Niedersachsen und Gewerkschaft der Polizei wollen bei Täternationalität nicht umdenken

Die Nationalitätennennung von Tatverdächtigen sei nicht "sachgerecht" kritisiert die niedersächsische Innenministerin Behrens. Ein Berliner Staatssekretär spricht gar von "Rechtspopulismus". Und auch die Gewerkschaft der Polizei macht Front gegen den Vorstoß.

picture alliance/dpa | Moritz Frankenberg

Nach der Entscheidung von Nordrhein-Westfalens CDU-Innenminister Herbert Reul, künftig in Polizeimitteilungen grundsätzlich die Nationalität von Tatverdächtigen zu nennen, stellen sich andere Bundesländer in der Angelegenheit weiter quer: Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens erklärte am Dienstag im NDR, das Vorgehen im Nachbarland sei „nicht sachgerecht“. Es sei „weder für das Opfer noch für die Aufklärung von Bedeutung, woher dieser Mensch (der Täter) kommt“.

Kriminalität hänge „halt nicht von der Staatsangehörigkeit ab“, sondern etwa von Lebensumständen. Die Sozialdemokratin kritisierte weiter, es gebe „extremistische Kräfte, die Unruhe schüren wollen auf Kosten von Minderheiten und die so tun wollen, als hätten wir ein Problem mit nichtdeutschen Bürgern allgemein“.

Gleichzeitig verwies die Ministerin darauf, dass die jährlich veröffentlichte Polizeiliche Kriminalstatistik in Niedersachsen – genau wie im Bund – sehr wohl bereits die Nationalität von Straftätern ausweist. Tatsächlich teilte das niedersächsische Landeskriminalamt im März etwa mit, dass 41 Prozent der Messerangriffe im Land mit nichtdeutschen Tatverdächtigen in Verbindung gebracht würden.

Widersprüchliche Argumentation

Mit dem Hinweis darauf wollte sich die SPD-Politikerin gegen den Eindruck wehren, „als würden wir nicht alles offenlegen“. Gleichzeitig verstrickte sich Behrens so aber in Widersprüche. Ihr Argument gegen die Nennung der Nationalität in den Pressemeldungen (Kriminalität hänge nicht von der Staatsangehörigkeit ab), müsste natürlich konsequenterweise auch dann noch gelten, wenn man die Nationalität – so wie von Behrens verteidigt – in der jährlichen Statistik ausweist.

Behrens kritisierte das Vorgehen Nordrhein-Westfalens zudem im Hinblick darauf, dass in den Pressemitteilungen ja zunächst auch nur von Tatverdächtigen die Rede sei, die aber womöglich am Ende gar keine Täter seien. Diese Argumentation ist ebenfalls nicht völlig konsistent: Auch die Polizeiliche Kriminalstatistik weist nämlich keine verurteilten Straftäter, sondern Tatverdächtige aus – wenn auch erst nach Abschluss der polizeilichen Ermittlungen, also im Zweifel etwas später als die ersten polizeilichen Pressemitteilungen.

Auch Bayern weist Nationalitäten nicht grundsätzlich aus

Niedersachsen ist nicht das einzige Land, das bislang bei seiner Haltung bleibt. Bereits in der vergangenen Woche hatte etwa der SWR berichtet, dass das Innenministerium von Rheinland-Pfalz ebenfalls keine Änderung seiner Praxis anstrebt: „Gibt es gezielte Nachfragen der Presse in der Pressestelle eines Präsidiums, entscheiden die Kolleginnen und Kollegen in den Präsidien im Einzelfall, ob die Nationalität auf die gezielte Nachfrage hin genannt werden kann“, hieß es demnach auf Anfrage.

Dies entspricht auch der Richtlinie des Presserats, der als Grundregel festgelegt hat, dass etwa die ethnische oder religiöse Zugehörigkeit von Strafverdächtigen nicht erwähnt werden soll – „es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse“. Eine Abwägung im Einzelfall also. Auch viele Politiker berufen sich auf diese Leitlinie.

Insgesamt ergibt sich laut dem Evangelischen Pressedienst derzeit ein uneinheitliches Bild: In Sachsen etwa werden die Nationalitäten der Tatverdächtigen schon länger in den Polizeimeldungen ausgewiesen; selbiges gilt laut epd für Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Anders sieht es zum Beispiel in Hessen aus, wo sich CDU-Ministerpräsident Boris Rhein gerne als konservativer Macher inszeniert. Und auch im ewig CSU-regierten Bayern von Markus Söder gibt es keine Richtlinie, laut der die Polizei die Nationalität von Tatverdächtigen grundsätzlich zu nennen hätte.

