Betreibt Ulrich Wickert Desinformation? Zumindest impliziert das die Spiegel-Redakteurin Melanie Amann bei Maischberger. Amann will in all den Jahren in Hamburg noch nie etwas davon gehört haben, dass Frauen sich abends nicht mehr auf den Jungfernstieg trauen. Ihre Position beim eigenen Blatt ist massiv angeschlagen.
Ist Ulrich Wickert jetzt auch rechts? Vielleicht steht es bald im Spiegel. Auf den Gedanken könnte man kommen, sieht man sich die Maischberger-Sendung vom letzten Mittwoch an. Melanie Amann, das vermutlich prominenteste Gesicht der Spiegel-Chefredaktion, unterstellt der Tagesschau-Legende „anekdotische Evidenz“, weil dieser behauptet hatte, Frauen würden sich in Hamburg nicht mehr trauen, auf den Jungfernstieg zu gehen.
„Ich wohne ja nicht in Hamburg, aber ist es wirklich so, dass Frauen sich nicht mehr trauen, dorthin zu gehen?“ Es ist nicht nur ein hochmütiger Tonfall, der suggeriert, dass der Ansprechpartner nicht weiß, wovon er spricht; dass er höchst unzuverlässig ist; dass er Narrative nachplappert; und dass sie, Amann, im Zweifelsfall als Top-Journalistin solchen Aussagen nicht traut und kritisch hinterfragt.
Wickert antwortet mit einem knappen „Ja“; das aber untergeht, weil Amann im Belehrungsduktus für Schwurbler und Rechtsextreme, die es noch werden wollen, weiterspricht: „Und ist das jetzt so ’ne … Hat Ihnen das jemand erzählt, haben Sie das irgendwo gelesen, oder was ist da die Grundlage? Das ist doch eine Behauptung, die Sie hier in den Raum stellen.“ Das lebende Internet-Meme will die Quelle wissen; Wickert antwortet wieder sehr schlicht, wenn auch sichtlich irritiert, da er sich offenbar nicht ernstgenommen glaubt: „Das haben mir Frauen erzählt.“
Die Herablassung, die darauf folgt, dürfte möglicherweise mal als „Amann-splaining“ in die Weltgeschichte eingehen. „Ich weiß jetzt nicht, ob Sie jede Frau in Hamburg gefragt haben, aber da würde ich doch mal ein kleines Fragezeichen hinter die anekdotische Evidenz setzen.“ Später wirft Amann Wickert vor, er könne doch „so nicht Informationen verbreiten, also auf dieser Basis, tut mir leid“. Sie sei zwei Tage die Woche in Hamburg und davon höre sie nun das erste Mal. Warum hier die eigene anekdotische Evidenz nicht greift, bleibt das Geheimnis der Spiegel-Frau.
Es ist ein bemerkenswerter Auftritt, den die stellvertretende Spiegel-Chefredakteurin hingelegt hat. Vielleicht hat Amann ihren Kollegen Wickert noch geschont, weil sie wusste, dass sie ihn nicht wie einen AfD-Politiker diffamieren konnte. Sie nennt ihn keinen Lügner, impliziert aber zumindest, dass er Desinformation betreibt. Arrogant schulmeistert sie ihn wie einen Lehrling des Fachs. Was die Fakten angeht: Erst vor zwei Tagen veröffentlichte die Bild-Zeitung ein Video, wie es derzeit auf der „Hamburger Prachtmeile“ zugeht.
Journalisten messen mit zweierlei Maß. Sie nennen es heute Haltung. Wer den vorgegebenen Spielplatz ein Stück verlässt, gilt als verdächtig und muss eingefangen werden. Es geht um die Vermittlung und Bewahrung von Weltbildern. Da ist eine Aussage, dass Frauen abends Angst haben, auf die Straße zu gehen, ein rechtsextremes Narrativ. Und wenn es 100 Frauen sagen, dann wird Amann dagegenhalten: Haben Sie auch wirklich alle Frauen gefragt? In ganz Hamburg? Und wenn ja, auch die in ganz Deutschland? Auch das ist zweierlei Maß. In Sachsen und Thüringen habe nicht die Mehrheit für die AfD abgestimmt. Aber was folgt dann daraus erst für die Legitimität der Ampel-Regierung?
