Pornhub & die Politik: Die letzten Atemzüge einer unheiligen Allianz?

In den USA setzen erste Bundesstaaten verpflichtende Alterskontrollen auf pornografischen Streamingseiten um. Die EU hätte schon längst nachziehen können, bekämpft aber lieber die Redefreiheit auf Elon Musks X. Dennoch könnte die Ära uferloser sexueller Indoktrination bald an ein Ende kommen.

IMAGO / Bihlmayerfotografie
Nach Jahren der untätigen Toleranz pornographischer Streamingseiten, kommt endlich ein wenig Bewegung in eines der zentralen Schlachtfelder im Kampf gegen die Degeneration. Denn obwohl hinlänglich bekannt war, dass diese Seiten keinerlei effizienten Jugendschutz boten, der den Zugriff Minderjähriger verhinderte, dauerte es bis jetzt, dass der US-amerikanische Bundesstaat Texas eine verpflichtende Alterskontrolle auf Pornoseiten forderte und damit einen Präzedenzfall schuf. Der Streamingriese Pornhub klagte dagegen vor dem Obersten Gerichtshof der USA – und verlor. Das Urteil dürfte als richtungsweisend gelten, mittlerweile haben bis zu 12 weitere Bundesstaaten durchblicken lassen, ähnliche Kontrollen einzufordern.

Zur Erinnerung für all die unschuldigen Seelen unter den Lesern: Die pornographische Industrie hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zunehmend auf sogenannte Streamingseiten, die nach demselben Prinzip wie YouTube funktionieren, verlagert. Dort finden Konsumenten von Erwachsenenunterhaltung nicht nur unterschiedlichste Kategorien, sondern auch einen Algorithmus, der bei jedem Videoclip eine Reihe weiterer Vorschläge bietet, die dafür sorgen, dass die Zuseher auf der Plattform bleiben und damit weitere Werbeeinnahmen generieren.

Doch im Laufe der Jahre wurden auch regelmäßig Vorwürfe gegen diese Seiten laut, auf denen immer wieder Videos vom Missbrauch Minderjähriger, von Vergewaltigungen, sowie unfreiwillig geteilte Privataufnahmen auftauchten. Als wäre das noch nicht schlimm genug, verfügen diese Seiten allesamt über einen „Jugendschutz“, der den Begriff an sich zu verhöhnen scheint. Wer nämlich diese Seiten aufruft, wird von einem kurzen Pop-Up begrüßt, das darauf hinweist, dass es sich um eine Erwachsenenwebseite handle, woraufhin man durch einen Klick auf „Hetero“, „Schwul“ oder „Trans“ sein Einverständnis erteilt, dass man 18 Jahre sei und Inhalte in dieser Geschmacksrichtung suche. Ein Klick und man wird von einer schier unendlichen Reihe expliziter Inhalte begrüßt, keine weiteren Fragen werden gestellt, keine Anmeldung oder Altersverifizierung sind von Nöten.

Wirkungslose Verbote

Dass dieses System über so viele Jahre hinweg Bestand haben konnte, ist einer der größten Skandale des Internets des 21. Jahrhunderts. Aber unter dem Deckmantel des Jugendschutzes gelang der Medienaufsicht in Deutschland 2022 zumindest ein Teilerfolg, als einer der Hauptkonkurrenten des Branchenriesen Pornhub, XHamster, in Deutschland aufgrund mangelnder Alterskontrollen blockiert wurde. Aber nicht nur, dass dieses Urteil nie gegen die Konkurrenz ausgesprochen wurde, sodass sich der Verdacht der Wettbewerbsverzerrung statt des Jugendschutzes aufdrängt, XHamster umging die Sperre in Deutschland nur kurze Zeit später mit Leichtigkeit, da die Sperre gegen die deutsche Domain mit dem Präfix de. ausgesprochen wurde und XHamster daraufhin einfach die Präfix auf deu. änderte. Blockade umgangen, Konsequenzen Fehlanzeige.

