Edeka-Marktbetreiber distanzieren sich von Anti-AfD-Kampagne des Konzerns

„Blau ist keine gute Wahl“, heißt es in den Anzeigen von Edeka kurz vor den Landtagswahlen. Was aufgrund der Farbe des Unternehmenslogos bereits für mehr Spott als Verärgerung sorgte. Ernstnehmen kann die „Wir gegen die“-Kampagnen ohnehin kaum noch jemand. Nun distanzieren sich auch noch mehrere Marktbetreiber.

IMAGO / Bihlmayerfotografie

Kurz vor den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen warnt die Supermarktkette Edeka mit einer Anzeige vor der Wahl der AfD. Unter dem Titel „Warum bei Edeka Blau nicht zur Wahl steht“ hatte die Supermarktkette in großen Zeitungen und sozialen Netzwerken auf Anzeigen gepostet und dazu Obst und Gemüse in allen Farben, wie Gurken, Brokkoli, Bananen, Kirschen und Erdbeeren, nur nicht in Blau, präsentiert. „Die Evolution hat uns gelehrt: Blau ist keine gute Wahl“, heißt es dazu – hinterrücks eine Anspielung auf die AfD-Parteifarbe. Dazu der umwerfende Satz: „In der Obst- und Gemüseabteilung herrscht die bunte Vielfalt.“ Dazu auch noch: Die AfD wird als „größte Bedrohung einer vielfältigen Gesellschaft“ bezeichnet.

Naja, früher warb Edeka schon auch für Blaubeeren und bis zuletzt hatte Edeka Blaukrautköpfe im Sortiment. Aber wenn es um „woke“ Gesinnung geht, spielt das keine Rolle. Und einen Evolutionsexperten dürfte Edeka wohl auch nicht im Vorstand haben.

Das Motiv der Edekanianer ist klar: Man will regierungsgefällig sein. Und bis in die Konzernspitze dürfte sich herumgesprochen haben, dass die AfD wenigstens in Thüringen und in Sachsen die stärkste Partei bei den am 1. September anstehenden Landtagswahlen werden könnte. Mit jeweils 30 Prozent plus. Im Umkehrschluss verbirgt sich hinter der Edeka-Kampagne aber die kaum verborgene Botschaft an die Adresse von rund 30 Prozent Haushalten: Ihr kauft besser woanders.

Selbständige Edeka-Händler reagieren denn auch entsetzt. Zahlreiche Betreiber von Edeka-Märkten können sich mit dieser Kampagne überhaupt nicht identifizieren. Die „Welt“ lässt einige zu Wort kommen:

  • Sebastian Becker, Betreiber des Edeka Centers in Zerbst (Sachsen-Anhalt) schrieb auf Facebook: „Ich bin Lebensmitteleinzelhändler, kein Politiker und werde mich deshalb mit meinem Markt auch nicht in solche Themen einmischen!“ Becker stellt klar, dass sein Markt für alle offen sei und er sich als unabhängiger Einzelhändler von der politischen Botschaft distanziere.
  • Betreiber wie Heiko Grunert vom Edeka-Center Aschersleben (Sachsen-Anhalt) schreibt: „Wir verstehen uns als Lebensmittel-Supermarkt und nicht als politische Plattform!“ Und weiter: „In der Demokratie ist das Volk der Souverän und wird seine Wahl treffen!“
  • Edeka-Bienek aus Halberstadt (Sachsen-Anhalt) äußerte sich ebenfalls kritisch. Man lehne die Anti-AfD-Kampagne ab und betone, dass ihre Supermärkte für alle Menschen offen seien, unabhängig von politischen Präferenzen.
  • Das Team von „Nah und Gut“ Schmidt in Bockau (Sachsen) teilte mit, man wolle sich auf das Wesentliche konzentrieren: die Kunden mit frischen Produkten und gutem Service zu versorgen. „Warum sich Edeka zu politischen Themen äußert, können wir weder nachvollziehen noch unterstützen und distanzieren uns hiermit klar davon.“

Zahlreiche andere Märkte, meist aus Sachsen-Anhalt, folgten dem Beispiel. Nur einzelne Marktbetreiber agierten konform mit der Zentrale: Vorauseilend hatte ein Edeka-Marktbetreiber mit Filialen in Sachsen und Thüringen Anfang des Jahres auf Einkaufsprospekte den Spruch: „Für Demokratie – gegen Nazis“ drucken lassen. Nach zahlreicher Kritik in den sozialen Netzwerken an die Supermärkte musste sich der Betreiber entschuldigen.

