Das wird man ja wohl noch twittern dürfen …

Ein Mitarbeiter von Scholz & Friends beruft sich auf seine Meinungsfreiheit, als er Werbekunden aufrief, die Achse des Guten und Tichys Einblick zu boykottieren. Jetzt stehen Schadenersatzleistungen für die negativen wirtschaftlichen Folgen auf der Agenda.

Nach Tagen der schmutzigen Kampagne gegen die Achse des Guten und Tichys Einblick hat sich der Arbeitgeber Scholz & Friends zumindest ein wenig von seinem umstrittenen Mitarbeiter distanziert. Nun verkündet dieser Mitarbeiter in einem (Verlautbarungs)-Interview mit dem stern stramm, dass er sich von Scholz & Friends getrennt hätte. Nach seinem „Erfolg“, als er den seine rechtswidrige Kampagne sieht, möchte er zu neuen Ufern aufbrechen, zum weiteren Kampf gegen das Böse. Er sieht sich selber als Opfer seiner eigenen Twitter-Kampagne respektive als Opfer der Reaktionen darauf.

Aus der Not versucht der Mitarbeiter eine Tugend zu machen und zu retten, was für ihn zu retten ist. Tatsächlich verhält es sich nämlich so, dass er durch sein Verhalten Scholz & Friends zu einer fristlosen Kündigung seines Arbeitsverhältnisses veranlasst hat, der er selbst und die Agentur mit seinem „freiwilligen“ Ausstieg bei Scholz & Friends jetzt zuvor gekommen sind. Neben den Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung liegen, wie meistens in solchen Fällen, die Voraussetzungen für Schadenersatzverpflichtungen des Mitarbeiters und, soweit sich die Agentur dessen Verhalten zurechnen lassen muss, auch Schadenersatzverpflichtungen der Agentur selbst vor.

Boykottaufrufe sind rechtswidrig und dabei ist es unerheblich, ob derjenige, der zum Boykott aufruft, mit allerlei Drumherumreden versucht, das Wort Boykottaufruf zu vermeiden. Entscheidend ist, wie immer im Recht, bei der Auslegungen von Willenserklärungen und anderen Äußerungen die Außensicht, nämlich wie der berühmte verständige Dritte die ziemlich hasszerfressene Aktion des Scholz & Friends-Mitarbeiters verstanden hat. Aus dieser Sicht eines unbeteiligten Dritten gibt es vorliegend keinen Zweifel, dass der Scholz & Friends-Mitarbeiter mit seiner Initiative #keingeldfürrechts eine sehr üble Boykottnummer hingelegt hat. Seine Vertuschungsversuche machen seinen Boykottaufruf noch schlimmer.

Prima facie: Etliche der in der werbenden Wirtschaft für die Auftragsvergabe zuständigen Mitarbeiter haben nervös und prompt reagiert und auf die Kampagne des Scholz & Friends-Mitarbeiters hin ihre Agenturen angewiesen, entgegen den marktüblichen Spielregeln, die Werbung bei der Achse des Guten und auch bei Tichys Einblick zurück zu ziehen. So gefährlich sind Boykottaufrufe in so gefährlichen politischen Stimmungslagen.

Zur Pressefreiheit

Jeder hat das Recht, im Rahmen der Gesetze seine Meinung frei zu äußern. Auch Personenvereinigungen haben dieses Recht und dieses Recht bedeutet, dass sich jeder für die Regierung und ihre Politik öffentlich einsetzen kann. Was denn sonst?

Ob es sich allerdings um eine freie Meinungsäußerung im Sinne des Grundgesetzes handelt, wenn einzelne Bürger oder einzelne Vereinigungen von Bürgern ihre Multiplikationsmacht, die sie als Angestellte von Medien, Verbänden oder von Werbeagenturen oder sonst haben, dazu verwenden, öffentlichen Druck zu erzeugen, Dritte, die offenbar nicht ihrer politischen „Überzeugung“ willfährig sind, wirtschaftlich zu schädigen, um sie auf diese Weise zu zwingen von ihrer eigenen politischen Meinungsfreiheit keinen Gebrauch mehr zu machen oder machen zu können, ist mehr als fraglich.

Wenn ein Zuckerhersteller eine Werbekampagne gegen einen Zigarettenhersteller fährt, um ein Beispiel zu konstruieren, könnte man meinen, dies sei ja toll: Rauchen ist ungesund. Wenn die Motivation des Zuckerherstellers allerdings allein darin besteht, von den gesundheitlichen Risiken des eigenen Produktes Zucker abzulenken, sieht es mit der Legitimität plötzlich diametral anders aus. Fettleibigkeit durch Zucker ist vielleicht nicht besser als Gesundheitsschäden durch Rauchen. Wer weiß?