„Rechtspopulistisch“

Vor allem auf der politischen Linken ist kein Umdenken ersichtlich: Kritik an der NRW-Entscheidung und dem Vorstoß des FDP-Generalsekretärs Bijan Djir-Sarai, eine bundeseinheitliche Regelung in diese Richtung zu treffen, gibt es nämlich bislang vor allem aus SPD und Grünen. So erklärte etwa Aziz Bozkurt, SPD-Staatssekretär in Berlin, Djir-Sarai blase „in das rechtspopulistische Horn“.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GDP), die anders als die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) traditionell eher Grünen und SPD nahesteht, sprach sich gegen die grundsätzliche Nennung von Tatverdächtigen aus. Im NDR sagte Niedersachsens GDP-Chef Kevin Komolka: „Es gibt sicherlich die Gefahr, dass einzelne Bevölkerungsgruppen durch das Mitteilen der Nationalität stigmatisiert werden und man den Eindruck gewinnen könnte, dass eine bestimmte Nationalität mehr Straftaten begeht als die andere.“

Frage nach Täterhintergrund berührt politische Verantwortung

Letzteres aber ist kein Eindruck, sondern ein Fakt, egal ob nun Deutsche oder eine andere Nationalität in einem bestimmten Phänomenbereich häufiger straftätig werden. Was Komolka wohl meinte: Der Eindruck, allein die Nationalität führe gewissermaßen zwangsläufig zu bestimmten Straftaten, sei gefährlich. Es ist ein Argument, was vielfach zu hören ist. In schärferer Form trug es Kai Weber vom Flüchtlingsrat Niedersachsen im NDR vor, der eine angeblich „Reduzierung auf das Merkmal Staatsangehörigkeit“ für „strukturell rassistisch“ erklärte.

Nur geht es ja überhaupt nicht darum, Taten auf Nationalitäten zu reduzieren. In Wirklichkeit basieren Argumentationen wie die Webers wohl nicht selten auf der Grundannahme, dass es sowieso von vornherein rassistisch ist, zwischen Staatsangehörigen und Ausländern zu differenzieren, in welchem Kontext auch immer. Das aber ist falsch: Natürlich ist ein Straftäter aus moralischer Sicht nicht schlimmer oder weniger schlimm, weil er Deutscher oder Ausländer ist.

Entscheidend ist aber: Ein ausländischer Straftäter hätte im Zweifel nicht im Land sein und die Tat womöglich nicht stattfinden müssen. Insofern berührt die Frage nach der Nationalität von Tätern unmittelbar die Frage nach politischen Verantwortlichkeiten ((un-)kontrollierte Einwanderung). Anders etwa als die standardmäßige (aber in keinster Weise umstrittene) Nennung des Alters der jeweiligen Täter. Vielleicht ist das der eigentliche Grund, warum einige Politiker bei der Nennung von Täternationalitäten schnell auf die Barrikaden gehen.

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Kommentare ( 35 )

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verblichene Rose
3 Monate her

„Kriminalität hänge „halt nicht von der Staatsangehörigkeit ab“, sondern etwa von Lebensumständen.“ 

Aha! Und warum redet man bei den Kritikern der momentanen Politik dann schlagartig von Nazis?
Darf man das dann überhaupt, ohne „sachdienliche“ Hinweise auf die Person des Kritikers?


ramses82
3 Monate her

Habe gerade folgenden Brief an die Deutsche Polizeigewerkschaft geschriebenben:Sehr geehrte Damen und Herren, ich lese gerade, dass die Landesregierung von Niedersachsen und die Gewerkschaft der Polizei bei der Nationalitätennennung nicht umdenken wollen, im Gegensatz zu NRW. Bei den Regierenden kann ich das ja noch verstehen: von den Roten und Grünen kann man bei deren Zuwanderungs-Affinität nichts anderes erwarten. Dass aber die Polizeigewerkschaft unter ihrem Vorsitzenden Rainer Wendt da mitspielt, ist mir völlig schleierhaft. Ich erlebe Herrn Wendt seit Jahren als kritischen Begleiter des Migrationsgeschehens. Mit der Nichtnennung der Nationalität der Täter spielt die DPolG exakt in die Karten der Verantwortlichen… Mehr

andreas donath
3 Monate her
Antworten an  ramses82

Na ja, Wendt hat ja unlängst nach dem Attentat auf Stürzenberger gezeigt, auf welcher Seite er steht. Ein CDUler halt, der ab und zu publikumswirksam „rechts“ blinken darf.

HansKarl70
3 Monate her

Wie kann eine Altersangaben einfach übernehmen, die nur vom Täter stammt und eine aussagekräftige Verifizierung dieser Angaben in vielen Fällen gar nicht möglich ist, da ein amtlicher Ausweis angeblich nicht mehr vorhanden ist.