Zweierlei Maß herrscht auch beim Umgang mit der eigenen Kaste. Persönlichkeiten der Öffentlichkeit – nicht nur Politiker – dürfen im Zweifel mit Tastaturklick vernichtet werden. Jeder muss sich „Fragen stellen lassen“. Wenn es um den inneren Betrieb geht, bauen Journalisten dagegen hohe Mauern auf. Dann ist plötzlich das Öffentliche privat, obwohl doch alles Private politisch ist. Der Spiegel ist auch in dieser Hinsicht federführend.
Der Amann-Auftritt fällt in eine Krise des eigenen Blattes. Folgt man den Informationen von Business Insider, dann tobt in der Hamburger Redaktion ein brutaler Kampf. Nicht mit Messern wie am Jungfernstieg. Aber um die Macht. Der Chefposten des Spiegels ist zwar traditionell ein Schleudersitz. Aber sinkende Verkaufszahlen und Relevanzverlust setzen Dirk Kurbjuweit massiv unter Druck. Er hat sich im letzten Jahr keine Freunde gemacht. Business Insider nennt auch seine Gegenspielerin: Melanie Amann.
Das Verhältnis zwischen Kurbjuweit und Amann gilt als zerrüttet. Grund: Unter dem Druck Kurbjuweits verlor sie die Verantwortung für die Politikberichterstattung. Auch der Koordination für Recherche steht sie nicht mehr vor. Zuletzt soll Kurbjuweit sogar versucht haben, Amann komplett loszuwerden. Zitat Business Insider:
„In der Redaktion machten zuletzt Gerüchte die Runde, Amann verhandele bereits mit der Geschäftsführung über Ausscheiden und Abfindung. Doch die Vize-Chefin, erprobt in Machtkämpfen, hat sich erfolgreich gegen eine Absetzung zur Wehr gesetzt. Amann soll sich die Rückendeckung von der einflussreichen Mitarbeiter KG gesichert haben, der die Mehrheit des ‚Spiegel‘-Verlages gehört und gegen deren Willen keine wesentliche Entscheidung gefällt werden kann.“
Dabei hat Amann an einer anderen Flanke Druck. Laut NIUS soll sie mit anderen Spiegel-Granden versucht haben, eine Kollegin auszuspionieren. Diese habe „vor ihrem Abgang eine Corona-Story geleakt“. Die Spiegel-Story sei an den Virologen Klaus Stöhr durchgestochen worden. Er wird im E-Mail-Austausch als „Corona-Verharmloser“ bezeichnet. Teile der Spiegel-Redaktion überlegten, das E-Mail-Fach der Kollegin auszuspionieren. Das kam zwar zuletzt nicht zustande. Aber gewisse totalitäre Gedanken haben die ganze Corona-Krise begleitet.
War der Maischberger-Besuch vielleicht bereits Teil einer Abschiedstournee? Einige bedeutende Journalisten haben in den letzten Monaten bereits die Segel gestrichen. Doch glaubt man den Berichten von Insidern, dann gilt Amann selbst als ambitioniert. Womöglich will sie sogar selbst auf den Chefposten. Business Insider spekuliert: Vielleicht müssen Kurbjuweit und Amann auch beide gehen. Hoffen muss man darauf. Wenn die Frau, die früher die Koordination für Recherche innehatte, zum ersten Mal davon hört, dass sich Frauen nach Einbruch der Dunkelheit nicht auf den Jungfernstieg trauen, dann ist das entweder Relotius-Verdichtung oder ein bleibender Haltungsschaden.
— modediktat (@modediktat) August 16, 2024
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Als ob Frau Amann oder Herr Kurbjuweit irgendeinen Spielraum in diesem Genre hätten. John Swinton hat schon vor mehr als 100 Jahren bei einer Rede im Twilight Club in New York dargelegt, was Journalisten sind:
„Ihr wisst es und ich weiß es; was für ein Unsinn, einen Toast auf die ‚Unabhängigkeit der Presse‘ auszubringen! Wir sind Werkzeuge und Dienstleute reicher Männer hinter der Bühne. Wir sind Hampelmänner. Sie ziehen die Fäden und wir tanzen. Unsere Zeit, unsere Fähigkeiten, unser Leben, unsere Möglichkeiten sind alle das Eigentum anderer Menschen.
