Neue Jugendstudie entwarnt: Jugend wie immer und trotz Krisen optimistisch

Nach der EU-Wahl ging ein Schock durch das Land. Doch den vermeintlichen Rechtsruck rückt nun eine Studie wieder gerade: Die Jugend sei sehr unterschiedlich, dabei aber auch tolerant, traditionell, skeptisch und doch optimistisch. Klingt verwirrend? Keine Sorge, ist einfach nur aufgeblähte Wissenschaft.

Quelle: Werteuniversum von Jugendlichen 2024 (© bpb)

Der Schock über die Verluste der Grünen bei den 16- bis 24-Jährigen bei der Europawahl ist noch nicht verdaut, da schreiten Forschung und Medien schon zu den Erklärmodellen. Das Mysterium „Jugendlicher“ wurde nun in der neuesten Studie des Sinus-Instituts – betont jugendlich: „Wie ticken Jugendliche 2024?“ betitelt – untersucht. Das Fazit: Eigentlich nichts Neues unter der Sonne, aber die etablierten Medien können aus der Pressemitteilung vor allem Entwarnung ziehen, denn die Studie kam zu dem Schluss, dass bei den meisten jungen AfD-Wähler „nicht von einem geschlossen rechtsextremen Weltbild“ ausgegangen werden kann.

Die sonstigen Erkenntnisse bewegten sich jedoch allemal im Rahmen des Erwartbaren. Einige Beispiele:

  • Die „multiplen Krisen“ der letzten Jahre führen zwar zu gedämpfter Stimmung, aber die Jugend behält sich dennoch ihren fast schon sprichwörtlichen Optimismus.
  • Dauerbeschallung mit Diversitäts- und Toleranzpropaganda wirkt zumindest insofern, als dass die Akzeptanz für Diversität demonstrativ zur Schau gestellt wird.
  • Klassische Lebensentwürfe (Wohlstand, Familie, Erfolg) sind nach wie vor populär unter Jugendlichen.
  • Das Schulsystem wird als rückständig, undemokratisch und als Hort der Ungleichheit wahrgenommen.

Wer darüber hinaus etwas tiefer in die 300-seitige Aufarbeitung der Studie blickt, erkennt weitere Allgemeinplätze, die aber in der Pressemitteilung weniger thematisiert werden:

  • Bei Jugendlichen mit Migrationshintergrund spielt der Glaube oft eine zentrale Rolle. In Zeichnungen, die im schriftlichen Teil der Umfrage gemacht wurden, kommt dies immer wieder mit einem Halbmond zum Ausdruck.
  • Jugendliche ohne Migrationshintergrund aus prekären Verhältnissen äußern sich oftmals kritischer gegenüber Dingen wie Migration und klagen über Überfremdung.
  • Wohlhabende Jugendliche aus dem sogenannten „neo-ökologischen“ Umfeld sind die Gruppe, die sich am ehesten über Klimawandel und Transrechte sorgt.
Zweifelhafte Signifikanz der Studie

Die meisten dieser Erkenntnisse hätte man auch ohne die Studie, sondern mit gesundem Menschenverstand gewinnen können. Damit aber nicht genug der Kritik, denn auch die Methodik an sich ist zweifelhaft. Die 72 befragten Jugendlichen, die zu jeweils einem Drittel aus Hauptschulen, Realschulen und Gymnasien rekrutiert wurden, sind in Anbetracht der über 3 Millionen Jugendlichen in der befragten Alterskohorte nämlich alles andere als statistisch signifikant. Dessen waren sich auch die Studienersteller bewusst, weshalb sie dafür die Gründlichkeit der Befragung in den Vordergrund stellten.

Auch die Zusammensetzung der äußerst selekten Studienteilnehmer verzerrt die Realitäten leicht, denn knapp 44,4 % der befragten Jugendlichen (32 von 72) hatten einen Migrationshintergrund, während der Prozentsatz auf die Gesamtzahl der Jugendlichen tendenziell eher zwischen 35 % und 38 % anzusiedeln ist. Überrepräsentiert sind somit nicht nur Jugendliche mit Migrationshintergrund, auch die regionale Auswahl zeigt einige Schlagseiten.

Aus den großen Ballungsräumen fanden sich nur Jugendliche aus den Städten Berlin und Köln, Hamburg ging leer aus, in München griff man auf das Umland zu. Zwar wurden auch Schüler aus Leipzig und Dresden befragt, dafür aber kein einziger aus dem Bundesland Sachsen-Anhalt. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg alleine wurde mindestens je ein Schüler aus der Umgebung von Stuttgart, Freiburg, Konstanz und Ravensburg befragt.

