Nach der Energiewirtschaft ist die Automobilindustrie dran. Ein Verbot von Verbrennungsmotoren trifft nicht nur die Wirtschaft, es bedeutet auch das Ende individueller Mobilität. Einmal mehr zeigt sich: "Klimaschutz" und Freiheit passen nicht zusammen.
Im Juli erhielt der deutsche Bundesrat von der EU-Kommission ein Papier, in dem die Grundzüge der künftigen europäischen Strategie für emissionsarme Mobilität skizziert werden. Im September formulierte die Länderkammer eine Stellungnahme, die mit neun Ja-Stimmen und sieben Enthaltungen angenommen wurde. Im Oktober nahmen einige Medien diesen Beschluss zur Kenntnis und berichteten darüber unter der Schlagzeile, die Bundesländer hätten sich dafür ausgesprochen, ab 2030 die Neuzulassung von benzin- und dieselgetriebenen Automobilen zu verbieten.
Das stimmt so zwar nicht, aber richtig ist es dennoch. Widersprüche dieser Art ergeben sich zwangsläufig, wenn „Klimaschutz“ und Wirklichkeit aufeinandertreffen. Also immer.
Die Vorlage der EU-Kommission geht von dem Ziel aus, die verkehrsbedingten Treibhausgasemissionen bis zur Mitte des Jahrhunderts um 60% gegenüber dem Jahr 1990 zu reduzieren, mit einer klaren Tendenz Richtung null. Der Bundesrat merkt zunächst an, diese Vorgabe sei nicht ausreichend, um die Vorgaben des Weltklimavertrages zu erfüllen. Das ist korrekt, denn das Zwei-Grad-Ziel erfordert die vollständige Dekarbonisierung aller Volkswirtschaften weltweit in den kommenden zwanzig Jahren, auch der europäischen, auch der deutschen. Für 1,5 Grad verblieben nicht einmal mehr zehn Jahre. Interessanterweise lehnt man dann fast alle Ideen der Kommission ab, die Verbrenner von der Straße zu verdrängen. Ob Mautsysteme, die an den Kohlendioxid-Ausstoß und die zurückgelegte Strecke angelehnt sind, ob Fahrverbote in Städten, ob zwingende Beschaffungsvorschriften für die öffentliche Hand oder ob „fortgeschrittene Biokraftstoffe“, die nicht aus Nahrungspflanzen hergestellt werden – nichts findet Gnade vor den Augen der Ländervertreter. Einzig der Ansatz, fossil betriebene Fahrzeuge steuerlich zu benachteiligen, stößt auf Gegenliebe, die folgendermaßen zum Ausdruck kommt:
„Hier gilt es, die bisherigen Steuer- und Abgabenpraktiken der Mitgliedstaaten auf ihre Wirksamkeit hinsichtlich der Förderung emissionsfreier Mobilität auszuwerten und Vorschläge zum diesbezüglichen effizienten Einsatz von Abgaben und steuerrechtlichen Instrumenten zu unterbreiten, damit spätestens ab dem Jahr 2030 unionsweit nur noch emissionsfreie PKW zugelassen werden.“
Ein Verbot ist das nicht. Ein Verbot strebt auch die EU-Kommission nicht an. Man will lediglich die Nutzung von Benzin, Diesel, Autogas und Erdgas mit Steuern und Abgaben in einer Höhe belegen, die den Kauf entsprechender Autos für fast alle Kunden unattraktiv macht. Diese Stellungnahme ist als Wunsch des Bundesrates zu sehen, genau eine solche Gesetzgebung, die faktisch einem Verbot gleichkäme, ohne juristisch eines zu sein, zügig aufzusetzen und zu verabschieden.
Arbeitsplätze und Innovationsstandort vernichten
In dem gegenwärtig von grünen Umweltministern beherrschten Diskurs kommt dies nicht überraschend. Zumal die Stellungnahme und die Berichterstattung sicher nicht völlig zufällig in die Vorbereitungsphase eines Parteitages fallen, auf dem die Grünen eine solche Regulierung beschließen wollen. Auch hat sich das SPD-geführte Bundesumweltministerium in seinem Umweltprogramm 2030 diesem Ziel verschrieben. Barbara Hendricks möchte es nach wie vor auch in den „Klimaschutzplan“ der Bundesregierung integrieren und versucht daher, die unionsgeführten Ressorts auf ihre Seite zu bringen. Die unionsgeführten Länder scheinen ja auch nichts dagegen zu haben.
