Maria L. ist nicht nur das Opfer eines afghanischen Gewalttäters aus einer verrohten Kultur. Sie ist ebenso Opfer einer von linker Ideologie durchzogenen Wohlstandsgesellschaft, die ihr jegliche Schutzmechanismen abtrainiert hat.
Kaum erreichte die Meldung, es handele sich beim mutmaßlichen Mörder der 19-jährigen Studentin Maria L. um einen 17-jährigen Asylbewerber afghanischer Herkunft, wurden bereits die ersten Stimmen laut, die der jungen Studentin, die zunächst vergewaltigt und anschließend bewusstlos in den Fluss geworfen oder ertränkt wurde, so etwas wie eine Mitschuld gaben. Immer wieder wurde seitdem auf Maria L.’s Mitwirkung in der Freiburger Flüchtlingshilfe und auf die Spendensammlung der Eltern für sie auf ihrer Beerdigung hingewiesen. Als würde es am Mord an der jungen Frau auch nur ein Bisschen ändern, wenn wir wissen, dass Maria L. sich für Flüchtlinge engagierte. Als hätte sie es gar aufgrund dessen gar nicht anders verdient.
Der Idealismus stirbt zuletzt
Maria L. war 19 Jahre alt. Ein Alter, in dem man noch an eine gerechtere, eine bessere Welt glaubt. In dem es wichtig ist, daran zu glauben. In dem man vor allen Dingen davon überzeugt ist, dass man selbst dazu in der Lage ist, diese bessere, gerechtere Welt aktiv mit zu gestalten. Wer schon mehr als einmal an den Hürden der Wandelbarkeit der Welt, den eigenen Grenzen des Machbaren gescheitert und an den Rand der eigenen Wirkmacht gestoßen ist, mag das eine naive Vorstellung sein. Aber sie ist altersgemäß und darüber hinaus ein Zeichen der Hoffnung, wenn junge Menschen diesen Glauben nicht bereits mit 18-19 Jahren über Bord werfen. Wenn sie sich überhaupt noch politisch oder gesellschaftlich engagieren und nicht nur um sich selbst, ihren Spaß und ihr eigenes Vorankommen kreisen. Maria L. daraus post mortem so etwas wie einen Vorwurf zu machen, ist mehr als nur infam und zeigt, wie wenig sich der eine oder andere noch daran erinnern kann, woran er selbst mit 19 noch glaubte.
Betrachtet man den Fall weniger zynisch und herablassend, so lässt sich dennoch feststellen, dass Maria L. in tragischer Weise das prädestinierte Opfer einer solchen Tat war. Dass die bis dato beispiellose, sich in den letzten Jahrzehnten schleichend vollzogene Revolution des Kulturrelativismus und One-World-Ideologie beginnt, ihre eigenen Kinder zu fressen. Im Kleinen zeigt sich dies am Mord einzelner wie Maria L.. Sie hat diese Ansichten gelebt, sie ist so erzogen worden, genauso wie an der sich seit Monaten vollziehenden „Bestrafung“ der westlichen Frau in Form von sexuellen Übergriffen in nie dagewesener Zahl. Im Großen an der grundsätzlichen Aushöhlung unserer Werte durch die Anhänger des Islams, die den Liberalismus von der größten westlichen Werte-Errungenschaft zu einer autoimmunen Krankheit werden lassen, die sich schlussendlich im Namen der Toleranz und Religionsfreiheit selbst angreift und mehr und mehr zerstört.
Grob fahrlässig in Sicherheit gewiegt
Was man Maria L. aufgrund ihres Alters, ihres wohl behüteten und wohlsituierten Elternhauses nicht vorhalten kann, kann und sollte man stattdessen jenen vorhalten, die Maria L. diese naive Unbekümmertheit auf allen Ebenen vermittelten. Medien, Politik, vielleicht auch Eltern, die bis heute relativieren, die nicht wahrhaben wollen, dass es das Böse gibt. Dass wir nicht jeden retten können und nicht jeder unsere Hilfe verdient hat. Es ist ferner die Vorstellung eines sicheren Staates, einer europäischen Welt, in der nicht allzu Schlimmes geschieht, die Maria L. in Sicherheit wog. Die sie in der Nacht als junge Frau alleine nach Hause fahren ließ in dieser Sicherheit, die doch eigentlich längst nicht mehr existiert. Während sich unser eins seit Monaten zusätzliche Schutzmaßnahmen von Pfefferspray bis Bewaffnung überlegt, glaubte Maria L. immer noch an das, was man ihr erzählte. Dass sich hier durch die vielen arabischen Männer nichts an der heilen Welt verändern würde und vor allem daran, dass wir ihnen helfen müssen. In Letzterem liegt das eigentlich Fatalistische dieser Indoktrination verborgen.
Oft wird die Nazi-Vergangenheit Deutschlands herangezogen, um diesen ausgeprägten Schuldkomplex zu begründen. Weshalb wir der glauben, helfen, bedingungslos tolerant gegenüber dem Fremden sein zu müssen. Obgleich wir in dieser Frage sicherlich auf Empörungsimpulse reagieren, spielt dieses als Kollektivschuld in die Erinnerungs- und Geschichtskultur Deutschlands eingegangene düsterste Kapitel deutscher Geschichte nach all meiner Erfahrung insbesondere in Bezug auf die jüngere bzw. meine eigene Generation eine nicht annähernd so signifikante Rolle wie oft angenommen. Zumal der deutsche Umgang mit der eigenen Geschichte des Nationalsozialismus und die daraus gezogenen Konsequenzen mitnichten eine Erklärung für die nahezu identischen ideologischen und gesellschaftlichen Entwicklungen im europäischen Umland bietet.