Marktführer Pornhub böte mehr als genug Anlass, um einmal genauer hinzusehen. Pornhub gehört zum Konglomerat Aylo (vormals Mindgeek), zu dem auch weitere Seiten wie RedTube und YouPorn sowie die Produktionsfirma Brazzers gehören. Die Geschichte von Aylo reicht zurück bis in die 90er Jahre. Gegründet wurde der Vorgänger von Aylo vom Aachener Geschäftsmann Fabian Thylmann, damals noch unter dem Namen Manwin. Thylmann akquirierte in der Frühzeit der Streaming-Pornographie eine Reihe von Konkurrenzseiten und baute so ein De-Facto-Monopol auf.

Aber bereits 2012 geriet Pornhub ins Visier der Steuerfahndung. Der in Belgien sesshafte Thylmann wurde mit Verdacht auf Steuerhinterziehung festgenommen, 2013 verkaufte er das Unternehmen für 73 Millionen Euro und lebt seitdem – nach Eigenaussage – ein entspanntes Leben.

Reihenweise folgenlose Skandale und Prozesse

Nach dem Verkauf benannte Manwin sich zu Mindgeek um, doch es dauerte nicht lange, bis das Konglomerat wieder in die Schlagzeilen kam. 2021 gingen mehrere Frauen gerichtlich gegen Pornhub vor, da nicht-einvernehmliche pornographische Inhalte von ihnen auf der Seite aufgetaucht waren. Der Vorwurf lautete, dass Pornhub und Mindgeek „wissentlich von Videos profitiert haben, die Vergewaltigung, sexuelle Ausbeutung von Kindern, Rachepornos, Menschenhandel und andere nicht einvernehmliche sexuelle Inhalte zeigen“. Pornhub verwehrte sich gegen die Vorwürfe und behauptete, illegale Inhalte würden nicht toleriert und man würde die Angelegenheit untersuchen.

Eine weitere Klage wurde im selben Jahr im Namen von Opfern von Kinderhandel geführt. 2022 kam ein Richter zu der Schlussfolgerung, dass es legitim sei davon auszugehen, dass eine wissentliche Unterstützung der Monetarisierung von Kinderpornographie durch Mindgeek von der Kreditkartenfirma Visa stattfand. Infolge dieses Urteils beendeten MasterCard und Visa ihre Zusammenarbeit mit dem von Mindgeek benutzten Zahlungsmodul, womit auch diese Angelegenheit glimpflich überstanden wäre.

Als 2023 dann die Netflix-Dokumentation „Money Shot“ erschien, die die Skandale um Pornhub thematisierte, wurde nur einen Tag nach Erscheinen der Dokumentation Mindgeek wieder verkauft. Diesmal an ein Private-Equity-Unternehmen mit dem vielversprechenden Namen Ethical Capital Partners mit Sitz in Montreal, das daraufhin die Umbenennung in Aylo vornahm. Der daraufhin in der Presse herum gereichte neue Chef von Pornhub, der Anwalt und Rabbiner Solomon Friedman, erzählte nicht ohne Stolz, wie Pornhub sich demnächst ethisch verantwortlich aufstellen würde. Nein, das bedeutete natürlich keinen effektiven Jugendschutz, denn immerhin war Aylo ja bereits seit 2011 „Platinum Sponsor“ beim „Verband von Webseiten, die sich für den Schutz von Kindern einsetzen“. Das muss genügen.

Stattdessen strebte Friedman einen Ausgleich mit den Geschädigten an. Die diversen Klagen, die zwischen 80 und 600 Millionen Dollar an Schadenersatz forderten, mündeten in einer lächerlich milden Geldstrafe. Ganze 1,8 Millionen Dollar musste Aylo bezahlen. Darüber hinaus musste Aylo eine nicht spezifizierte Summe an Geschädigte zahlen, die Teil einer außergerichtlichen Einigung war.