Für den Wirtschaftsstandort Deutschland hätte eine solche Maßnahme katastrophale Folgen. Die auf die Herstellung und den Betrieb von Verbrennungsmotoren ausgerichtete Wertschöpfungskette ist eine Säule der deutschen Industrie. Mehr als eine Million Arbeitsplätze in der Mineralölverarbeitung, in der Metallverarbeitung, bei den Automobilherstellern, bei deren Zulieferern, in Handel und Dienstleistungen und in der Forschung wären bedroht. Beispiele für die bevorstehende Entwicklung bieten die grüne Gentechnik, die Erdöl- und Erdgasförderung (Fracking) und die Kerntechnik. Schon hier hat die Politik ganze Branchen vernichtet, hat sich von Spitzentechnologien, Investitions- und Innovationsoptionen verabschiedet. Mit der Ächtung des Verbrennungsmotors geht es nun an die Substanz.
Denn es handelt sich nicht um eine Umstellung von Benzin- und Dieselmotoren auf elektrische Antriebe, nach der mindestens alles beim alten bleibt, wenn nicht gar neue Wachstumsschübe entstehen, wie weiland bei der Substitution von Dampfmaschinen durch Otto- oder Dieselaggregate. Letztere zu verbieten markiert vielmehr eine radikale Änderung des etablierten Konzeptes individueller Mobilität.
Stromer statt Verbrenner kein Technikwechsel …
Was soll ich mit einem Batteriefahrzeug, dessen Energiespeicher kein einfacher und billiger Kunststoffbehälter, sondern ein teurer und komplizierter Akkumulator ist? Natürlich kann auch ein solcher bei ausreichender Dimensionierung genug Energie aufnehmen, um ein Fahrzeug mehrere hundert Kilometer weit zu bewegen. Aber das Nachtanken ist ziemlich aufwendig, weil gefährlich. Flüssige Kohlenwasserstoffe verbrennen nicht von selbst. Sie bedürfen einer externen Erregung durch einen Zündfunken oder eine hohe Verdichtung, die erst im Motor selbst geschieht. Vom Tank droht keine Gefahr. Eine Batterie dagegen ist eine Bombe, deren Explosion in sehr geringem Tempo stattfindet. Führt man ihr zu viel Energie in einem zu kurzen Zeitraum zu, oder entnimmt man ihr zu viel zu schnell, dann war es das. Das durften neben dem berühmten und hochgejubeltem kalifornischen Autobauer auch schon der größte amerikanische Flugzeughersteller und jüngst ein koreanischer Smartphone-Produzent feststellen. Das Laden eines Akkumulators ist kein trivialer Vorgang. Die Vorstellung, irgendwann könne elektrische Energie ebenso schnell nachgefüllt werden, wie das chemische Potential flüssiger Kohlenwasserstoffe, scheitert an der Physik. Auch „schnelles Laden“ bedeutet Stillstandszeiten von dreißig bis sechzig Minuten und bis auf weiteres werden entsprechend potente Stromtankstellen aufgrund der für sie erforderlichen Investitionen nicht flächendeckend verfügbar sein. Langes Warten auf die Wiederherstellung der Fahrbereitschaft ist und bleibt ein Charakteristikum der Elektromobilität.
Ein Batteriefahrzeug ist auch nicht flexibel hinsichtlich der Streckenwahl. Man muss sich an den Ladepunkten orientieren. Die eventuell auch noch blockiert sind. Man stelle sich das Chaos vor, wenn viele Menschen gleichzeitig mit Elektroautos in den Urlaub aufbrechen und sich auf den Weg zu beliebten Ferienzielen machen.
