Evangelisch.de vertritt eine Position, die alten Männern den Import ihrer 11-jährigen und kaum älteren Kinderbräute nach Deutschland erlauben soll, weil sonst die Homo-Ehe anderswo nicht anerkannt werden könnte.
Einen „Griff in die publizistische Kloake“ nennt evangelisch.de eine Story, die Tichys Einblick am Freitag und dann ähnlich BILD publizierten. Es geht darum, wie mit Kinderbräuten aus arabischen Ländern umgegangen wird, die mit der Flüchtlingswoge nach Deutschland kommen. Es geht um die zunehmend häufigere Praxis, dass im Urlaub Ehen mit 11-Jährigen oder kaum älteren Mädchen in Syrien oder anderen Nah-Ost-Ländern geschlossen und diese Mädchen mit den alten Männern nach Deutschland verfrachtet werden.
Es ist eine wachsende Zahl von Fällen:
- Nach Angaben des Bundesinnenministeriums lebten in Deutschland im Juli 1.475 verheiratete Jugendliche.
- 361 waren jünger als 14 Jahre, 120 waren 14 oder 15 Jahre alt. In 664 Fällen handelte es sich um Syrer, die meisten Mädchen.
Es sind bedrückende Fälle. „Oft geht es auch um Geld für Schlepper, die den Rest der Familie weiterbefördern sollen“, notiert etwa die Süddeutsche Zeitung.
Die Große Koalition hat unter dem Druck der offenkundigen Not von Mädchen und Jungs beschlossen, dagegen rechtlich vorzugehen. Ein erster Entwurf aus dem Bundesjustizministerium war noch nicht geeignet. Denn danach sollen deutsche Gerichte Kinderehen auflösen können, wenn das Kindeswohl eines minderjährigen Ehepartners gefährdet sei. Dies solle spätestens nach einem Monat geschehen. Sowohl Jugendämter als auch die Eheleute selbst könnten das Verfahren beantragen, so die ersten Informationen über das Vorhaben.
Das ist schon ein etwas mehr als seltsames Unterfangen. Entsprechend hart fiel die Kritik aus:
„Ein 13jähriges Mädchen, der Sprache nicht mächtig, in einer unbekannten Kultur angekommen, soll sich einen Anwalt suchen und ihren „Mann“ vor Gericht verklagen? Natürlich wird das allenfalls in einem Ausnahmefall passieren, wenn überhaupt. Und jedem, der sich mit diesem Sachverhalt auch nur ganz oberflächlich befasst, ist das klar. Maas macht sich zum willigen Handlanger dieser Form des Kindesmissbrauchs. Er will ihn nicht beenden, er lässt die Schändung und Vergewaltigung von Kindern geschehen“, formulierte Rechtsanwalt Joachim Steinhöfel in seinem Beitrag auf Tichys Einblick, der als Erster die Implikationen des Vorhabens erkannte.
Stellen wir uns die Lage vor: Wie soll ein sehr junges Mädchen, ohne Geld, ohne Sprachkenntnissse, ohne Hilfe, sich gegen den Zwang ihrer Familie zur Wehr setzen? Wie von der Möglichkeit überhaupt erfahren? Wie soll sie einen Anwalt finden, mit ihm kommunizieren, ihn bezahlen – und in der Zwischenzeit mit ihrem „Mann“ leben? Denn bekanntlich wird der diese Bemühungen seiner Kind-Frau kaum unterstützen, um es sehr zurückhaltend auszudrücken. Der Druck der Familie auf Kinder ist gewaltig. Sie sind ihm nicht gewachsen. Deshalb schützt sie der Gesetzgeber, ohne wenn und aber.
Evangelisches Verständnis für Kinder-Ehen?
www.evangelisch.de ist ein Produkt des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik, Aufsichtsratsvorsitzender: Kirchenpräsident Dr. Dr. hc Volker Jung. Der Internetdienst, Sprachrohr des Gemeinschaftswerkes, hat eine sehr eigene Sicht auf diesen Sachverhalt: Als Griff „in die publizistische Kloake“ attackiert sie den Versuch, den Gesetzentwurf zu kritisieren und seine Verschärfung zum Schutz der Mädchen zu erzwingen. Zwar seien in Deutschland Kinderehen verboten,
„aber das entspricht keineswegs den familienpolitischen Vorstellungen in anderen Teilen der Welt. So sind solche Eheschließungen in vielen islamischen Staaten bis heute erlaubt“.
Diese Feststellung ist für sich genommen richtig. Aber schließlich hat Deutschland seit vielen Jahrzehnten und aus bislang unangefochtenen Gründen den Schutz der Kinder rechtlich verankert. Er gilt unabhängig von Herkunft oder Nation der Kinder. Wer ihn aufgibt, rechtfertigt wie das Organ der Evangelischen Kirche den Missbrauch von Kindern, verlängert den Missbrauch bis nach Deutschland. Bis zur großen Fluchtwelle im vergangenen Jahr gab es nur wenige Fälle, die meisten stammten aus Bulgarien oder Rumänien und betrafen Mädchen aus Roma-Familien. Gleich welcher Herkunft: Alle Kinder sollten den unbedingten Schutz des Gesetzes genießen. Das sind wird den Grundprinzipien des Anstands und menschlichen Umgangs schuldig – und dem Grundgesetz.
Doch so klar ist das für Frank Lübberding, den Autor von evangelisch.de nicht.