Die Rolle der Pornoindustrie bei der Indoktrination der Jugend

Wem das noch nicht ethisch genug klingt, der wird auch andernorts nicht beruhigt. Ende 2023 veröffentlichte die amerikanische Journalistin und ehemalige Kinderschauspielerin Arden Young, die sich seitdem dem Kampf gegen die Pornographie-Konglomerate verschrieben hat, eine Reihe von Undercover-Interviews mit Mitarbeitern von Pornhub, aus denen deutlich hervor geht, dass die Webseite nicht nur keinerlei Skrupel hat, Videos von Missbrauch zu monetarisieren, sondern darüber hinaus auch explizites „Nudging“ betrieb, also das Hinführen der (jugendlichen) Nutzer zu homo- und transerotischen Inhalten. Man schmuggelte in die Videovorschläge des Algorithmus dabei hin und wieder Videos aus einem anderen „Sektor“ ein und versuchte auf diesem Wege Interesse zu wecken und „die Grenzen zu verschieben“.

Dass Pornhub sich dabei vollkommen bewusst war, dass Kinder Zugriff auf ihre Webseite hatten, war nicht nur kein Geheimnis, sondern wurde auch explizit begrüßt. Einer Statistik zufolge hätten bereits 51 Prozent der 11- bis 13-Jährigen Pornographie auf einer der Streamingwebseiten konsumiert, eine Tatsache, die einige der Verantwortlichen keineswegs verstörte. Wen verwundert da noch, dass erst Anfang April ein Video an die Öffentlichkeit drang, in dem die Pornodarstellerin und offizielle „Markenbotschafterin“ von Pornhub Asa Akira mit einer Gruppe von Männern sexuelle Akte mit Minderjährigen (konkret ging es um einen 13-Jährigen), Inzest und Vergewaltigung bagatellisierte.

Nachdem das texanische Gesetz zur Altersüberprüfung beschlossen wurde, erinnerte die Journalistin Laila Mickelwait an frühere Aussagen von Pornhub-Mitarbeitern, die darauf verwiesen, dass jede Form von Alterskontrolle tödlich für die Zahl der Seitenaufrufe wäre. Es wurde prognostiziert, dass Pornhub bei Durchsetzung einer Alterskontrolle mehr als die Hälfte seiner Seitenaufrufe verlieren und dadurch Verluste machen würde. Daraus wird deutlich: Damit die massenhafte Gratis-Internetpornographie sich lohnt, bedarf es der schrankenlosen Nutzung, auch durch Minderjährige.

— Laila Mickelwait (@LailaMickelwait) April 30, 2024

Diese Rechnung hätte man allerdings schon vor Jahren aufmachen können. Als Aylo (damals noch unter dem Namen Manien) 2010 auf große Einkaufstour ging und reihenweise Konkurrenten aufkaufte, entstanden Schulden in Höhe von 130 Millionen Dollar. Zur Rettung eilten ein Jahr später 125 geheime Investoren mit einer Finanzspritze von 362 Millionen Dollar. Später stellte sich heraus, dass zu diesen Investoren unter anderem die Fortress Investment Group, JPMorgan Chase und sogar die Cornell University zählen.

Spätestens mit Undercover-Offenbarungen der Pornhub-Mitarbeiter zeigt sich nun also, dass eine bewusste „Umerziehung“ von Jugendlichen zu den Werten der LGBTQ-Agenda stattfindet – und die Pornoindustrie dabei (nicht erst seitdem es Streamingdienste gibt) Hand in Hand mit Politik und Medien geht. Ist das der Grund, warum diesen Seiten in unseren zensurfreudigen Zeiten noch kein Riegel vorgeschoben wurde?

Liegt das wahre Geschäft im Datenmining der Nutzer?

Kurz nach der Übernahme 2023 lobte der neue Aylo-Chef Friedman das enorme Potenzial, das Pornhubs Technologie biete, u.a. im Hinblick auf „Moderation, finanzielle Sicherheit und Datensicherheit“. Vor allem letzteres dürfte ein nicht unbeträchtliches Kapital darstellen, was nicht zuletzt durch eine weitere Klage unterstrichen wird. Am 19. April ging eine Klage gegen Aylo wegen der „langanhaltenden Praxis des Erhalts [von Inhalten; Red.] ohne Zustimmung und die Ausbeutung privater Daten von Millionen von Nutzern für Profit“ ein. Denn bereits die Undercover-Gespräche mit Pornhub-Mitarbeitern bestätigten, dass die Webseite über Cookies „den gesamten Lebensweg“ ihrer Nutzer auslesen und verfolgen kann. Es handelt sich dabei also um exakt den gleichen Abbau und Verkauf von persönlichen Daten, der auch Social-Media Riesen wie Facebook vorgeworfen wird.

