Weniger Staat! Signale aus dem Sommerloch

So, wie es in der Ampel läuft, muss man sich ohnehin ernsthaft fragen, ob es ein Kanzleramt noch braucht. Dazu müsste ja erst einmal der Kanzler seine Richtlinienkompetenz nutzen können/dürfen/wollen. Satire im Sommerloch? Wenn es wenigstens zum Lachen wäre. Mehr „Afuera!“ wagen.

Ein Sommerloch ist in der Politik das, was ganz früher einmal Saure-Gurken-Zeit genannt wurde. Inzwischen haben aber die Regierenden nicht mehr alle Gurken im Glas. Und sauer sind nur noch die Bürger. Aber, Bürger! Hört die Signale.

I.

Alle, die es schwer haben, Gehör zu finden (Hinterbänkler, Außenseiter, Phantasten, politische Geisterfahrer, Verlorene und die FDP), machen nun Vorschläge – und werden mangels anderer Geräusche gehört, gedruckt und diskutiert. Denn Zeitungen und Sendungen müssen jeden Tag voll werden. Meistens sind die Forderungen leicht durchschaubar. Sie werden geäußert, gerade weil keine Chance besteht, sie umzusetzen. Das macht sie absolut risikofrei. Für kurze Zeit schaffen sie Aufmerksamkeit, dann verschwinden sie sang- und klanglos im Bermudadreieck der Realität. Das gilt auch für den Vorschlag aus den Reihen der FDP, das Ministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung abzuschaffen. Leider sind es nur Wahlkampfsprüche. Weniger fordern, mehr durchsetzen, wäre besser. Aber prinzipiell ist die Idee nicht verkehrt. Sie geht nur nicht weit genug.

II.

Die Abschaffung des Ministeriums wäre aus mehreren Gründen zu begrüßen. Erstens, weil es in den vergangenen Jahren degeneriert ist zu einem postkolonialen Schuldministerium. Nur, dass in den produzierten Säcken nicht Asche herum geschleppt wird – na ja, eben doch auch Asche in Form von Geld. Die Verteidiger des Ministeriums argumentieren mit deutschem Kolonialismus und Völkermord. Es ist absurd, Wirtschaftshilfe als eine Art Buße zu betrachten statt als das, als so, wie sie überall sonst auf der Welt verstanden wird: als Interessenpolitik. Also auch und vor allem als Teil der Außenpolitik. Schon deshalb sollte die Entwicklungshilfe komplett vom Auswärtigen Amt organisiert werden. Das Ministerium ist ideologisch versaut, gleich in doppelter Hinsicht.

Zweitens also: Entwicklungshilfe ist fast vollständig ein Hilfsorgan der Klimapolitik geworden. Radwege in Peru und betrügerische Projekte in China belegen den Irrsinn. Drittens hat Entwicklungshilfe in der Vergangenheit Entwicklung eher verhindert. Das Konzept funktioniert nicht. Es gilt, Marktkräfte zu befreien, nicht Abhängigkeit zu erzeugen. Viertens: Die anderen EU-Staaten haben auch kein eigenes Entwicklungshilfeministerium, und niemand kommt dort auf die Idee, eines zu schaffen. Fünftens: Wer mit der Straffung des Beamtenapparats anfangen will, muss ganz oben anfangen. Weniger Häuptlinge, weniger überflüssige Posten, nicht nur bei der Entwicklungshilfe, aber auch dort. Auch wenn viele schöne Dienstreisen in exotische Länder damit leider wegfallen. Sechstens: Bei der Entwicklungshilfe wurde der Etat schon gekürzt, aber das kann nur der Anfang sein.

III.

Doch wenn wir schon beim Zusammenlegen von Ministerien sind, dann böten sich noch ganz andere Möglichkeiten an. Das Umweltministerium und das ihm angeschlossene Bundesumweltamt ist eine Kaderschmiede der großen Transformation – also der Deindustrialisierung und bürokratischen Gängelung der Bevölkerung. Es kann nicht weg, es muss weg. Was von vernünftigem Umweltschutz bleibt, ist Wirtschaftspolitik. Zum Wirtschaftsministerium sollte auch das Bauministerium geschlagen werden. Es hat seinen Zweck nicht nur vollkommen verfehlt, sondern die Wohnungskrise erheblich gesteigert. Auch die Landwirtschaft ist ein – relativ kleiner – Sektor der Wirtschaft, der Überwiegend in Brüssel gesteuert wird. Planwirtschaft für Bauern, Ernährungsregeln für Bürger: Beides kann ersatzlos weg.

