Eigentlich sollte es beim Nato-Gipfel um die Ukraine und die Zukunft des Bündnisses gehen. Doch der Zustand des US-Präsidenten überschattet die Konferenz. Unterschwellig schwingt die Furcht mit, dass Biden unfreiwilliges Symbol des Nato-Zustands geworden ist.
Über dem 75. Jubiläum der Nato liegt ein doppelter Schatten. Der eine gehört Joe Biden. Weltweit sehen Medien den Auftritt des US-Präsidenten vor der Pressekonferenz als Gesundheitstest an. Einige mögen in seiner Verfasstheit auch einen Zustand des westlichen Bündnisses erkennen. Er ist sechseinhalb Jahre älter als die Nato selbst. Und die Sorge, wie es in Zukunft weitergeht, treibt nicht nur transatlantisch gesinnte Journalisten um.
Der zweite Schatten gehört Donald Trump. Er ist auf dem Nato-Gipfel nicht anwesend, aber doch präsent. Die Tagesschau – aber nicht nur sie – fürchtet eine Schwächung der Nato, sollte der New Yorker ins Weiße Haus zurückkehren. Wer sich nicht an die Regeln hält und zahlt, soll nicht mehr verteidigt werden. Der wohlige Verteidigungsschirm wird zur Last, wenn man nicht mehr umsonst von ihm beschützt wird.
Insofern laufen sich insbesondere die öffentlich-rechtlichen Medien warm: Die USA könnten bei einem russischen Angriff Europa nicht mehr verteidigen. Die Ukraine-Hilfen würden gestoppt. Ohne US-Hilfe würde das ganze Bündnis scheitern. Zudem würde Trump die Ukraine an Russland ausliefern. Sogar über einen Austritt aus der Nato wird da spekuliert. Biden wird als Gegenbild hervorgehoben: er habe nach dem Angriff Moskaus den Beistand Washington zu den Europäern beschworen, Gegenwehr angekündigt, die Reihen geschlossen.
Zur Wahrheit gehört allerdings: ohne die Schwäche der USA, die man auch in einer Andropow-Gestalt wie Biden verkörpert sieht, hätte es diesen Krieg nicht gegeben. Der von Trump geplante, aber von Biden desaströs durchgeführte Abzug aus Afghanistan hat nicht nur Russland ermutigt. Er hat den gesamten Westen als dekadente Zivilisation entblößt. Die Bilder kursierten um den Globus und weckten Erinnerungen an die hastige Flucht aus Saigon. Dazu brauchte es nicht Trump. Das haben Biden und sein Team ganz alleine geschafft.
Während sich im Westen langsam die Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des amtierenden Präsidenten als allgemeine Kenntnis durchsetzen, waren sie früher nicht nur in vermeintlich verschwörungstheoretischen Kreisen, sondern auch im außerwestlichen Ausland Thema. Es schwingt also viel ungewollte Symbolik mit, wenn ausgerechnet ein greiser US-Präsident, dessen politische Zukunft unklar ist, in den Geburtsort des Bündnisses lädt.
Doch auch auf europäischer Seite gibt es Veränderungen. In Frankreich, wo Staatspräsident Emmanuel Macron noch kürzlich anregte, Bodentruppen in die Ukraine zu entsenden, dominieren anti-amerikanische Parteien mehr denn je das Parlament; sollte es tatsächlich zu einer Zusammenarbeit mit den Linksradikalen kommen, wird sich der Ton ändern. Und Viktor Orbán, der den Ausgleich mit Kiew, Moskau und Peking sucht, tastet auf seiner Grand Tour die Stationen ab, ob doch nicht Verhandlungen möglichen seien. Er ist, wie Boris Kálnoky beschreibt, zum Gesicht der Europäischen Union avanciert. Die Linken und Grünen mögen schäumen, aber seine Auftritte werden als substanzieller wahrgenommen als das, was bisherige Hohe Vertreter der EU geleistet haben. Und es erscheint naheliegend, dass Orbán als inoffizieller Nato-Unterhändler Optionen austariert, die die Verantwortlichen in der festgefahrenen Ukraine-Situation offiziell nicht wagen.