Diese Hilfsüberlegung führt zum nächsten Schritt: Wenn der Zuckerhersteller Demokrat ist, um den Fall ins ferne Amerika zu verlegen, und dann in guter Lobbyarbeit von der demokratischen Partei, natürlich möglichst unauffällig, politisch profitiert und der Zigarettenhersteller Republikaner ist, der wirtschaftlich ruiniert werden soll, um seine Unterstützung für die republikanische Partei nicht mehr leisten zu können, dann stellt sich die Anti-Tabakkampagne des Zuckerherstellers, obwohl sich alles im privatrechtlichen Bereich abspielt, unter dem Gesichtspunkt der Meinungsfreiheit schon ganz anders dar.

Wenn Oberspekulanten der Demokraten, nachdem sie mit ihrer Geldmacht den Wahlausgang nicht so gestalten konnten, dass der verhasste Trump nicht gewählt wurde, dann auf den Trick verfallen, Trump zu blacklisten und Druck auf den Markt auszuüben, Trump zu schneiden und ihn so wirtschaftlich zu ruinieren, dann kann dieser Trick nicht mehr von der Meinungsfreiheit gedeckt sein.

Festzustellen gilt: Politik machen wollen und auf dem Umweg über Wirtschafts- und Meinungsmacht missliebige Meinungen ausschalten (zu wollen), ist eine völlig neue Form von Verfassungsbruch, die es in so massierter Form, so schnell weltweit kopiert, in den westlichen Demokratien noch nie gegeben hat.

Merkels Allianz von Justizminister Maas bis runter bis zur Antifa, vom Oberzensor in den Ministerien bis zum Eingreiftmob auf der Straße, über private Stiftungen und allerlei obskure Vereine und Meinungssheriffs, das ist die andere Medaille des neuen Verfassungsbruchs zu Lasten genau der Presse-und Meinungsfreiheit, derer sich die neuen Verfassungsfeinde überdehnt bedienen.

Einfach mal so vor sich hin twittern, das wird man ja wohl noch dürfen, und nur ein bisschen seine überlegene Meinungsfreiheit – überlegen, weil der imaginierte Blödsinn, der intellektuell zusammen gestusselt wird, moralisch und IQ-mäßig top wären – das ist eine neue Masche: don’t buy Trump, don’t buy Achse des Guten don’t buy Tichys Einblick usw.

Eine Person, die sich selbst in einem wirren Text Moral und IQ attestiert, in einem Text, der genau dieser Qualitäten entbehrt, offenbarte jüngst die neu in Mode geratene Masche des mißbräuchlichen Umgangs mit der Meinungs-und Pressefreiheit.

Dieser Mitarbeiter der koalitionsnahen Werbeagentur Scholz & Friends setzt auf die hysterischen Mechanismen des Marktes in Sachen „Rechts“ und twitterte still vor sich, dass die werbende Wirtschaft doch besser ihre Agenturen anweisen sollte ihm politisch missliebig erscheinende Medien, die nun einmal wie alle Medien auch von Werbung leben, zu meiden, zu boykottieren. Nichts Anderes war die Botschaft des privat auftretenden Werbemannes.

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Werbeagenturen sind in der Außenwahrnehmung Giganten. Wenn man sich aus gegebenem Anlass mit der Werbeagentur Scholz & Friends beschäftigt, dann kommt dabei allerdings ein für die deutsche Wirtschaft eher kleines, so gesehen irrelevantes Wirtschaftsunternehmen mit gerade einem 77 Millionen Jahresumsatz heraus. Allerdings ein Unternehmen, in dem einige Mitarbeiter de facto darauf Einfluss nehmen können, ob Werbemittel in das eine oder andere Medium fließen, ob Werbung in dem einen oder dem anderen Medium erscheint. Dabei ist es unerheblich, ob dieser Einfluss förmlich im Namen der Agentur Scholz & Friends ausgeübt wird, oder ob ein Mitarbeiter vorgeblich privat seine Angestelltenstellung bei der Agentur unter deren billigender Inkaufnahme ausnutzt.

Die Kanzlerin ist für die Werbeagenturen, die die Bundesregierung aus Steuermitteln bezahlt, nicht juristisch, aber politisch in dem Sinne mitverantwortlich, als diese Vertragspartner der Regierung oder einzelner ihrer Ministerien rechts-und grundgesetzkonform arbeiten (sollen). Andernfalls hat die Kanzlerin ihre Kanzlerbefugnisse dahingehend auszuüben, dass der Agentur Scholz & Friends fristlos gekündigt und entsprechend Schadenersatz durchgesetzt wird.

