, um diese zu besudeln.

Doch wie wir aus der Geschichte Konstantinopels wissen, können selbst kleine Türen, die unverschlossen bleiben, gravierende Konsequenzen nach sich ziehen. In den Kirchen des Westens stehen sie aber sperrangelweit offen, während ihre Vertreter verzweifelt das blasphemische Gespräch über das Geschlecht Christi suchen. Die Tafel für eine Katastrophe ist gedeckt.

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Kommentare ( 49 )

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Weisheitszahn
7 Stunden her

„Daraus könnte man schließen, dass er mit wichtigerem beschäftigt war, z. B. der Erlösung der Menschheit.“ Großartig, besser kann man es einfach nicht auf den Punkt bringen, Herr Boos.

Man kann über solche Leute wie Herrn Schubert nur noch den Kopf schütteln.
„Thema verfehlt, ungenügend“ hätte man in der Schule unter Ihre Arbeit geschrieben, Herr Professor.

Deutscher
9 Stunden her

Nun, man darf wohl annehmen, dass Jesus das Thema sexueller Identität selber angesprochen hätte, wenn es denn von Bedeutung wäre.

Ist es nicht anmaßend von den Queeren? Da überwindet jemand den Tod und das Leben, verkündet einen neuen Bund zwischen dem Welteschöpfer und der Menschheit und stirbt dafür am Kreuz. Und die so: „Jaja, aber vielleicht hätte er sich gerne Jesusina nennen lassen….🤔“

Klaus Kabel
10 Stunden her

Wer braucht die Kirche als Träger des Glaubens? Wer braucht diese Kirche, mit ihren schwulen und pädophilen „Geistlichen“, die sich an Heranwachsenden vergehen. Dass sich diese Kirchen an jede sexuelle Perversionen heranwantzen ist doch nur folgerichtig. Im Klartext: Queer ist die Dekadenz einer Minderheit, die ihre sexuellen Perversionen ungestraft ausleben wollen und vor nichts halt machen. Was würde mit Schubert passieren, würde er Mohammed diese Perversionen unterstellen. Wenn er Glück hat, landet er als Eunuch auf dem Boden der Realität.

Okko tom Brok
10 Stunden her

Wer Gott zu seinem Parteigänger erklärt, zeigt vor allem, dass er (oder sie!) von Theologie nicht allzu viel versteht!

Cabanero
10 Stunden her

Nun mal halblang. Was ist daran neu? Die Kombination aus Zölibat, latenter Frauenverachtung (ähnlich wie im Islam wird die Frau gerade im Katholizismus als Gefahr für den Mann kraft ihrer sexuellen Verführungskraft gesehen) und Klerus hat in der Kirche schon seit der Spätantike – eben seit es sie gibt – Homosexualität begünstigt. Sicher, sie war bis in die Neuzeit verpönt, aber der Vatikan gilt schon als Jahrhunderten als der größte Schwulenclub Europas. Das ist kein Plädoyer gegen Homosexualität, sondern eins gegen die Bigotterie, die es in der Amtskirche schon immer gab. Jesus hat zwar in der Bibel ein männliches Geschlecht,… Mehr

Last edited 10 Stunden her by Cabanero
Judith Panther
11 Stunden her

Mit Verlaub – was haben die Kirchen und ihre falschen Propheten mit Gott, Jesus und den Christen zu tun?
So viel wie Lauterbach und das RKI mit Gesundheit?
So viel wie Politiker mit Anstand, Drosten mit Wissenschaft und Buyx mit Ethik und Moral?
Um mit Jesus zu sein braucht es höchstens zwei, die in seinem Namen beisammen sind. Meist reicht schon einer.
Wenn hingegen zwei Queerpfaffen beisammen sind, dann ist höchsten noch ein Grüner mitten unter ihnen.
Und das kann keiner wollen.

Last edited 11 Stunden her by Judith Panther
DerGrinser
11 Stunden her

Tja. Wenn einem jedes Jahr mehr als 1 Mio Gläubige Steuerzahler abhanden kommen, muss man schon was tun um weiter Tebartz van Elst würdige Residenzen zu errichten. Also erschließt man neue ,,Käufer“gruppen im Regenbogenmilieu, also ausgerechnet die, die man bis vor 50 Jahren noch in der Hölle brennen sehen wollte. Was macht man nicht alles für Geld. Da wird dann eben auch mal der Zimmerer aus Nazareth verschwult.

ahgee
11 Stunden her

Die Politisierung der Kirchen ist das eine, die Theologie das andere, und ein neutrales historisches Verständnis ein Drittes. Die Politisierung kann man kritisieren. Die christliche Theologie weist Absonderlichkeiten (Weltuntergangsphantasien, kommunistische Zielsetzungen und auch Geschlechterfragen) auf, die kognitiv dissonant sind, aber mit dem Effekt der Gruppenbildung ignoriert wurden. Das ist die historische Leistung „konservativer Christen“. Aber die historischen Zweifel bleiben bestehen. Es gibt keinerlei nachweisliche politische Verschwörungsaktivitäten der Urchristen. Judas kann diesbezüglich nichts verraten haben. Neben Hochverrat, dessen Vorliegen der einzige neutrale Zeuge, der römische Statthalter verneint hatte, gab es seinerzeit nur das alttestamentarische Tötungsgebot für aktive Homosexualität, deren strafrechtliche Verfolgung… Mehr

Brauer
11 Stunden her

Was sagt der Papst zu diesem Wahnsinn. Was ist seine Haltung?

Kassandra
10 Stunden her
Antworten an  Brauer

Fratelli tutti – oder? Eine seiner Enzykliken soll Schellnhuber maßgeblich mitverfasst haben – und die andere der Großimam der Al-Azhar-Universität in Kairo, Ahmad Muhammad Al-Tayyeb
Lumen Fidei – Licht des Glaubens wird man gesondert betrachten müssen, da diese Enzyklika noch maßgeblich von Papst Benedikt geschrieben worden sein soll.

nachgefragt
12 Stunden her

Wir leben eben im Zeitalter der offiziellen und staatlichen Fake-News, der Doppelstandards, der „Haltet den Dieb!“-Rufer, „der Zweck heiligt jedes Mittel“-Demagogen und Pharisäer. Da stellen sich Leute hin und behaupten, sie wären Demokraten auf dem Boden der Verfassung, sind aber mit nichts anderem beschäftigt, als die Demokratie und die Verfassung zu beseitigen. Sie wollen durch nichts legitimierte Räte einführen oder Grundrechte bis hin zu Menschenrechten für die eigenen Bürger aushöhlen oder abschaffen. Sie manipulieren das Wahlrecht, damit das Ergebnis für sie stimmt. Aber jeden, der sich auf seine Grundrechte beruft und die demokratischen Mindeststandards einfordert, nennen sie verfassungsfeindlich, beobachten, verfolgen… Mehr

Last edited 12 Stunden her by nachgefragt
Evero
10 Stunden her
Antworten an  nachgefragt

Mit ehrlicher Arbeit kann man heute gerade noch so überleben. Doch mit der Produktion von geistigem Müll kann man heute reich werden. Ob als Politiker, Medienmacher, Werbefachmann oder bezahlter „Experte“
Das sagt schon alles darüber aus, in welchen Zeiten wir leben.