Wilhelm Rommel
3 Monate her

Niedersachsen – ist das nicht jenes linksgrün verseuchte Sumpfgebiet, in dem u.a. die Clankriminalität inzwischen selbst auf Kreisstädte übergegriffen hat und wo lt. landeseigener Polizeilicher Kriminalstatistik (Stand: 2023) die einschlägigen Fallzahlen in ungeahnte Höhen schießen? Lohnend auch ein Blick auf die eher verschämt beschriebene Entwicklung in der Landeshauptstadt (https://www.presseportal.de/blaulicht/pm/66841/5812925) mit den wie üblich warm empfohlenen ‚Streicheleinheiten‘ für die Racker aller Couleur. Nun ja, wenn die gesetz- und ordnungshütenden Kräfte gebunden sind durch die scharfe Maßregelung ‚pööhser‘ junger Leute, die angesüffelt auf Zeltfesten die falschen Lieder singen, verstehe ich mangelnde Effektivität im Rahmen ernsthafter Polizeiarbeit… Wie sagte Otto Reutter einst so… Mehr

Last edited 3 Monate her by Wilhelm Rommel
Jens Frisch
3 Monate her

Als Kölner weiß ich, was unser NRW Innenminister damit meint:
Es soll schneller, viel schneller eingebürgert werden – bald haben dann 90% der Täter die deutsche „Nationalität“.

Buck Fiden
3 Monate her

Sollen sie doch machen, was sie wollen. Die offiziellen Statistiken oder Jahresberichte der Polizei sind eindeutig: nahezu 50% aller Gewalt- oder Tötungsdelikte gehen auf das Konto von Personen mit Migrationshintergrund. Die sind halt so. Die machen das, das muss man verstehen. Und das sind alles Einzelfälle, bei mindestens 51% von 50% war der Täter traumatisiert oder befand sich in einem psychischen Ausnahmezustand. Leider konnte man die Tat nicht verhindern, da alle Präventionstherapieplätze, also Delphine streicheln & co, leider ausgebucht waren. Da hat die Gesellschaft schuld, gibt halt nicht genug Delphine für alle. Tatsache ist: Viele Opfer wären noch am Leben,… Mehr

HansKarl70
3 Monate her
Antworten an  Buck Fiden

Es gibt jede Menge Gründe warum viele Opfer noch leben könnten z.B. wenn sie nicht so einfältig und naiv gewesen wären, was wiederum eine Erziehungsfrage und somit ein gesamt Gesellschaftliches Problem ist. Das soll jetzt nicht heißen, das ich Mord und Totschlag befürworten würde aber misstrauisch sein, ist ein wichtiger Punkt in der Erziehung.

Zonen-Gaby
3 Monate her

Wie will ich als Wähler die Gesichtspunkte Integration und Zuwanderung beurteilen, wenn ich nicht erfahre, dass Ausländer überproportional an Straftaten beteiligt sind? Selbstverständlich ist die Nationalität der Straftäter zu nennen, schon aus Gründen der Transparenz. Deutsche Straftäter muss ich im Land dulden, ausländische Straftäter theoretisch nicht. Darüber hinaus kann das Argument der Linken und Grünen für alle Merkmale gelten. Weshalb sollte die Polizei das Geschlecht, das Alter oder den Tatort nennen? Straftaten können überall passieren, Männer können die gleichen Straftaten begehen wie Frauen und Rentner können die gleiche Sparkasse überfallen wie Jugendliche, aber die Nationalität soll als einziges Merkmal unwichtig… Mehr

ramses82
3 Monate her

 „es gebe „extremistische Kräfte, die Unruhe schüren wollen auf Kosten von Minderheiten und die so tun wollen, als hätten wir ein Problem mit nichtdeutschen Bürgern allgemein“. Das ist typisch für die Politikergilde. Die leben in ihrer abgeschirmten Blase und haben keine Ahnung, was da draußen abgeht. Natürlich haben wir ein P<roblem mit „nichtdeutschen Bürgern“, ein Blick in die polizeiliche Kriminalstatistik genügt. Im übrigen halte ich den Begriff „Bürger“ für Menschen, die hier Schutz suchen und sich dann aufführen wie die Axt im Walde, für deplaziert. Immer wieder werden diese Dinge heruntergespielt, mit den Lebensumständen der Straftäter begründet. Dass die Niedersächsische… Mehr

ramses82
3 Monate her

 „es gebe „extremistische Kräfte, die Unruhe schüren wollen auf Kosten von Minderheiten und die so tun wollen, als hätten wir ein Problem mit nichtdeutschen Bürgern allgemein“. Das ist typisch für die Politikergilde. Die leben in ihrer abgeschirmten Blase und haben keine Ahnung, was da draußen abgeht. Natürlich haben wir ein P<roblem mit „nichtdeutschen Bürgern“, ein Blick in die polizeiliche Kriminalstatistik genügt. Im übrigen halte ich den Begriff „Bürger“ für Menschen, die hier Schutz suchen und sich dann aufführen wie die Axt im Walde, für deplaziert. Immer wieder werden diese Dinge heruntergespielt, mit den Lebensumständen der Straftäter begründet. Wie lange lassen… Mehr

Sozialer Demokrat
3 Monate her

Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens erklärte am Dienstag im NDR, das Vorgehen im Nachbarland sei „nicht sachgerecht“. Es sei „weder für das Opfer noch für die Aufklärung von Bedeutung, woher dieser Mensch (der Täter) kommt“.

Es ist für die Verhinderung von Opfern von Bedeutung.

Und genau darauf kommt es an.