In besseren Zeiten der Bonner Republik waren öfters Wirtschafts- und Finanzministerium unter einem Dach vereint – nicht zum Schaden der deutschen Wirtschaft, denn ausgeben kann der Staat nur, was vorher erwirtschaftet wurde. Vom Familien-, Frauen- und Gedönsministerium, einem feministischen Selbstbedienungsladen, müssen wir nicht länger sprechen – es sollte zum Sozialministerium geschlagen werden. Gegen die Bildungskatastrophe und die Einschränkung der Wissenschaftsfreiheit hilft kein Bildungs- und Forschungsministerium. Und wenn dann noch mit der Entbürokratisierung ernst gemacht würde, könnte auch die Hälfte des Justizministeriums entlassen werden. Alles zusammen wäre ein großer Schritt hin zu weniger Staat.

IV.

Dann könnte auch das Kanzleramt viele seiner aufgeblasenen Spiegelreferate dicht machen und bräuchte keinen milliardenteuren Anbau. So, wie es in der Ampel läuft, muss man sich ohnehin ernsthaft fragen, ob es ein Kanzleramt noch braucht. Dazu müsste ja erst einmal der Kanzler seine Richtlinienkompetenz nutzen können/dürfen/wollen. Satire im Sommerloch? Wenn es wenigstens zum Lachen wäre.


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Kommentare ( 28 )

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WandererX1
3 Monate her

Scholz ahmt ja offiziell Merkel nach (sie ist sein Vorbild): sanft moderieren, um nicht seine Kader- Frauen zu verärgern. Dieser Mann ist ohnehin ein Kanzler zu der Politfrauen Gnaden. Im alten Stil würden die Polit- Feministinnen heute nemanden überleben lassen – so wurden die Männer zögerlich und verklemmt. Nur ein bestimmter Typus Mann hat heute eine Chance, sich gegen die meist stark fantasielose Rigorosität der Politfrauen zu halten; siehe noch krasser Wüst oder Günther. einer redet weicher daher als der andere. Selbst solch Typen wie Söder fressen doch im Vergleich zu den früheren CSU- Politikern allzu oft Kreide – und… Mehr

K.Behrens
3 Monate her

Das waren noch Zeiten, in 2017 dauerte es fast 6 Monate, bis die neue Regierung stand. Es waren mit die besten sechs Monate ohne gravierende Einschnitte, das staatliche Personal war nur geschäftsführend und konnte keine gravierenden Schritte in Richtung Kontrolle/Planwirtschaft unternehmen. Meiner Ansicht nach wissen die heutigen Wähler kaum über den aufgeblähten Apparat an neu installierten Ministerien auf dem Weg ins Zeitalter der Postkutsche samt Import von Fachkräften auf dem geistigen Stand religiösen Wahns zu Zeiten der Inquisition. Oder mit den Worten eines etwas weniger erfolgreichen Kinderbuchautors als Chef aus dem Ministerium für Wirtschaft und Klima: «boah, wie soll ich… Mehr

Peter Gramm
3 Monate her

Der deutsche Bürokraten und Beamtenstaat wurde in Zeiten des Wachstums und der wirtschaftlichen Prosperität etabliert. Heute, im wirtschaftlichen Niedergang können wir uns dieses Konstrukt nicht mehr leisten. Zu allerletzt werden dies die von diesem System lebenden Günstlinge ändern. Ein Großteil dieser Leute kam in der freien Wirtschaft ja nie zurecht. Der Steuerzahler alimentiert sie mangels eigener Expertise.