Jedenfalls befürchten Edeka-Marktbetreiber vor Ort erhebliche Einsatzbußen, ja sie fürchten gar um ihre Existenz, jedenfalls den Verlust von Arbeitsplätzen. Der Konzernzentrale scheint das egal zu sein, hat sie doch in mehr als 11.000 Filialen rund 410.000 Beschäftigte. Ost-Peanuts eben?

Die AfD kann sich für die Edeka-Kampagne eigentlich nur bedanken und sich einen Preis für Wählerwerbung ausdenken. Tatsächlich bedankte sich Torben Braga, stellvertretender Sprecher des AfD-Landesvorstands Thüringen, auf X ironisch für die „fleißige Unterstützung“ durch die Kampagne. Zugleich erinnerte er Edeka daran, dass auch deren „Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten“ zur AfD-Anhängerschaft gehören könnten. Der hessische AfD-Landtagsabgeordnete Frank Grobe erklärte auf X zudem, er habe Strafanzeige gegen Edeka gestellt, da in der Anzeigenkampagne „#AfD-Mitglieder und Wähler als ,unverträglich‘ und ,natürliche Feinde gesunder Vielfalt‘ bezeichnet“ wurden.

Edeka ist mit politischer Positionierung nicht zum ersten Mal in den Schlagzeilen geraten: Schon vor einigen Jahren veröffentlichte der Konzern ein Video mit der Botschaft „Wir lieben Vielfalt und stehen auf gegen rechts“. Darin waren Kunden zu sehen, die in fast leeren Supermarktregalen umherirren. Die Botschaft: „Stellen Sie sich einen Supermarkt vor, in dem es nur deutsche Produkte gibt.“ Edeka war voll auf der „woken“ Woge: für Vielfalt, für offene Grenzen, für eine bunte Welt …

Betreibt Edeka Vergangenheitsbewältigung?

Zur Erinnerung: Der Konzern, der 1898 mit dem Zusammenschluss von 21 Berliner Kaufleuten zur „Einkaufsgenossenschaft der Kolonialwarenhändler“ (E.d.K.) angefangen hatte und sich 1907 in Leipzig zum Verband deutscher kaufmännischer Genossenschaften zusammengefunden hatte, hat zwar keine „blaue“, aber durchaus eine „braune“ Vergangenheit. Den Vertrieb von „Kolonialwaren“ wollen wir hier nicht weiter betrachten. Aber: In der NS-Zeit schaltete sich Edeka freiwillig gleich, der amtierende Generaldirektor Fritz Borrmann trat 1933 in die NSDAP ein. Paul König löste 1937 Fritz Borrmann als Generaldirektor ab und füllte diese Rolle bis 1966 aus.

Ab 1972 wurde aus der einst genossenschaftlichen Verbindung eine Aktiengesellschaft, unter deren Dach zwölf Regionalgesellschaften gebündelt wurden. Nach dem Mauerfall 1990 schlossen sich zahlreiche Filialen der Konsum-Supermärkte und Handelsorganisationen in den neuen Bundesländern der Edeka-Gruppe an. Edeka gründete außerdem einen Ableger in Tschechien, den CS Edeka.

Von der kolonialen und der braunen Vergangenheit will man jedenfalls nichts mehr wissen. Oder man will sich um jeden Preis als geläutert geben. „Nie wieder!“ scheint angesagt. Die Regierenden und die semistaatliche „Zivilgesellschaft“ mit ihren endlos vielen Fördermitteln und Auszeichnungen für Gratismut werden es schon zu würdigen wissen.

Der Wähler im angeblich ach so dunklen Osten der Republik wird es auch zu würdigen wissen. Er hat die Gängelungen satt. Vielleicht wirft er am 1. September nicht nur die FDP, sondern auch SPD und Grüne aus den Parlamenten. Dank Edeka!

