Hugo Müller-Vogg geriet in die Rolle, die bisher üblichen Macht-Deals als "part of the game" zu erklären. Während Rainer Brüderle den Systemkritiker gibt, soweit das einem aus der Mainzer Idylle Gonsenheim über die Lippen kommen kann.
Zum „Geschacher um die höchsten Ämter“ fragte Peter Hahne Rainer Brüderle, als „die personifizierte FDP“ und Hugo Müller-Vogg als „scharfer Hund“ in seinem eigenen Blog und auf Tichys Einblick. Über 20 Namen werden für das Amt des Bundespräsidenten genannt, beim Amt des Bundeskanzlers ziert sich Merkel, in der SPD wird der absehbare Verlierer als Kanzlerkandidat wie eine heiße Kartoffel herumgereicht.
Brüderle hat für die Runde die Direktwahl des Bundespräsidenten als seine Botschaft gewählt. Natürlich weiß er, dass eine solche Verfahrensänderung bis zum Termin schon rein gesetzestechnisch nicht ginge. Vor allem aber dass die Bundestagsparteien sich einem solchen Plebiszit-Risiko in Zeiten der AfD unter keinen Umständen aussetzen wollen. Aber das Plädoyer für Direktwahl passt gut in die öffentliche Stimmung des Wettbewerbs um Populäres und Plakatives. Wird sich Brüderle gedacht haben.
Ohne mehr Kompetenzen des Bundespräsidenten, die nur innerhalb einer anderen Spitzenstruktur in einer anderen Verfassung vorstellbar sind, macht die Direktwahl für Müller-Vogg keinen Sinn. Also bliebe es bei dem gewohnten Machtspiel, dass Koalitionswechsel über Präsidentenkandidaten inszeniert werden können. Wie weiland die Wahl Heinemanns die Große Koalition beendete und die rot-gelbe einleitete, könne nun ein Kretschmann als Präsident Schwarzgrün vorbereiten. Eine Operation, bei der die CDU sofort dabei wäre, die aber ein Problem für die Grünen ist: Sie sind gespalten zwischen den Optionen Schwarz-Grün und Rot-Grün-Rot.
Nun könnte man sagen, kein Wunder, dass Brüderle, quasi als Vertreter der APO, auf das politische Establishment schimpft, Vertrauensverlust in die Demokratie beklagt und die Direktwahlmelodie singt. Dass der frühere Wirtschaftsminister von Rheinland-Pfalz den Bundesrat als Ort des Stimmenkaufs wie früher bei der Kaiserwahl anprangert, rundet Brüderles Systemkritik ab. (Dass er mit Systemkritik im Ton der Gonsbach-Lerchen der AfD keinen einzigen Wähler abjagt und keinen der größten Partei, den Nichtwählern, bleibt außen vor). So gerät Müller-Vogg in die Rolle, die bisher üblichen Macht-Deals als „part of the game“ zu rechtfertigen. Während Brüderle den Systemkritiker gibt, soweit das einem aus der Mainzer Idylle Gonsenheim über die Lippen kommen kann.
Einiger sind sich die beiden beim Kanzlerkandidaten-Game, dass in der SPD Gabriel am Ende nichts übrig bleiben wird, als es selbst auf sich zu nehmen. Für die Frage nach welcher Koalition nach der nächsten Bundestagswahl ist das ja neutral.
Hahne versäumt nicht den Gauck’schen Luftballon eines Mohammedanders als seinen Nachfolger auf den Tisch zu legen. Das wäre „ein Konjunkturprogramm für die AfD“ sagt Müller-Vogg. Brüderle ist nicht unangenehm, dass er dazu nichts sagen muss.
Und dann ist das Triumvirat bei der Frage, wer wird denn nun Präsidentenkandidat. Kretschmann, sagt Müller-Vogg, könnte der gemeinsame Kandidat von Schwarz und Rot sein, keine eindeutige Koalitionsfestlegung für 2017, oder eine parteilose Frau. Kretschmann sagt Brüderle, wenn die CDU von der GroKo abrückt, sonst jemand Neutrales. Aber niemand von den bisher über 20 genannten anderen, da sind sich beide einig. Und Brüderle vergisst nicht zu erwähnen, dass Gauck ja nur dank der FDP Präsident wurde – und es am besten doch noch mal machen solle.
Hugo Müller-Vogg ist und bleibt Realist, Rainer Brüderle gemäßigter Populist. Am Ende bleibt mir das Staunen, dass drei Bürgerliche im Kammerton im Fernsehen überhaupt noch möglich sind.
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