Das einzig neue an "Fake-News" ist wohl, dass heute mit den "Sozialen" Medien auch ganz normale Bürger Nachrichten erfinden oder in ihrem Sinne interpretieren können - und nicht nur, wie schon immer, Journalisten.
Am 14. Oktober 1968 legte der damalige Bundespräsident Heinrich Lübke sein Amt nieder. Er nannte gesundheitliche Probleme. Vermutlich war er aber auch Opfer einer Hetzjagd auf seine Person: Vor allem Stern und Spiegel griffen ihn an, weil er angeblich der Baumeister von KZs gewesen sein sollte.
Nichts davon ist wahr. Es war eine inszenierte Kampagne des DDR-Ministeriums für Staatssicherheit, und zwar die berüchtigte “Hauptverwaltung Aufklärung (HVA, MfS-intern HV A) der Auslandsnachrichtendienst der DDR.
Heute würde man sagen: „Fake-News“. Die „Zersetzung“ der öffentlichen Meinung in Deutschland war eine der Hauptaufgaben der HVA und ihres berüchtigten Chefs Mischa Wolf: die tiefen Einflüsse auf West-Medien, insbesondere Spiegel, Stern und ZEIT hat beispielsweise Jens Hacker in „Deutsche Irrtümer“ entschlüsselt.
Dagegen nehmen sich aktuelle „Fake-News“ geradezu harmlos aus, etwa wenn Zeit-Online Bericht und Kritik des Konzerts zur Eröffnung der Elbphilharmonie veröffentlicht, noch ehe der erste Ton gefiedelt war.
Mal sind Falschmeldungen harmlos, mal wirklich grobe Fälschungen
Aber nicht alles ist so lächerlich wie dieses Stück Zeit-Online. Vera Lengsfeld zeigt, wie die Reaktion der Eltern der in Freiburg ermordeten Maria L. verfälscht wurden:
Durch Artikel wurde von Seiten der Mainstreammedien der Eindruck erweckt, dass man das Verhalten der Familie des ermordeten Mädchens als Beleg für die weiterhin ungebrochene Unterstützung der momentanen Politik in Deutschland werten kann (‚Eltern der Ermordeten rufen zu Spenden für Flüchtlinge auf’).
„Das Problem ist, dass der erweckte Eindruck nicht richtig war. Maria L. hatte sich ehrenamtlich engagiert. Und zwar in der internationalen Bildungsarbeit, um die Benachteiligungen von Kindern in z.B. Bangladesh zu mindern. Und für ein konkretes Schulbauprojekt in Ghana. Die von den Eltern erbetenen Spenden wurden, wie diese Stellungnahme des Vereins klar belegt, in die Projekte geleitet, für die sich Maria L. engagiert hat, also die Schule in Ghana. Ein völlig normaler, menschlich nachvollziehbarer Akt der Ehrung des Andenkens und der Arbeit ihrer ermordeten Tochter. Und ganz sicherlich kein politisches Statement zur aktuellen deutschen ‚Flüchtlingspolitik’.“
Das einzig neue an „Fake-News“ ist wohl, dass heute mit den „Sozialen“ Medien auch ganz normale Bürger Nachrichten erfinden oder in ihrem Sinne interpretieren können. Dabei ist klar, dass es schwierig ist, „Fake-News“ zu vermeiden, zu entdecken. Die Wahrheit ist kein naturwissenschaftliche Konstante, die in Laboren bestätigt oder verworfen werden kann.
Beispiele: Finanzkrise gefällig?
Beispiel gefällig? Seit Sommer 2007 haben (wenige) kritische Journalisten vor einer Finanzkrise gewarnt – „Fake-News“ im Sinne der Bundesregierung. Dann kollabierte 2008 Lehman Brothers – und die Weltwirtschaft stand buchstäblich am Abgrund. Waren es „Fake-News“, die gegen die beruhigenden Darstellungen von Banken und Regierungen anschrieben? Manchmal werden „Fake-News“ zur bitteren Wahrheit, die die Regierung oder Banken und andere Interessengruppen versuchen, auf Teufel komm raus unter den Teppich zu kehren. Die Wahrheit ist oft nur in Umrissen zu erahnen, weit weg von einer bezifferbaren Präzision. Guter Journalismus beruht auf Fakten – die Schlussfolgerungen sind oft nur Ahnungen. Und doch die besten Stücke, weil sie vorwegnehmen, was (etwas anders) kommt.