Nachtrag – Ein TE-Leser macht aufmerksam, habe mir die FAZ vom Nachbarn besorgt, um mir die EDEKA-Anzeige im Original anzusehen. Es ist keine Anzeige, sondern wirkt auf den flüchtigen Beschauer wie eine redaktionelle Mitteilung der FAZ zu einer EDEKA-Werbung. Es fehlt nämlich der presserechtlich notwendige Hinweis: Anzeige

Gestern im Darmstädter Echo war eine echte EDEKA-Anzeige, halbseitig in der üblichen Art: Aufzählung von Produkten mit günstigen Preisen. Obendrüber stand wie wahrscheinlich immer: Anzeige. Das zeigt deutlich, dass die Kennzeichnung „Anzeige“ absichtlich weggelassen wurde.

Noch ein Hinweis: Die Produktfelder (weiß auf schwarzem Hintergrund) waren alle außen angeschnitten. Sieht wie ein Ausschnitt einer großen Schautafel aus, die auch anderweitig verwendet werden kann.

Nach Lektüre des aktuellen TE-Artikels zu diesem Thema ist mir klar geworden, dass die EDEKA-Mitteilung in der FAZ nicht von der gleichen Werbeagentur stammen dürfte wie die sonstige EDEKA-Werbung.

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Kommentare ( 60 )

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Judith Panther
3 Monate her

https://t.me/uncut_news/71010 Unglaublich! EDEKA-Chef Markus Mosa sitzt auch im Wirtschaftsrat der CDU! Jetzt wird klar, warum EDEKA mit ihrer lächerlichen „Anti-Blau“-Kampagne bewusst Kunden vergrault und Marktanteile opfert: Bjoern Hoecke und die AfD stehen in Thüringen kurz vor dem Sieg, während die CDU mit Voigt stark an Unterstützung verliert. Auch in Sachsen und Brandenburg erzielt die AfD Spitzenwerte. Das Establishment gerät in Panik und greift hysterisch zu allen Mitteln – doch es wird ihnen nichts nützen. Die blaue Wende steht unmittelbar bevor. Übrigens: Werfen Sie doch mal einen Blick darauf, wer sonst noch im Vorstand und Präsidium des CDU-Wirtschaftsrats sitzt: STIHL, Miele,… Mehr

Bettina-di-Monaco
3 Monate her

Josef Kraus hat ja in diesem Beitrag die Vermutung geäußert und auch begründet, warum er glaubt, dass die Werbeagentur, die die Anzeige geschaltet hat, nicht die gleiche ist, wie die, die normalerweise Edeka-Werbung macht.
Ich finde, es wäre eine schöne Aufgabe für investigative Journalisten, herauszufinden, wer die Anzeigen bezahlt hat. Wenn das die Partei des CEOs von Edeka war (nämlich die CDU), dann wäre das ein Skandal, der selbst in der an Skandalen reichen aktuellen Zeit, seines Gleichen suchen würde.

Fred Katz
3 Monate her
Antworten an  Bettina-di-Monaco

Der Mann von der Werbeagentur ist einfach nur farbenblind und hat das von einer KI im Gästeklo generieren lassen….

Robert Tiel
3 Monate her

Mich stört an der „Vielfalt“, dass sie immer Menschen anderer Ideen und Gedanken als die der aktuell Geld verteilenden Regierung ausschließt.
Das ist Einfalt.

Alan Smithee
3 Monate her

Ich habe bereits gestern an Edeka eine E-Mail mit nachfolgendem Wortlaut geschrieben, worauf ich natürlich keine Antwort erhalten habe und auch nicht erwarte: „Sehr geehrte Damen und Herren, ich muss sagen, Ihr Supermarkt hat wirklich neue Maßstäbe gesetzt! Da geht man nichtsahnend in den Laden, um ein paar Kleinigkeiten zu besorgen, und plötzlich wird man nicht nur mit Angeboten, sondern auch gleich mit politischer Nachhilfe versorgt. Butter, Milch und noch ein kleiner Tipp, welche Partei man lieber nicht wählen sollte – alles schön kompakt im Flyer serviert. Da kann man nur staunen: Der erste Supermarkt, der neben Lebensmitteln auch noch… Mehr

Waehler 21
3 Monate her

Die Politisierung der Gesellschaft bis in den Kindergarten ist eben kein Anzeichen von Vielfalt, sondern ist ein Werkzeug totalitärer Staaten. Wer zum Beispiel denkt, dass die Bundesbahn gerne mit grünem Strom fährt oder die Post mit Stromautos, der irrt. Das sind Konzerne mit Staatsbeteiligung und die Manager sind nicht wegen ihrer Befähigung ausgesucht worden, sondern wegen ihrer Haltung.
Kommen wir mal zu EDEKA. Niemand weiß, was diesen Managern versprochen wurde, wie diese Leute angefüttert wurden.