Scholz & Friends wirbt auf dem Markt damit, Regierungsagentur zu sein, schmückt sich mit Bundesministerien genauso wie besagter Mitarbeiter sich mit seinem Job bei der Werbeagentur schmückt. Solange Merkel die Angriffe Dritter, die sie ihrer politischen Sphäre zurechnen muss, auf die grundgesetzlich geschützte Meinungs-und Pressefreiheit duldet, muss sich die Kanzlerin diese Angriffe höchst persönlich zurechnen lassen.

In einer Umwelt, in der Firmen Mitarbeitern, deren Job überhaupt keine meinungsrelevante Außenwirkung haben kann, weil sie zum Beispiel an irgendeiner Drehbank vor sich hin schaffen, kündigen, weil diese Mitarbeiter etwa einer nicht verbotenen politischen Partei nahe stehen oder im Internet etwas entsprechendes gepostet haben, ist klar, mit welcher normativ wirkenden Wirklichkeit es die Bundesrepublik aktuell zu tun hat.

Offiziöser oder quasi offiziöser Meinungsterror zur Beschneidung der grundgesetzlich geschützten Meinungsfreiheit lässt sich nicht mit dem Grundrecht der Meinungsfreiheit legitimieren, auch nicht, wenn als Motiv irgendein Kampf gegen irgendeine subjektiv politisch missliebige Meinung als Motivation angegeben wird. Jede Meinung, die nicht gegen die Verfassung verstößt, ist als solche legitim. Die Demokratie lebt von Meinung und Gegenmeinung, von sinnreichen und sinnlosen Meinungen.

Die Regierung und alle privaten, von der Regierung beschäftigten natürlichen und juristischen Personen müssen sich bei ihrem Tun und Lassen am Grundgesetz messen lassen. Das Antidiskriminierungsgesetz zeigt und konkretisiert die gesetzgeberische Auslegung der Verfassung. Solange eine Meinung nicht in verfassungskonformer Weise verboten ist, ist sie erlaubt. Solange eine Partei nicht durch das Bundesverfassungsgericht verboten ist, ist sie erlaubt. Es können einem Meinungen, auch politische Parteien total auf die Nerven gehen, aber die Wertung des Grundgesetzes, das erlaubt ist, was nicht verboten ist, steckt den Rahmen ab.

Den anderen wirtschaftlich ruinieren wollen, um dessen Meinung auszuschalten, ist Verfassungsbruch

Der freie Meinungsstreit ist das ungeschriebene Gebot der Verfassung, die Demokratie verlangt. In dem Sinne sollen auch Werbefritzen Farbe bekennen und ihre politischen Meinungen oder Gegenmeinungen äußern. Aber den anders Denkenden wirtschaftlich ruinieren wollen, um seine Meinung auszuschalten, das ist Verfassungsbruch. Das ist eine eklatante Überdehnung der eigenen Meinungsfreiheit. Und es ist im konkreten Fall auch noch Verleumdung und eine schadenersatzpflichtige Unhandlung.

Diejenigen, die daherreden, dass es Links und Rechts nicht mehr gibt, merken nicht, dass sie gern im selben Absatz andere Meinungen als „Rechts“ diskreditieren. Das allerdings liegt daran, dass „Rechts“ nichts mit „Rechts“ zu tun hat, sondern einfach nur das härteste Modeschimpfwort ist. Da hat die Justiz einiges nachzuholen, nämlich zu differenzieren zwischen einem politischen Terminus „Rechts“ und der bloßen Schimpfvokabel „Rechts“. „Rechts“ ist die übelste Verbalinjurie der Zeit. Das ist das, was die Justiz zu begreifen hat. Wer den diesermaßen transportierten Nazivorwurf nicht begründen und belegen kann, muss die volle Härte des Strafgesetzes spüren, insbesondere dann, wenn eine missbräuchliche Ausnutzung einer öffentlichkeitswirksamen Stellung dahintersteht.

Werbeagenturen, die sich mit Aufträgen der Bundesregierung schmücken, sind als steuerfinanzierter Vertragspartner nicht tragbar, wenn sie ihre faktische Meinungsmacht dem Grundgesetz zuwider ausnutzen oder es dulden, wenn Mitarbeiter unter ihrem Dach, wenn auch nicht förmlich in ihrem Namen, genau das tun. Insofern hat die Beendigung der Zusammenarbeit mit Hensel eine klare, notwendige Grenze gezogen.

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