Ähnlich Griechenland. Das Debakel des Landes, seine groteske Überschuldung und hundsmiserable Wirtschaftspolitik, die komplette Untauglichkeit für eine gemeinsame Währung wurde ebenfalls von wenigen Journalisten erkannt und beschrieben – aus der Sicht der Bundesregierung alles „Fake-News“, geeignet, die „Griechenland-Rettung“ madig zu machen. Die Faker haben Recht behalten. Wie im Sommer 2015: Fakern fiel auf, dass pauschal Flüchtlinge genannte Migranten erkennbar nicht Frauen und Kinder, sondern Jünglinge waren. Wer das öffentlich formulierte, galt nicht mehr nur als „Faker“, sondern schon gleich als „Nazi“. Die Namen möchte ich mir sparen.
Wie leicht „Fake-News“ sich verselbständigen, zeigt aktuell die voreilige Serien-Berichterstattung über das angebliche Verbot der NPD durch das Bundesverfassungsgericht.
Und jetzt also soll eine Art Bundesprüfstelle für „Fake-News“ eingerichtet werden, eine neue Hauptabteilung für Information?
Eine Art Bundesprüfstelle für „Fake-News“?
Da stellen sich mir die Haare auf. Und auch darüber, dass viele Journalisten das begrüßen. Facebook will jetzt sogar ein Essener Journalistenbüro damit beauftragen, „Fake-News“ zu enttarnen, wenn Leser das verlangen. Das ist eine sehr schlichte Vorstellung. Nachrichten sind zu selten eindeutig falsch oder wahr, sie sind immer auch interessenbezogen. Und wessen Interessen vertritt Correctiv? Die „links“ gelagerten Nachdenkseiten schreiben dazu:
Correctiv behaupte von sich, man sei „das erste gemeinnützige Recherchezentrum im deutschsprachigen Raum“ und „eine von vielen Antworten auf die Medienkrise“ – in seiner Selbstcharakterisierung nimmt Correctiv den Mund jedenfalls schon mal ganz schön voll. Man leiste sich schließlich auch „investigative Journalisten, die gründlich nachhaken, oft jahrelang an einem Thema arbeiten“. Das klingt gut, doch leider klafft zwischen Anspruch und Wirklichkeit ein ganzer Marianengraben. Was Correctiv bislang mit seinem mehrere Millionen Euro schweren Budget „recherchiert“ hat, ist vergleichsweise belanglos. Dafür fällt das „Zentrum“ immer wieder durch kaum verhohlene Kampfrhetorik auf. So weit die Nachdenken-Seiten.
Geld kommt beispielsweise von George Soros und seiner Stiftung „Open Europe“. Soros ist als Meisterspekulant berühmt. Tatsächlich hat er in der Griechenlandkrise dafür gekämpft, dass Griechenlands Schulden von den europäischen Regierungen übernommen wurden – wie praktisch, dass er vorher selbst griechische Staatsanleihen gekauft hat. Soros macht durch Meinung, dass Altpapier zu Gold wird. Soros ist einer, der die öffentliche Meinung beeinflusst wie kaum ein zweiter Spekulant – und daran verdient. Mich stimmt sein Einfluss bei Correctiv eher bedenklich.
Auch die Deutsche Bank ist dabei, und die sich gerne grün tarnende GLS-Bank. Ist es Zufall, dass ausgerechnet die Sparkassen der erste Hauptangriffspunkt von Correctiv waren? Nun stehen Sparkassen nicht jenseits der Kritik. Aber Corretiv machte daraus eine Kampagne – zu niedrige Ausschüttung an die verarmenden Kommunen, zu hohe Gehälter, Dispo zu teuer, Kredite zu faul, und überhaupt. Auch hier vermischen sich Wahrheit und Phantasien: Ob Sparkassen zu wenig an die Kommunen ausschütten, müsste auch daran bemessen werden, wie deren zukünftige Geschäftsentwicklung aussieht. Niedrige Ausschüttungen sind berechtigt, damit die Sparkasse liquide bleibt, wenn beispielsweise wegen der niedrigen Zinsen auch ihre Erlöse bröckeln. Man muss kein Freund der Sparkassen sein, um zu erkennen: Fair ist das nicht. Die vielen Wenns und Abers wurden zu Gunsten einer bestimmten „Richtung“ bereinigt. Sollte ein Bankensystem zu Fall gebracht werden? Vermutlich sollte man nicht so weit gehen. Aber guter Journalismus wägt ab, argumentiert, und sollte versuchen, auch die andere Seite zu verstehen – und Sparkassen, liebe Leute, sind nun wirklich nicht die Schufte der Nation. Und das ist also die neue Wahrheitsfindung, die uns alle korrigieren soll? Die Stiftung Warentest legt ihre Testverfahren offen. Correctiv hat keinen Track-Record, der Vertrauen vermittelt.