Orbáns Spruch, China besitze einen Friedensplan, die USA eine Kriegspolitik, und Europa kopiere lediglich das US-Konzept, wird auch auf dem Gipfel mitschwingen. Denn der ungarische Premier fliegt aus Peking direkt nach Washington, um auch dort auf Tuchfühlung zu gehen. Er wird dort eine Minderheitenposition vertreten – die Mehrheit der Nato-Staaten fordert weiterhin Waffen und Munition für den Ukraine-Krieg. NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte, die 32 Mitgliedsländer des Bündnisses hätten seit Kriegsbeginn jedes Jahr rund 40 Milliarden Euro für militärische Ausrüstung für die Ukraine ausgegeben und dies sollte für die Zukunft „ein Mindestgrundsatz“ sein.
Wolodymyr Selenskyj, der Präsident der Ukraine, wird dort sein – mit dem Anspruch, sein Land endlich ins westliche Militärbündnis zu führen. Mit Sicherheit besitzt er einige Unterstützer. Nach außen hin wird dem Land die Mitgliedschaft in Aussicht gestellt. Allerdings kann ein Land im Kriegszustand nicht der Nato beitreten. Das ist eine der vielen Voraussetzungen, die es zu erfüllen gilt. Bereits 2023 hatte man Kiew in Vilnius zu verstehen gegeben, dass die Nato die Mitgliedschaft als verfrüht ansieht. Der Weg mag „unumkehrbar“ sein, aber wie lange dieser Weg ist, will keiner kommentieren.
Fragt sich zuletzt, was es bei dieser unüberschaubaren Gemengelage zu feiern gibt? Die Nato hat den Warschauer Pakt nicht besiegt, er ist in sich zusammengestürzt. Das Afghanistan-Abenteuer, das sie ab 2001 ausführte, muss man als genauso desaströs wie das britische Unterfangen im „Great Game“ bewerten. Bleibt eine „Wertegemeinschaft“, die heute aus Demokratien in Auflösung besteht.
Freilich behält das Militärbündnis seine wichtigste Funktion, die Amerikaner drinnen, die Russen draußen und die Deutschen am Boden zu halten (Lord Ismay). Ein Zukunftskonzept sucht die Nato seit dem Fall des Eisernen Vorhangs jedoch immer noch fieberhaft. Auch deswegen ist Trump ein Problem: Er denkt wie Orbán außerhalb der traditionellen Nato-Box. Das mag man bewerten, wie man will. Aber ohne Veränderung läuft das Bündnis Gefahr, beim 80. Jubiläum seinem jetzigen Gastgeber ähnlicher zu sein, als man es zugeben will.