J. Braun
3 Monate her

Ein echter Sommerlochbeitrag, der dazu nicht weit genug gesprungen ist. Wer wissen will, welche Ministerien es vielleicht braucht, kann das bei Markus Krall nachlesen. Er hat seine Aussagen aber längst vor dem Sommer getroffen. Und zu den wichtigsten Ministerien, die abgeschafft werden können, zählt er das Finanzministerium. Und das ist ganz einfach möglich, wenn die diversen Erziehungssteuern und die Abzockabgaben sowie die extrem teure Einkommenssteuer abgeschafft und der Staat aus einer massiv reduzierten Endverbrauchssteuer (vormals Umsatzsteuer) sich finanzieren muß. Ausnahmslos alle anderen Steuern können weg. Und für was benötigten wir ein Pharmaunternehmenversorgungsministerium? Kann weg. Und ein Sozialministerium zur Versorgung von… Mehr

ramses82
3 Monate her

„Schon deshalb sollte die Entwicklungshilfe komplett vom Auswärtigen Amt organisiert werden. Das Ministerium ist ideologisch versaut, gleich in doppelter Hinsicht.“
Tolle Idee: Svenja Schulze übergibt an Annalena Baerbock.
Da wird der Bock zum Gärtner gemacht.

Martin Mueller
3 Monate her
Antworten an  ramses82

33 Milliarden Euro Entwicklungshilfe jedes Jahr, das ist Irrsinn! Und hier fehlt an jeder Ecke Geld für die Infrastruktur…

honky tonk
3 Monate her

Wenn der Staat ankündigt sich zu verschlanken dann wird erstmal ein neues Ministerium gegründet.

Johann Thiel
3 Monate her

Ausgezeichnete Idee das einmal zu thematisieren. Jetzt wäre da die Frage mit wem man darüber diskutieren könnte. Mit den Altparteien als Verursacher des Problems ist es hoffnungslos. Aber wie denkt denn z.B. die AfD darüber? Nein, nein, der Herr Herles soll jetzt nicht gleich den Herrn Höcke interviewen. Aber die Sahra Wagenknecht, die könnte er doch mal fragen, was sie davon hält. Den wirklich guten Gedanken ein wenig in die politische Auseinandersetzung tragen, das wäre doch was. Mir wäre zwar Alice Weidel lieber, aber das wird wohl nichts. Mit Sahra Wagenknecht aber, da könnte man eventuell auch Herrn Mai fragen.… Mehr

P.Schoeffel
3 Monate her

Ein sehr schöner Vorschlag, dem ich mich anschließe. Und noch ein bißchen weiter treiben würde:
Mehr als 5 Ministerien braucht kein Mensch: Äußeres, Inneres, Verteidigung, Justiz, Finanzen.
Alles andere kann der Souverän alleine viel besser.
Nebenbei: Wirtschaft funktioniert am besten, wenn man sie in Ruhe läßt – also auch kein Ministerium und keine Subventionen.
Das würde den Staatshaushalt schlagartig auf 10% seines heutigen Umfangs reduzieren. Die Abgabenlast ebenfalls. Wir wären morgen alle reich.

Waldschrat
3 Monate her
Antworten an  P.Schoeffel

Man kann auch das Verteidigungsministerium abschaffen. Das, was dort geleistet wird, kann auch eine Heeresführung leisten, die zudem aus Fachleuten und ausgebildeten Soldaten besteht, die wissen, was sie wo brauchen. Abgesehen davon, vor wem sollen wir uns verteidigen und vor allem mit dieser Armee??

Retlapsneklow
3 Monate her

Wenn in Parlament und Ministerien viele Politiker sitzen, werden dafür zuerst die besseren, danach die schlechteren genommen. (Anm.: „besser“ muss nicht „gut genug“ heißen.)

Das heißt, mit der Mengenzunahme der Politiker sinkt der durchschnittliche Intelligenzquotient des ganzen Betriebs.

verblichene Rose
3 Monate her

Um Himmels Willen!
Dann gäbe es ja viel zu wenig Parkplätze für ausgediente/abgewählte Mitläufer des Altparteienkartells.
Und die wollen Sie doch nicht ernsthaft auf die Menschheit loslassen und was zum Teufel sollen die in der sog. Freien Wirtschaft überhaupt anstellen?
Ich meine, wir haben einen Fachkräftemangel! Meistens dort, wo man noch mit seiner Hände Arbeit Geld verdient.
Oder sollen die frei Gestellten gar nicht frei gestellt sein, sondern in den dann folgenden „Superbehörden“ untergebracht werden?
Tja, dann gilt nur noch Faust: „Da steh ich nun, ich armer Tor! Und bin so klug als wie zuvor!“