Wessen Interessen?
Und so verfängt sich Correctiv in seiner eigenen Absicht: So brutal wie BILD früher will man sein – und ist so falsch, wie BILD schon lange nicht mehr ist. Es ist die Rückkehr zu einem Journalismus, der genau zwischen Gut und Böse unterscheiden kann.
Da stellt sich die Frage nach der Finanzierung schon. Das ist eine heikle Frage im Journalismus. ARD und ZDF werden über Gebühren finanziert. Formal sind sie weitgehend unabhängig – faktisch ist die Nähe zur herrschenden Politik nicht zu bestreiten. Damit wir uns richtig verstehen: Ich kenne viele Redakteure, die fair und kompetent berichten, vermutlich ist es die große Mehrheit. Aber die Gebührenfinanzierung hat schon auch einen eigenen Kosmos entstehen lassen. Junge Mitarbeiter werden oft erstaunlich schlecht bezahlt, Freie immer weniger. Gleichzeitig ist ein monströser Verwaltungsapparat entstanden, Ineffizienz ist Wesensmerkmal und ein großer Teil der Mittel dient zur Finanzierung satter Pensionen – kein Vorbild.
Zeitungen und Magazine verdienen über Anzeigen und Verkauf. Die strikte Trennung zwischen Anzeigeninteressen und Redaktion gehört zur Kultur. Manchmal ist es eine Unkultur. Aber insgesamt lassen sich gute Verleger und Chefredakteure nicht von Anzeigenkunden beeinflussen – sie wissen, dass der Leser ein Näschen dafür hat. Die Konflikte sind oft hart, ich weiß ein Lied davon zu singen. Aber die Welt ist nicht dafür da, es uns einfach zu machen. Tichys Einblick finanziert sich über kleinteilige Leserbeiträge. Wir kennen die Spender nicht, aber abhängig? Nein, es werden keine Bedingung genannt und wenn, wir hätten rücküberwiesen. Freiwillige Beiträge sind ein Weg, um im Internet die sonst kaum vorhandene Zahlungsbereitschaft doch noch zu aktivieren. viele Menschen sind bereit, auch ohne Zwang ihren Beitrag zu leisten – übrigens viele, die nicht unsere Meinungen teilen. Aber sie erkennen Leistung an.
Und nun kommt also Correctiv mit fragwürdiger Finanzstruktur und noch fragwürdigerem Vorgehen und will über Wahr und Falsch entscheiden? Wir alle verfügen über den größten Wissensspeicher der Welt, jeder von uns hat seine private Mammut-Bibliothek mit angeschlossenem Zeitungsarchiv: Die elektronische Suchmaschine. Dort finden sich Fakten, Fakten, Fakten. Wir müssen sie nur abrufen. Und manche Wahrheiten stellen sich erst im Laufe der Zeit als solche heraus – etwa dass die Griechenland-Rettung nicht funktionierte. Sondern nur teurer wurde. Oder dass im vergangenen Jahr nicht nur Ärzte einwanderten. Die Welt, sie ist nicht so, wie Regierungen sie sich ausmalen oder und vormachen.
Das nicht zu erkennen ist nur unprofessionell. Und lächerlich, wie die Geschichte der Kois im beheizten Schwimmbad von Ex-VW-Chef Winterkorn. Wir haben es nachrecherchiert. Es ist ein Teich. Viel Vergnügen, Correctiv, wenn Du Dich auf die Suche machst. Vielleicht findest Du ein paar versenkte, heimliche Milliarden der Sparkassen?
Wir bedanken uns für die vielen Hinweise zu Correctiv, die uns erreicht haben.
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