Die Europäische Zentralbank EZB senkt den Leitzins auf 0,05 Prozent – das ist ein neues historisches Tief, das den sensationellen Tiefstand vom Juni mit 0,15 Prozent noch einmal unterbietet. Und: Die Banken, die ihre flüssigen Mittel bei der EZB hinterlegen, müssen dafür noch höhere Strafzinsen zahlen – nunmehr 0,2 Prozent statt bisher 0,1. Damit setzt die EZB ihre falsche Politik fort, das aber entschieden.
Schlimmer noch: Frankreichs Reformbereitschaft ist weiter angeschlagen – auch wegen der Liebeshändel des Präsidenten: Europa krankt nicht an zu hohen Zinsen, sondern an der Tollheit seines politischen Personals.
Das klingt alles sehr technisch – und ist einfach nur meschugge. Null-Zinsen bestrafen Sparer. Wer eine Lebensversicherung oder eine Riesterrente hat, ist der Dumme. (Klar, Beamtenpensionen werden nicht gekürzt.) Investieren wird leicht gemacht – und deshalb wächst die Gefahr, dass noch mehr Geld in ohnehin schon überteuerte Immobilien fließt; auch die Aktienkurse sind gleich noch mal hübsch um mehrere hunderte Punkte geklettert. Derart hohe Kurse sind aber nicht aus dem Erfolg der Unternehmen erklärbar – so viel verdienen Siemens, Daimler und BMW nimmermehr. Es ist Fluchtgeld. Ohne Zinssignale verliert die Wirtschaft den Kompass. Glücklich ist, wer rechtzeitig sein Sparbuch geplündert und in Aktien investiert hat. Das zeigt: Unser wirtschaftlicher Erfolg ist mehr denn je von den Entscheidungen der Geld-Politiker im Frankfurter Euro-Turm abhängig.
Der falsche Weg wird fortgesetzt – mit erhöhtem Tempo
Das alles habe ich schon mehrfach beschrieben – ein paar Zehntelpunkte weniger vom Wenig ändert nichts an den prinzipiellen Fehlern der EZB. Dabei ist die Analyse der EZB falsch. Sie fürchtet, dass die Inflation noch weiter zurückgehen könnte, derzeit beträgt sie nur 0,3 Prozent. Aber mal ehrlich: Was ist denn schlecht daran, wenn unser Einkommen nicht ständig entwertet wird – denn Entwertung der Löhne, das ist der eigentliche Kern der Inflation.
Neuerdings wird die Schrumpf-flation, also das Sinken der Preise, als Schreckgespenst an die Wand gemalt. Ich kann nicht verstehen, warum. Denn die derzeitige niedrige Preissteigerung hat handfeste und gute Gründe:
Warum Schrumpf-flation vorteilhaft ist
Viele technische Güter, die wir aus Asien importieren, also Flachbildschirme, Computer und Handies, werden Tag für Tag und schon Jahr für Jahr billiger, weil leistungsfähiger. Was soll daran schlecht sein, wenn unsere Importe billiger werden?
Zweitens sinken trotz Ukraine-Krise die Energiekosten. Seit die USA ihren Energiebedarf durch Fracking, also Erdgas, befriedigen, haben sich die Energieströme der Welt verändert: Erstmals seit vermutlich 40 Jahren exportieren die USA wieder Erdöl – bislang waren sie Importeur. Und: Die Kohle, die in die USA geliefert wurde, wird jetzt billig in europäischen Häfen abgeladen. Wo ist da ein Problem? Niedrige Energiepreise sind eine Chance – sie verbilligen das Leben und ermöglichen billigere Produktion, die ja Energie frißt.
Warum in Gottes Namen muß da die EZB über die Schimpf-flation jammern? Und Gegenhalten?
Sie versucht auf Teufel komm raus in Südeuropa und Frankreich die Konjunktur anzuheizen. Denn was immer die Herrn Draghi und Konsorten erzählen – die Euro-Krise ist keineswegs ausgestanden. Europaweit liegt die Arbeitslosigkeit bei 11,5 Prozent.
Nur werden daran die niedrigen Zinsen nichts ändern.
An der FIAT-Krise ändern Zinsen nichts. Gar nichts.
Es bedarf Reformen. Ein Beispiel gefällig? FIAT, diese Ikone der italienischen Industrie, betreibt dort nur noch vier(!) Werke, die meisten auf Kurzarbeit. Dutzende Fabriken wurden verlagert – nach Polen, nach Brasilien, in die USA. Der Firmensitz in die Niederlande. Die Entscheidungsgremien nach Detroit. Einfach, weil die Arbeitsbedingungen in Italien so mies sind, dass FIAT in Italien keine Chance hat, konkurrenzfähige Produkte herzustellen.
Daran ändert auch die Null-Zins-Politik nichts, aber rein gar nichts.
Reformen sind unumgänglich.
Das gilt auch in Frankreich, ein besonders trauriges Kapitel, wie Sie weiter unten lesen können.
Die französische Farce hat seit heute aber ein neues Kapitel. Es heißt „Mein Leben mit Francois“.
Liebeskrise des Präsidenten statt Reformarbeit
Gemeint ist Francois Hollande, der wackere Präsident, der sich von seiner Geliebten Valerie Trierweiler getrennt hat. Die verbitterte, enttäusche Frau hat nun ausgerechnet heute eine Abrechnung vorgelegt. Pariser Zeitungen sind sich einig: Dieser Skandal schwächt den schwachen Präsidenten noch weiter. So brisant ist das beleidigte Liebesgestammel der Verflossenen des Präsidenten, dass das Buch unter größter Geheimhaltung in Deutschland gedruckt wurde – und jetzt läßt ParisMatch die Bombe platzen. Zu einem Zeitpunkt, der dümmer nicht sein könnte.
Dabei hat er sich gerade vor 2 Wochen endlich zu Reformen aufgerafft und am Mittwoch verkündet, dass die Arbeitslosenversicherung nach Hartz-IV-Vorbild reformiert werden müsste. Das ist in Frankreich so unpopulär, wie in Deutschland zu Zeiten der unsäglichen Montags-Demonstrationen.
Es klingt wie ein Treppenwitz: Statt endlich die notwendigen Reformen für die kriselnde französische Wirtschaft anzupacken, ist der Chef der zweitgrößten europäischen Wirtschaftsnation damit beschäftigt, seine Ex zu calmieren.
Niedrige Zinsen jedenfalls werden da nicht weiterhelfen. Sie können allenfalls die Verschuldung der Regierungen weiter erleichtern – denn der Staat ist immer der Gewinner niedriger Zinsen. Aber der Wirtschaftsleistung hilft das nicht.
Reformen sind gefragt, nicht monetäre Liebesdienste der EZB für die Amouren eines Präsidenten.
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