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Auf der Pressekonferenz zum Abschluss des Nato-Gipfels in Washington äußerste sich der Kanzler auch zur Frage einer deutschen Führungsrolle innerhalb Europas. Deutschland sei schließlich das größte Land Europas in der Nato. Der Kanzler schlussfolgert: „Daraus erwachse eine ganz besondere Verantwortung und wir werden uns dieser Verantwortung stellen“. Zu den länderspezifischen Größenordnungen: das flächenmäßig größte Land Europas (ohne Russland) ist lt. Statista nicht Deutschland sondern Frankreich mit rd. 644 Mio Quadratkilometern. Deutschland folgt an fünfter Stelle mit 357 Mio Quadratkilometern. Bei der Zahl der Einwohner (ohne Russland) führt Deutschland mit 83,3 Mio vor Vereinigtes Königreich mit 67,7 Mio und Frankreich mit… Mehr
„Weltweit sehen Medien den Auftritt des US-Präsidenten vor der Pressekonferenz als Gesundheitstest an.“ Biden’s Zustand ist nichts neues. Bereits beim Wahlkampf zur Präsi-Wahl 2020 war es zu erkennen, dass Biden teilweise desorientiert, körperlich nicht fit, vergesslich und vor allem geistig nicht fit war. Jeder der sehen wollte, konnte sehen. Und dieser Zustand ist verständlicherweise nicht besser geworden. Nur mühsam scheinen seine Ärzte den Mann noch einigermaßen auf den Beinen (zig Stolperer, Treppen rauf und runter) und vor allem am Mikro zu halten. Seine Ausfälle sind in den USA mittlerweile Legende. Man wusste also seit langem um den Zustand des US-Präsidenten,… Mehr
Es wird Zeit, dass man dieses „Bündnis“ neu denkt! Die NATO hat sich erübrigt und ist eigentlich auch nur ein riesiger Papiertiger, der dank der Amerikaner ab und an mal fauchen darf. Wenn ICH mir dieses Gemisch aus unterschiedlichen Ländern anschaue, dann kann ICH nur sagen, sollte es jemals zu einem Bündnisfall kommen sehe ich schwarz! Wie wird denn da kommuniziert? Alles in english? Ich lache mich schlapp! Da sollen dann Polen, Deutsche und Spanier Seite an Seite kämpfen?? Ja klar! Nein die NATO war ein Scheinverteidigungsbündnis das eigentlich hauptsächlich zur Durchsetzung amerikanischer Interessen Missbraucht wurde! Es ist ja auch… Mehr
Medizinische Beobachter stellen ja die Behauptung auf, daß das gesamte Auftreten von Biden das Krankheitsbild von Parkinson aufweist und das ist in seinem Stadium schon äßerst bedenklich, wenn man so einen kranken Menschen noch mit großer Verantwortung belastet, was völlig im Widerspruch zu anderen Fällen steht, wo schon äußerste Schonung angesagt wäre. Wer dieses böse Spielchen noch mitbetreibt um einen falschen Eindruck zu erwecken, sollte sich eher schämen, als sich drüber noch wichtig zu tun, denn das ist wahre Menschenschinderei, auch wenn der Betroffene noch selbst daran glaubt, der Sache gewachsen zu sein und es gibt ja andere berühmte Beispiele,… Mehr
Ich bin jak kein Mediziner und kann nicht sagen ob Parkinson, den meine Oma hatte, dem gleicht, den korrupte Joe haben soll – vlt gibt es da Unterschiede aber sie konnte am Ende kaum etwas in der hand halten weil sie so geschüttelt sind.
Ein seniler Kriegstreiber bewirft den anderen aggresiven Kriegstreiber mit einem Stück Blech. Und jemand wie Victor Orban muss sich vor solchen Leuten rechtfertigen, warum er das tut, was jeder vernünftige deutsche Außenminister bis Hans-Dietrich Genscher in dieser Situation getan hätte: Die verfeindeten Parteien miteinander ins Gespräch bringen. Wir dürfen nicht vergessen, dass jeden Tag in diesem festgefahrenen Krieg sinnlos Menschen sterben und Werte vernichtet werden.
Nach einem Treffen demokratischer Abgeordneter im US-Kongress zur politischen Zukunft von US-Präsident Joe Biden äußern sich etliche Parlamentarier ernüchtert. Der Abgeordnete Sean Casten spricht von einer „großen Trauer“ über das Dilemma der Partei, ob man den 81-Jährigen im Wahlkampf weiter unterstützen solle. Die US-Journalistin Kadia Goba zitiert einen der Teilnehmer mit den Worten: „Die Moral ist an einem historischen Tiefpunkt.“ Auf die Frage, ob die Stimmung mit einer Beerdigung zu vergleichen sei, antwortet der Teilnehmer: „Das wäre eine Beleidigung für Beerdigungen.“
„Ohne US-Hilfe würde das ganze Bündnis scheitern“.