Gender-Indoktrination? Katholische Kirche: Hold my beer …

Neben der Frage der statistischen Signifikanz und möglicher Überrepräsentation bestimmter Bevölkerungsgruppen, ist auch die Methodik der Umfrage zu beleuchten. In der Pressemitteilung ist davon die Rede, dass mehrere Partnerinstitutionen zu der Studie beigetragen haben. Die folgenden Institutionen haben die Studie in Auftrag gegeben: die Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz, der Bund der Deutschen Katholischen Jugend, die Bundeszentrale für politische Bildung, die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung, sowie die DFL Stiftung.

In der Methodik schlug sich das dahingehend nieder, dass von dem 1 1/2-stündigen Gespräch nur die ersten 20 Minuten Fragen des Sinus-Instituts zur „Lebenswelt“ der Jugendlichen ausmachten. Die restlichen Fragen und Themenbereiche wurden von den Partnerinstitutionen gestellt.

So befragte die DFL Stiftung die Jugendlichen für 12 Minuten über „Sport und Bewegung“ und die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung stellte 20 Minuten lang Fragen über den „Lernort Schule“. Und auch wenn man bei der Bundeszentrale für politische Bildung von einer gewaltigen politischen Schlagseite der Fragestellungen ausgehen darf, so ist der Themenkomplex „Umgang mit politischen Krisen“ (15 Minuten) und „Soziale Ungleichheit“ (9 Minuten) weder als überraschend, noch als prinzipiell fragwürdig einzustufen.

Dass aber ausgerechnet der Bund der Deutschen Katholischen Jugend Fragen zu „Geschlechtsidentität und Rollenerwartungen“ (5 Minuten), sowie zu „Engagement“ (2 Minuten) stellt, schlägt dem Fass die Krone ins Gesicht. Wobei: Die Arbeitsstelle für Jugendseelsorge der Deutschen Bischofskonferenz stand diesen Fragen kaum nach, denn im Themenkomplex „Social Media: Sinnsuche und Mental Health“ dürfte vor allem die indirekte Bewerbung und Optimierung des auf der eigenen Webseite angebotenen „Gebets-Creators“ im Vordergrund gestanden haben.

Die Studie ist auf der Webseite des SINUS-Instituts entweder als 300-Seiten starkes Buch zu bestellen oder als gratis E-Book einsehbar. Viele Bäume mussten ihr Leben lassen, um eine Studie zu veröffentlichen, die auf über 300 Seiten Erkenntnisse ausbreitet, die keine sind. „Die Krisen stapeln sich, und die Jugendlichen bewahren sich den Bewältigungsoptimismus, das ist erstaunlich“, resümierte der Leiter der Studie Marc Calmbach. Man könnte auch sagen: „Bemerkenswert, wir haben sie noch immer nicht gebrochen.“

Das hingegen ließe sich womöglich tatsächlich aus dieser Studie mitnehmen. Viele der negativen Tendenzen, die sich logischerweise aus Jahrzehnten der pädagogischen Misswirtschaft ableiten, sind deutlich erkennbar. Dennoch gibt es auch in der Generation der unter 18-Jährigen noch einen grundlegenden Willen, trotz allem ihr Leben sinnvoll zu gestalten. Und meistens beinhaltet diese Vorstellung ein klassisches Familienmodell und häufig sogar Gott. Auch wenn dieser eben meist im Symbol des Halbmonds seinen Ausdruck findet.

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Kommentare ( 12 )

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Wilhelm Roepke
5 Tage her

Mao und Stalin hätten entweder ihre Freude an diesen Duckmäusern gehabt oder sie in die Produktion oder auf die Felder geschickt. Gott sei Dank sind wir gesellschaftlich weiter und dürfen solche Studien nur noch bezahlen und müssen sie nicht auch noch glauben…

Felix Dingo
7 Tage her

Das Sinus-Institut ist ein sehr schönes Beispiel für die Arbeit von Systemlingen.
In „Matrix“ wären sie die Agenten der Matrix, die Neon und sein Mitstreiter bekämpfen.

imapact
7 Tage her

Die Frage ist, inwieweit die Jugendlichen, die von als Wissenschaftler getarnten grünroten Zeloten befragt wurden, sich überhaupt trauen, ihre wirkliche Meinung auszusprechen. Schließlich wird man schon von der Polizei öffentlich in der Schule vorgeführt, wenn man die falsche Kleidung trägt oder auf privaten social-media-accounts Sympathie für die AfD anklingen läßt. Vom Umgang mit den Sylter Partysängern ganz zu schweigen. Neulich gab es auf YT auch so eine Umfrage unter Jugendlichen, warum ihrer Meinung nach die AfD so gut bei ihrer Altersgruppe abgeschnitten habe. Eine junge Frau, die sehr verkrampft wirkte, sagte auf Nachfrage, sie sei für die Grünen. Allerdings, an… Mehr