Wir sind intellektuelle Prostituierte.“
John Swinton, 12.04.1883
Ich hatte zu DDR-Zeiten hin und wieder Gelegenheit, ein eingeschmuggeltes Exemplar des SPIEGEL lesen zu dürfen – was für ein Genuss! Seit 1990 war ich Abonnent. Ich weiß nicht genau, wann die Entfremdung angefangen hat, ich glaube es war kurz nach dem Tod von Rudolf Augstein. Bis ich dann vor 15 Jahren das Abo gekündigt habe. Heute würde ich diese Zeitschrift – wenn überhaupt – genau so lesen, wie zu DDR-Zeiten das ND: Unter geistiger Ausblendung aller Adjektive und gründlichster Hinterfragung aller Fakten.
In jungen Jahren ist der angehende Journalisten angehalten, all seine Sinne spitz zu halten. Dann legt er seinen Stil fest. Dann ist er beschäftigt seine Reputation zu vergrößern und zu festgen. Bis er anfängt das Bild von sich im SPIEGEL zu retuschieren. Wenn ihm trotz Retuschierens das Bild von sich nicht zufriedenstellt, sucht er die Schuld als Schwäche des Kollegen. Hier will er sich beweisen: das Bild im Spiegel entspricht nicht der Wirklichkeit oder die Kollegen irren sich wegen großer KonkurrenzNeid. Ein Drama wird daraus, wenn man dem Bild des eigenen Spiegels zuhause nicht mehr traut.
Habe vor 25 Jahren mein Spiegel Abo gekündigt. Nehme noch nicht mal im Wartezimmer dieses Relotius Blatt in die Hand. Am schönsten ist es immer zuzuschauen wenn sich die Roten untereinander zerfleischen. Ohne die Gates Gelder wären die schon lange weg.
Mit diesem Benehmen suggeriert die Journalistin den Jüngeren, die Herrn Wickert nicht mehr so kennen, wie gebildet und Uni-geprägt sie ist, daß sie der Wahrheit verpflichtet immer Studien zugrunde legt. Herr Wickert hat‘s mit Fassung getragen.
Spiegel Redakteuere wissen weniger. Wenn die Leser eines auf woke gedrehten Magazins schlauer sind als dessen Redakteuere, dann ist es an der Zeit, das Abo zu kündigen. Frau Amann gibt hier ungewollt mit ihrem Auftritt ein wunderbares Zeitzeugnis über die woke Ideologie ab. Keine Ahnung von der Realität, aber frech wie Oskar und mit gespielter Empörung und Mimik verteidigt sie ihre woke Ideologie, Narrativ und Weltbild. Und solche Leute, die schon an der Analyse objektiv überprüfbarer Sachverhalte kläglich scheitern, maßen sich täglich an, ihre Leser über weit komplexere Themen wie Klima oder Energie zu belehren. Wer hat solche Leute eigentlich… Mehr
Frau Amann, Relotius und der Spiegel – geradezu ein toxisches Trio!
Das war doch das öde Gequatsche wie immer mit denselben Politdarstellern wie immer . Wer will sich diesen orwell’schen Doppelsprech noch anhören? Da war absolut nichts Hörenswertes was man nicht ohnehin schon bis zum Gehtnichtmehr gehört hat.
TE ich bitte euch. Die Dame arbeitet für das Relutios Magazin. Woher soll die denn wissen was auf der Welt, gar direkt vor der eigenen Haustüre vorgeht.
Ich habe mir die Videosequenz, als Frau Amann ihren Angriff gegen Herrn Wickert vortrug, angeschaut. Frau Amann kenne ich nicht. Von ihrer Bildschirmpräsenz und ihrer Frisur her hätte ich sie als Kommissarin in einem ARD-Tatort-Krimi eingeordnet. Ulrich Wickert ist alt-deutsch-bürgerlicher Herkunft mit einer soliden internationalen Ausbildung und einem beachtenswerten Lebenslauf u.a. als Journalist. Er repräsentierte im TV der verflossenen Bonner Republik das Nachrichtenressort, so wie z.B. Alfred Biolek dort den Unterhaltungssektor repräsentierte. Stets war sein Arbeitsplatz in der Nähe von Machtzirkeln angesiedelt. US- und Bundesregierung, NATO, Corona-Regime. Legendär war seine souveräne Live-ÖRR-TV-Moderation des Tagesverlaufes des 11. September 2001. Danach hatte… Mehr