Den Tod eines Kindes zur Durchsetzung politischer Ziele zu instrumentalisieren, ist schäbig und widerwärtig.
Warum werden die Bilder von wahrscheinlich 100.000enden Kindern, die weltweit in Kriegen, Bürgerkriegen, durch Hunger und Gewalt oder falsche Politik ums Leben kommen, nicht veröffentlicht?
Es ist ein trauriges Bild, und man darf es nach Abwägen zeigen, wie Heike Rost zu Recht schreibt. Aber es ist absurd, wie die Medien und die Öffentlichkeit dieses Bild funktionalisieren, benutzen. Einfach abstoßend!
Jede Minute, und das rund um die Uhr, jahrein und jahraus, jede Minute sterben statistisch laut Unicef-Daten etwas mehr als 5 ½ Kinder unter fünf Jahren einen qualvollen Hungertod auf dieser Welt.
Die tolle Wertegemeinschaft des Westens hat sich gemeinsam mit anderen höher entwickelten Ländern auf dieser Welt immer wieder Ziele gesetzt, den Hungertod, von dem nicht nur Kinder unter fünf Jahren betroffen sind, statistisch zu halbieren. Eine solche Zielsetzung ist eine erstaunlich technokratische Gutmenscherei, nicht wahr? Denn wieviele Kinder unter fünf Jahren sterben auf dieser Welt pro Minute durch Krieg, Gewalt und andere inakzeptable Einflüsse von außen?
Und wie hoch sind die Dunkelziffern?
Sind bekannte Zahlen aufgebauscht? Untertrieben? Kümmert sich die Öffentlichkeit um das qualvolle Sterben der Kinder? Nein, die Welt, und das heißt im Westen die Öffentlichkeit, die Politik, die Medien, der Kulturbetrieb, sie alle kümmern sich in der Regel um kein einziges qualvoll gestorbenes Kind und auch nicht um 10 oder 10.000 oder 100.000 gestorbene Kinder. Deren Schicksale werden zu Daten, zu Zahlen, zu Argumenten, zu Schuldzuweisungen und zu Aufrechnungen.
Den Tod eines Kindes dann aber zur Durchsetzung politischer Ziele zu instrumentalisieren, ist schäbig und widerwärtig.
Die vor allem unter moralischen Gesichtspunkten entgleiste Flüchtlingspolitik in Deutschland und anderswo mit dem Bild einer an einen türkischen Strand angeschwemmten Kinderleiche anheizen zu wollen und auf die Ausschaltung der Vernunft zu setzen, ist sehr, sehr schäbig.
Jedes Kind, das durch eine von Menschen gesetzte Ursache stirbt, ist, um diese Plattitüde zu verwenden, ein Kind zuviel. Und tatsächlich hat jedes Kind, das so zu Tode kommt, Anspruch auf öffentliche Trauer und jedes Kind, das so zu Tode kommt, sollte Ansporn für die ganze Welt sein, die Bedingungen, die zum Tod dieser Kinder führen, sofort und nachhaltig zu verändern, so dass kein Kind mehr zu Tode kommt. Und die Flüchtlingspolitik lenkt davon ab, dass um so mehr Kinder sterben werden, wenn ihnen nicht vor Ort geholfen wird.
Die Flüchtlingspolitik mit einem Medienhype, der um das Foto eines auf der Flucht offenbar ertrunkenen syrischen Jungen, der inzwischen offenbar friedlich in seiner Heimatstadt Kobane begraben wurde, entstand und an dem sich allzu viele Journalisten, aber eben auch Politiker und Kulturschaffende beteiligen, in die Richtung beeinflussen zu wollen, jede Kritik an der Flüchtlingspolitik zu unterbinden und als unmoralisch zu diffamieren, ist auf eine widerwärtige Art unmoralisch. Diese Art von Medienhype bedient in populistischer Weise die niedersten Instinkte.
Auch die durch das Bild beeinflusste „Nachrichtenlage“ belegt den moralischen Fehlansatz der Medienhyper. Da wird ganz seriös von einem gefährlichen Fluchtweg von der Türkei auf die nahegelegenen griechischen Inseln gesprochen. Dort verkehren in ungeheurer Zahl täglich die unterschiedlichsten Touristenschiffe, Privatjachten und dergleichen mehr. Der Seeweg ist sehr schön und sehr ungefährlich. Gefährlich mögen die Boote sein, auf die sich die Flüchtlinge begeben, wenn sie nach Griechenland wollen. Die Türkei ist kein Kriegsland. In den Flüchtlingslagern der Türkei ist es ganz gewiss nicht schön, aber die Flüchtlingslager sind sicher und die Türkei hat eine Garantenstellung gegenüber den Flüchtlingen, denn sie hat bisher keine gute Rolle mit ihrer Syrienpolitik gespielt. Das Wort Flüchtling gewinnt eine neue Bedeutung, wenn Syrier aus der sicheren Türkei nach Griechenland übersetzen, wie es auch in seiner Bedeutung beeinträchtigt wird, wenn „Flüchtlinge“ aus ungarischen Auffanglagern abhauen oder wie es nun heißt „flüchten“.
Bekenntnis-Journalisten, die sich gestern und heute, auch noch mit moralisch erhobenem Zeigefinger an der Instrumentalisierung des Fotos der Leiche des tragischer Weise ums Leben gekommenen syrischen Jungen beteiligten, sollten sich in Grund und Boden schämen. Bekenntnis-Journalisten sollten nun auch mal den Mut haben, die eigene Gier danach, sich selber vermittels eines solchen Fotos ins rechte öffentliche Licht setzen zu wollen, offen einzugestehen. Es ist peinlich, wenn ein deutscher Mediendienst formuliert: „Als Zeitungscover setzte der Independent das Motiv am besten um.“
Das Bild erscheint zwischen Fußball und Mode. Das ist unerträglich.
Bekenntnis-Journalisten: moralisch haltlos?
Philorassismus ist übrigens anerkanntermaßen Rassismus. Was tragen Journalisten zur Darstellung des Leides der Kinder in den großen Bürgerkriegsgebieten dieser Welt bei? Alles abgestumpft, ähnlich wie bei den qualvollen Enthauptungen, qualvollen Verbrennungen bei lebendigem Leid, qualvollen Ertränkungen, die oft genug Ursache für die Flucht sind. Solcher Bekenntnis-Journalisten ist moralisch haltlos. Das sind unmoralische Moralapostel.
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