Es handelt sich leider nicht um ein Bündnis, um Frieden zu erhalten. In meinen Augen ist es ein Bündnis, um Kriege zu führen. Seit ich denken kann, hängt das Damoklesschwert „Nato Osterweiterung“ über unseren Köpfen und jetzt sind sie dabei.
Meine Rede. Offiziell ist die NATTO ein Verteidigungsbündnis, welches im Verteidigungsfall eine Zusammenarbeit und Unterstützung garantiert. Aber wo genau ist die NATO nach dem Ende des kalten Kriegen als Friedensbewahrer und zu Verteidigungszwecken aufgetreten? Nirgends – im Gegenteil: sie hat (natürlich unte US-Fürhung und auf US-Druck) einen Angriffskrieg nach dem Nächsten geführt. Natürlich immer „regelbasiert“ und gegen die böööhsen Diktatoren: Serbien, Kosovo, Afghanistan, Irak (2x), Sudan, Libyen, Syrien, etc. Und immer war das Ziel, die bösen Diktatoren loszuwerden, die sich um’s Verrecken nicht dem Diktat der Amis unterwerfen wollten. Nein, ein Verteidigungsbündnis war die NATO seit 1990 nie mehr, sondern… Mehr
Trump und Orban blicken einfach nur der Realität ins Auge, was sich die anderen noch nicht trauen. Macht nichts, die Zeit arbeitet für Trump und Orban.
Jeder Satz, jede Position von Trump ist nachvollziehbar und richtig. Er fordert das ein, was die Europäer versprochen haben. Er fordert es ohne Umschweife und er zeigt die Konsequenzen auf, wenn sie weiter nur schwatzen. In seiner vermeintlichen Sprunghaftigkeit und Raubeinigkeit ist er geradezu berechenbar. Potentaten und Napoleons auf der ganzen Welt sind unsicher, nicht einmal ihre verrücktesten Generäle trauen sich, sich mit den Trump-USA anzulegen. Sie könnten sterben. Trump nutzt die noch immer enorme Macht seines Landes. Er will und muss Europa dabei haben, aber nicht gratis, natürlich nicht. Was ist daran schwierig zu erkennen? Wie dumm kann man… Mehr
> Er fordert das ein, was die Europäer versprochen haben.
Gemeint sind Tribute, zahlbar durch die US-Rüstungsindustrie-Bestellungen? Was die „Napoleons dieser Welt“ betrifft, kein Land des Planeten führt so viele Kriege wie die USA. Ein Waterloo wäre überfällig und schon wird die Welt ruhiger.
Nicht überzeugend. Tribut, Beitrag, 2 Prozent-Ziel, … playing with words. Die Sicherheit, die die USA gewährleisten, ist unbezahlbar für die, die davon profitieren. „Kein Land so viele Kriege wie die USA?“. Kein Präsident so wenige Kriege wie Trump. Nicht alles vermischen, bitte, schon gar nicht aus tradiertem US-Ressentiment. Waterloo und die Welt wird ruhiger? Gewiss, atomare Friedhofsruhe ist auch Ruhe. Wie man das herbei sehnen kann, rätselhaft, nicht überzeugend.
Er denkt wie Orbán außerhalb der traditionellen Nato-Box. Überhaupt ist Denken außerhalb der Box gefragt. Aber die Einzigen, die das tun, sind die aktivistisch tätigen Demonstranten. Wenn sie sich im Internet äußern, dann wollen sie mit allen legalen Mitteln D „verändern“. Und von den richtigen Politikern werden sie darin unterstützt: Bundeswehr als Naziverein durchsuchen, Polizisten immer vorwerfen, sie wären die Täter und die armen Demonstranten oder Aktivisten die Opfer etc. Hinter D verrecke herlaufen. Demo vor dem Ort der Parteiversammlung gewähren… Das gehört alles dazu. Abgesegnet vom BVErfGE in seiner grenzenlosen Großzügigkeit. Sie wollen gegen Nazi antreten und befördern den… Mehr