Viel entscheidender, insbesondere für die von linken Narrativen dominierte junge Generation, aber in immer weitreichenderem Maße auch für die älteren Generationen, ist demnach ein anderer Schuldkomplex – und zwar jener, der vermeintlichen Ausbeutung der Dritten Welt durch die Erste Welt, in der wir leben.
Dieser Schuldkomplex, ich spreche da aus eigener Erfahrung, ist aufgrund seiner größeren Aktualität viel wirkmächtiger als der des Nationalsozialismus. Er ist es, der dafür sorgt, dass man als junger, linker Mensch die bloße eigene Existenz, das Privileg qua Geburt als Schuld begreift. Der in dir den Glauben heranwachsen lässt, jeder Kassenbon sei eine politische Manifestation. Die dir das schlechte Gewissen bei jedem Kauf eines H&M-Tops, auf dem Made in Bangladesh steht, in den Kopf treibt und dir die hochkomplexen Konflikte im Nahen und Mittleren Osten lediglich als imperialistische und ressourcenbasierte Kriege des Westens verkauft. Es ist jenes vermeintlich intellektuelle Weltbild der linken Bourgeoisie von Augstein bis Todenhöfer und moralinsauren Schauspielern und Musikern, welches vor allem durch seine unterkomplexe und ignorante Simplizität seine ganze Wirkmacht entfaltet und heute als Hauptgrundlage unseres bedingungslosen Strebens nach „Wiedergutmachung“ an den hier Eingewanderten dient.
Der Dritte-Welt-Schuldkomplex ist wirkungsmächtig
Dass in Bangladesh nicht alles gut ist, lässt sich ja auch leicht erkennen. Dass die Textilindustrie in einer globalisierten Welt zumeist der erste Schritt raus aus der Armut eines Landes ist, dass es den Menschen in Bangladesh heute um ein vielfaches besser geht als noch Anfang der 1990er Jahre, lässt man hingegen gerne aus. Unser Problem bei diesem wie so vielen anderen Problemen der Welt, so auch in Afrika, ist nicht, wie schlecht es den Menschen gemessen an ihrer Ausgangsposition geht, sondern gemessen an unseren eigenen westlichen Maßstäben. Dass wir darüber vergessen, dass es sich um hochkomplexe gesellschaftliche Prozesse handelt, die individuell, auf das jeweilige Land bezogen, unterschiedlich viel Zeit beanspruchen. Dass es utopisch ist, zu denken, man könne den Hunger Afrikas von heute auf morgen beseitigen, aber realistisch, wenn man sagt, dass es allen Dritte-Welt-Ländern heute wesentlich besser geht als noch vor 50, 40 oder auch nur 20 Jahren. Zu lernen, dass die Welt nicht gerecht ist, aber wenigstens gerechter wird. Dass das, was es braucht, nicht mehr linke Utopisten sind, sondern mehr Rationalisten mit Geduld und Sachverstand, um Fortschritte mit den Betroffenen weiter voranzutreiben statt sie weinerlich zu bemitleiden.
So lange wir die Mehrheit dieser Gesellschaft nicht von der Überzeugung befreien, so lange sie sich nicht selbst von der Überzeugung befreit, an den hier Eingewanderten Wiedergutmachung bis zur absoluten Selbstverleugnung leisten zu müssen, so lange wird hier keine Tat, möge sie noch so schlimm sein, für ein breites Umdenken sorgen. Denn es ist jene selbstauferlegte, selbstquälerisch- imperialistisch-ausbeuterische Kollektivschuld des Westens, die den Fremden per se sakrosankt macht. Es ist jene hausgemachte Kollektivschuld, die sich in Deutschland auch noch mit der Nazi-Schuld mischt. Was dafür sorgt, dass Menschen, die Kritik üben, für ihr vermeintlich einfaches Weltbild von der linken Bourgeoisie verspottet werden, während diesen Spott eigentlich jene Unterkomplexität des linken Weltbildes offenbart.
Maria L. ist also nicht nur das Opfer dieses afghanischen Gewalttäters aus einer verrohten Kultur. Sie ist ebenso Opfer einer von linker Ideologie durchsetzten Wohlstandsgesellschaft, die ihr jegliche Schutzmechanismen abtrainiert hat, die sie zum Opfer hergerichtet hat. Die sie hat glauben lassen, sie hätte etwas gut zu machen. Die sie sich hat in Sicherheit wiegen lassen, wo es angesichts dieser Wahnsinns-Politik keine Sicherheit mehr gab. Sie ist Opfer im archaischen Sinn: Den Götzen hingeworfen.
Ein solches Weltbild muss sich eine Gesellschaft leisten können. Dies kann sie nur so lange, wie sie aus der Ferne in europäischer linksintellektueller Arroganz mit europäischen Maßstäben über die Probleme der Welt urteilt. Sie kann es nicht mehr, wenn sie die Probleme der Welt aus falscher Schuldannahme zu sich geholt hat und von ihnen überrannt wird.
An diesem Punkt müsste die Erkenntnis Platz greifen, dass die Probleme nicht allein auf unseren Verfehlungen beruhen und deswegen auch nicht allein von uns beseitigt werden können. Eigentlich ein schlichter Gedanke. Aber statt ihn zuzulassen wird weiter relativiert. So lange, bis die kulturrelativistische Revolution ihr nächstes Kind frisst. Es ist unser Kind.
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