Nibelung
7 Tage her

Es ist das gute Recht der Jugend optimistisch zu sein, denn es entspricht auch dem Lebensdrang durch die Natur und seine Erfahrungen muß deshalb jeder im Leben selbst machen, wobei man sachte einwirken kann, aber wahrheitsliebend und nicht als falsche Propheten, was dann zur Verunsicherung beiträgt und nicht wohlmeinend ist.

hk-meyer
7 Tage her

„Die Jugend sei … tolerant, traditionell, skeptisch und doch optimistisch…“ – Das sind ja wohl doch eher Eigenschaften, die dem links-grünen, intoleranten u. von cancel culture und critical race theory geprägten Welt- bzw. Weltuntergangsbild diametral entgegenstehen. Insofern stelle ich die Grundannahme dieses Beitrages in Frage.

Albert Pflueger
7 Tage her

Sind denn Familienmodell und Gott des Islam in einen Topf zu werfen mit dem herkömmlich-christlichen Verständnis dieser Begriffe? Mir als Atheisten ist es keineswegs egal, ob ein Gott mich auf die Stufe eines Tieres stellt, rechtlos und straflos zu schänden und umzubringen, oder ob seine Anhänger die Nächstenliebe predigen, die auch solchen Verirrten wie mir entgegengebracht wird. Solche Studien sind weitgehend wertlos, es sei denn, man sieht sie unter dem Aspekt der Datenbeschaffung für die Propaganda, denn da will man Narrative entwerfen, die unerwünschten Inhalten entgegenstehen. Dazu muß man zunächst wissen, wie die Leute ticken, und es kommt nicht auf… Mehr

Juergen P. Schneider
7 Tage her

Entscheidend ist am Ende immer das Wahlverhalten, wenn die jungen Leute wahlberechtigt sind. Bei den Studien muss man eigentlich nur wissen, wer sie in Auftrag gibt, um sich auszurechnen, was da am Ende an propagandistischen Aussagen pro rot-grün herauskommen muss. Das links-grüne Milieu will halt beruhigt werden, wenn die Jugend nicht so wählt, wie man dies erwartet. Die zunehmend konservative Tendenz bei vielen jungen Leuten lässt für die Zukunft jedenfalls hoffen, dass die links-grünen Idiotien an Strahlkraft weiter verlieren.

Ananda
7 Tage her

Schon wieder der Tenor: Selbst jugendliche AfD Wähler sind nicht „geschlossen rechtsextrem„. Vielleicht sind sie ja noch zu „retten“. Framing, framing, framing.
Religiös „Auch wenn dieser eben meist im Symbol des Halbmonds seinen Ausdruck findet.“
Deswegen vielleicht auch die Zahl an 72 befragten „Jungfrauen“ gemischt, divers, auf Kurs gebracht. Haldenwang hat ja gerade bestätigt, dass ein „Kalifat“ als Staatsform für ihn schon klar geht. Ein strammer „Verfassungsschützer“ und Narrativ Einpeitscher.

Haba Orwell
7 Tage her

> und häufig sogar Gott. Auch wenn dieser eben meist im Symbol des Halbmonds seinen Ausdruck findet.

Kreuz ist im Lande längst aus der Mode gekommen – sonst ist an religiösen Symbolen noch die Regenbogenfahne gängig. Eigentlich müsste noch als Wappen ein $-Zeichen drauf. Eventuell schwarzer Fels.

Last edited 7 Tage her by Haba Orwell
imapact
7 Tage her

Die Frage ist, inwieweit die Jugendlichen, die von als Wissenschaftler getarnten grünroten Zeloten befragt wurden, sich überhaupt trauen, ihre wirkliche Meinung auszusprechen. Schließlich wird man schon von der Polizei öffentlich in der Schule vorgeführt, wenn man die falsche Kleidung trägt oder auf privaten social-media-accounts Sympathie für die AfD anklingen läßt. Vom Umgang mit den Sylter Partysängern ganz zu schweigen. Neulich gab es auf YT auch so eine Umfrage unter Jugendlichen, warum ihrer Meinung nach die AfD so gut bei ihrer Altersgruppe abgeschnitten habe. Eine junge Frau, die sehr verkrampft wirkte, sagte auf Nachfrage, sie sei für die Grünen. Allerdings, an… Mehr