Womit das Thema nun Europa erreicht. Als Ende 2023 der Digital Services Act (DSA) der EU vor der Tür stand, jubelten Pornokritiker in den USA, dass die EU nun endlich den Pornoriesen den Garaus machen würde. Denn da es sich zumindest bei den drei größten Anbietern – Pornhub, XVideos und StripChat – um sogenannte VLOPs (very large online platforms) handelt, die monatlich 45 Millionen Nutzer verzeichnen, unterstehen auch diese Seiten, wie Facebook, TikTok und X, direkt den zensurfreudigen Argusaugen der EU-Kommission.

Nur dass diese, allen voran Thierry Breton, seit Einführung des DSA lieber einen öffentlichen Privatkrieg mit Elon Musk über die Meinungsfreiheit auf X führt, anstatt nun endlich den nicht vorhandenen Jugendschutz bei den Pornogiganten in Angriff zu nehmen. Doch ganz untätig war man auch in der EU nicht. Mit Eingang vom 21. April (Pornhub), bzw. 23. April (XVideos und StripChat) unterliegen nun auch die großen drei der Erwachsenenunterhaltung im Internet den strengen Auflagen der EU.

Der Pressemitteilung der EU-Kommission entnimmt man, dass diese Plattformen nun eine Reihe von Verpflichtungen gegenüber der EU-Kommission haben, darunter Vorlagen von Risikobewertungsberichten an die EU-Kommission, die Einführung von Risikominderungsmaßnahmen, um zusätzliche Transparenzverpflichtungen einzuhalten, sowie Daten-Zugang für Forscher. Vor allem die Daten von Pornhub & Co. scheinen es allen angetan zu haben.

Doch die EU-Kommission erinnert in ihrer Pressemitteilung auch an den Zweck des DSA. Es gehe insbesondere „um das Wohlergehen Minderjähriger, die Verbreitung illegaler Inhalte [zu verhindern?; Red.], Empfehlungsdienste“, sowie „das Verbot gezielter Werbung für Kinder“. Zynisch formuliert könnte man sagen, die Sorge der EU-Kommission gilt weniger dem Problem des ungehinderten Zugangs von Kindern zu pornographischen Streamingseiten, als der Möglichkeit, sie könnten dort womöglich die falsche Werbung zu sehen bekommen. Glück für Pornhub, dass die AfD dort noch keine Werbung schaltet.

Denn selbst wenn am Ende des Prozesses diese Seiten endlich eine funktionierende Alterskontrolle einführen müssen, so bleibt es ein Skandal, dass man dies scheinbar so lange wie nur irgend möglich hinausgezögert hat. Stand jetzt, sind auch über eine Woche nach offiziellem Inkrafttreten der DSA-Regeln alle Seiten nach wie vor mit einem einfachen Klick auf „Ich bin 18, lass mich rein“ erreichbar. Andernorts stünde wohl schon längst die Polizei zur Razzia auf der Matte, doch die Pornoriesen dürfen wohl noch einige Zeit unbehelligt weiter ihr destruktives Spiel spielen.

Lässt man diese aus politischem Kalkül, der bewussten Verführung der Jugend gewähren? Oder ist es doch nur rein monetäres Interesse irgendwelcher Investoren, die auf Umwegen Millionen scheffeln? Oder ist der wahre Schatz, den es vorsichtig zu bergen gilt und um den sich viele streiten, die persönlichen Daten der weltweiten Nutzer, die auf diesem Wege kompromittiert werden könnten? Wie dem auch sei: Die Abschaltung dieser Seiten kann nicht einen Tag zu früh kommen, auch wenn zu befürchten ist, dass die davon profitierenden Kräfte im Hintergrund wohl nie zur Rechenschaft gezogen werden.

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