Elektromobilität verlangt Vorbereitung und Planung. Da kann ich mich auch gleich öffentlichen Verkehrsmitteln anvertrauen, Carsharing nutzen oder einen Fahrdienst. Zumal mit autonomen, fahrerlosen Vehikeln letztere in Zukunft sehr komfortabel und preiswert sein werden. Wenn ich nur noch Autos bekommen kann, die mir nicht, wie mein Benziner heute, die spontane und völlig autonome Erfüllung meiner individuellen Mobilitätswünsche ermöglichen, unabhängig von Ort, Zeit und äußeren Umständen, unabhängig von der Verfügbarkeit von Angeboten Dritter, die ich nicht beeinflussen kann, unabhängig vor allem vom Mobilitätsbedarf meiner Mitmenschen, dann verzichte ich lieber auf ein eigenes Fahrzeug.
… sondern ein Kulturwechsel
Ein staatlich erzwungener Umstieg auf Elektromobilität bedeutet das Ende des motorisierten Individualverkehrs, wie wir ihn kennen und schätzen. Er bedeutet das Ende der Bewegungsfreiheit, wie sie mit konventionellen Fahrzeugen verbunden ist. Er beinhaltet nicht einen Aufstieg der Automobilindustrie in neue Höhen, wie häufig suggeriert, sondern im Gegenteil deren massive Schrumpfung. Da Batteriefahrzeuge nichts können, was ein Verbrenner nicht auch kann, sondern im Gegenteil deutlich weniger Flexibilität zu deutlich höheren Kosten bieten, werden private Autokäufe deutlich zurückgehen. Im neunzehnten Jahrhundert haben die meisten derer, die es sich hätten leisten können, auch den mit dem Besitz eines eigenen Pferdes verbundenen Aufwand gescheut, und sich stattdessen lieber mit Mietdroschken fortbewegt. Nach dem staatlich erzwungenen Umstieg auf Elektromobilität werden die Automobilhersteller fast nur noch Flottenbetreiber beliefern können, die Fahrdienste anbieten. Das bedeutet wesentlich geringere Stückzahlen, wesentlich weniger Wertschöpfung, wesentlich weniger Arbeitsplätze und damit erhebliche gesamtgesellschaftliche Wohlstandseinbußen.
Für die ökologistische Bewegung in Deutschland beinhaltet das Verbrennerverbot also gleich den doppelten Gewinn. Neben den Emissionen, die sowohl bei der Herstellung, als auch beim Betrieb von Automobilen entstehen, sinkt auch der Ressourcenverbrauch deutlich. Deswegen werden sie es durchsetzen, die Grünen, ob sie nun der CDU, der SPD, den Linken oder den Grünen selbst angehören. Und sie werden kaum bis 2030 damit warten, denn in den Niederlanden diskutiert man eine ähnliche Regulierung bereits für 2025. Sich als selbsternannte moralische Weltmacht von anderen in seinem Engagement sogar überholen zu lassen, wäre schließlich kaum akzeptabel.
„Klimaschutz“ bedeutet, Risiken zu vermeiden, die nur in Computermodellen existieren – wenn sie nicht gleich reine Phantasien darstellen – und das mit Maßnahmen, die die individuelle Freiheit ebenso einschränken, wie das Gedeihen der Wirtschaft. Mit Maßnahmen, die mehr Schaden anrichten, als es ein Klimawandel jemals könnte. Das Verbrennerverbot zeigt beispielhaft den totalitären Charakter eines wirkungsvollen Klimaregimes. Denn will man die durch den Pariser Weltklimavertrag vorgegebenen Ziele tatsächlich erfüllen, dann gelingt das nur, wenn der Staat bestimmt, welche Energieträger seine Bürger wann in welchem Umfang zu welchem Zweck verbrauchen dürfen. Nach der Energiewende folgt nun mit der Verkehrswende ein weiterer Schritt auf diesem Weg.
Für mich ist diese Politik nicht. Für mich bedeutet das: Spätestens 2029 werde ich mir zum letzten Mal ein eigenes Auto anschaffen. Danach nie wieder. Auf Wiedersehen VW, Daimler und BMW, ihr hattet eure Zeit. Ihr habt euch nie wirklich gewehrt und jetzt ist es zu spät.
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