HRR
3 Monate her

Die AfD wird als „größte Bedrohung einer vielfältigen Gesellschaft“ bezeichnet.“

Man glaubt es nicht! Es scheint im Land der Mitläufer (historisch gesehen) wieder Mode zu werden, dass bekannte Konzerne sich als beflissene Erfüllungsgehilfen der Regierung outen.
Es bleibt zu hoffen, dass noch mehr Marktbetreiber des Konzerns das undemokratische Verhalten des Konzerns in Frage stellen. Denn: Die Demokratie lebt von der Vielfalt der in ihr vertretenen politischen Meinungen (Gegensatz: autoritärer oder totalitärer Staat). Und nicht von der Einfalt gewisser einflussreicher Wirtschaftskreise.

Ein Mensch
3 Monate her

Ist es Zufall das sich nur edeka Betreiber aus dem Osten davon distanzieren oder einfach nur eine kleine Auswahl? Denen ist das Hemd dann vlt. doch noch näher als die Hose und sie versuchen jetzt noch etwas zu retten. Bei den woken Wessis scheint das an übelste deutsche Geschichte erinnernde Vorgehen jedenfalls keine Zweifel zu nähren. Womit auch hier, wie bei den Impfungen, der Unterschied zw. Ost und West deutlich zu Tage tritt. Da aber im Westen auch sehr viele AfD Wähler leben, von der reinen Anzahl her mehr als im Osten, dürften auch die Regenbogen-Fans hier ihr kleines Waterloo… Mehr

verblichene Rose
3 Monate her
Antworten an  Ein Mensch

Hallo Mensch.
Ich habe mir damals selber versprochen, dass ich niemals einen Fuß in die damalige „DDR“ setze, wenn nicht zuvor die Grenze gefallen ist.
Als Ü-Sechzig hatte ich es dann also „geschafft“.
Und stellen Sie sich vor, ich traf ENDLICH auf Leute, die ganz offensichtlich MENSCH geblieben sind.
Und das war für mich tatsächlich im wahrsten Worte ernüchternd.
HERZLICHE Leute, keine Spur davon, dass man entbehrt hatte und dann auch noch so manche Dialekte, die mir immer noch eine Gänsehaut verpassen.
Können wir uns daher darauf einigen, dass nicht alle aus dem „Westen“ Arschgeigen sind?

Johny
3 Monate her

Die FAZ ist inzwischen genauso verstrahlt wie die TAZ, die unterscheidet nur ein Buchstabe.

Lucius de Geer
3 Monate her
Antworten an  Johny

Das ist schon lange der Fall – spätestens mit der Übernahme der linken Frankfurter Rundschau musste das jedem Leser klar sein. Im Feuilleton bekamen nach der Neuausrichtung unter Schirrmacher sogar bekennende Kommunisten Freiraum. Mein Abo habe ich bereits vor fast 20 Jahren gekündigt. Gegen FAZ-Online ist selbst Spiegel-Online beinahe bürgerlich.

Julischka
3 Monate her

„Wir lieben Lebensmittel“! Ich auch, besonders Zwetschgen, Heidelbeeren und die Trauben, in blau! Blau blüht der Enzian und der Himmel in Bayern….! WIE kann man eigentlich soooo dämlich sein? Vielleicht erlebt ihr demnächst euer blaues Wunder! Es könnte am Sonntag schon soweit sein!?

Fatmah
3 Monate her

Im momentan üblichen Bild unserer weisungsgebundenen Justiz ein Tatbestand der Volksverhetzung, zumindest wenn es gegen die Grünen gerichtet gewesen wäre. Hausdurchsuchung beim Vorstand und Schauprozess, wäre Herr Höcke daran beteiligt.