Das sei schon komplizierter zu behandeln. Bisher habe der Gesetzgeber eine „salomonische Lösung“ gefunden: Es zählte bei der rechtlichen Bewertung der Kinderehe „allein die Frage, ob sie unter Zwang zustande kam,“ so das Kirchenmagazin.
Diese Auffassung ist bemerkenswert. Wie will ein deutsches Gericht unter diesen Umständen Zwang feststellen? Und wenn man sich auf die Bereitschaft der evangelischen Kirche und ihres Autors einlässt, dass Sex mit einer 12-Jährigen nicht von vornherein auf Gewalt oder Zwang beruht: Wie ist das dann mit Kindern in Deutschland? Soll hier eine bislang unantastbare Sicherung fallen?
Gibt es zweierlei Recht – ein strenges, das Sex mit in Deutschland geborenen Kindern verbietet, weil dabei Zwang vorausgesetzt wird, und ein abgespecktes, das für Flüchtlingsmädchen und Flüchtlingsjungs gilt? Ist Zwang da weniger bedeutsam?
Angesicht dieser Widersprüche zog Justizminister Maas in einer flotten Wende seinen Gesetzentwurf zurück. Maas ließ erklären:
„Der derzeit bei einigen Medien kursierende Entwurf ist veraltet. Das BMJV wird einen endgültigen Entwurf in den kommenden Wochen, spätestens bis Ende des Jahres, auf den Weg bringen.“
Weiter schrieb Maas:
„Zwangsehen dürfen wir nicht dulden – erst recht nicht, wenn minderjährige Mädchen betroffen sind. Unser Ziel ist: Wenn Menschen zu uns kommen, die unter 16 Jahren geheiratet haben, soll ihre Ehe ausnahmslos unzulässig sein.“
Man muss Maas nicht mögen – dass er sich schnell korrigiert spricht für ihn und gegen den Entwurf. Man kann sich täuschen. Die Frage bleibt: Warum verteidigt evangelisch.de einen Entwurf, den Maas längst zu korrigieren bereit ist? Dürfen wir die Gründe erfahren?
Unionspolitiker fordern kompromissloses Verbot
Auch in der CDU regte sich Widerstand. „Absurd! Maas-Vorschlag ist mit uns nicht zu machen“, twitterte CDU-Familienpolitikerin Nadine Schön. Der Stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, Stephan Harbarth formulierte wie folgt:
“Für die Union ist klar: Kinderehen sind mit unseren Wertvorstellungen absolut unvereinbar. Ein 14-Jähriges Mädchen in einer Ehe hat keinerlei Chance auf eigene Bildung, Arbeitsplatz und ein selbstbestimmtes Leben: Es gehört in die Schule und nicht in die Ehe. … Es darf kein Zweifel bestehe: In Deutschland gelten nicht die Maßstäbe der Scharia, sondern die des Grundgesetzes.“
Der hessische Landtagsabgeordnete Ismail Tipi stellte klar:
„Wir sollten jedoch nicht über jede Ehe, die mit 14-Jährigen oder älteren Minderjährigen geschlossen wurde, einzeln diskutieren. Wir sollten eine grundsätzliche Regelung einführen, die Menschen unter 18 Jahren verbietet zu heiraten.“
Ein kompromissloses Verbot der Kinderehe forderte auch die stellvertretende Parteivorsitzende der CDU, Julia Klöckner.
Wenn also Einigkeit von Maas bis Klöckner besteht, worin genau besteht dann der Griff „in die publizistische Kloake“, wie evangelisch.de griffig formuliert? Warum kämpft der Pressedienst der evangelischen Kirche für Kinder im Ehebett, wenn es denn „nur“ Kinder aus dem arabischen Raum sind?
Kippt die Kinder-Ehe die Homo-Ehe in Arabien?
Im Ton bedauernd schreibt der evangelische Autor: Bei einem generellen Verbot wären
„die Jugendämter (wären) gezwungen, die betroffenen Mädchen wegen Kindeswohlgefährdung aus diesen Familien herauszunehmen.“
Genau darum geht es: Um die kompromisslose Durchsetzung des Rechts der Kinder – nicht um irgendwelche Schlupflöcher für ältere Sugar-Daddys. Lübberding formuliert seine ganz eigene Rechtsauffassung vom internationalen Privatrecht:
„Völkerrechtlich könnten andere Staaten entsprechend handeln. So widersprechen ‚eingetragene Lebensgemeinschaften‘ homosexueller Paare dem Recht in vielen anderen Staaten. Sollen sie bei deutschen Staatsbürgern auf ihrem Hoheitsgebiet ebenfalls diese Ehen annullieren? Mit der Rechtsfolge einer Verfolgung wegen des dort geltenden Strafrechts zur Verfolgung Homosexueller?“
Da wird einem geradezu schwindlig mit der evangelischen Rabulistik. Um die Homo-Ehe auch in Arabien zur Anerkennung zu zwingen, soll also Kindesmissbrauch in Deutschland gerechtfertigt werden? Diese Forderung ist neu, nicht mal Volker Beck hat sie erhoben.
Im übrigen ist die These, die Kinderehe sei in Deutschland verboten, wie der Autor an mehreren Wellen beschwichtigend und relativierend behauptet, ebenso ungenau wie halbwahr.
Die Rechtslage
In Deutschland dürfen zwar nur Volljährige heiraten. Ist ein Partner volljährig, der andere mindestens 16 Jahre alt und liegt eine Genehmigung des Familiengerichtes vor, darf auch diese Ehe geschlossen werden (§ 1303 BB).
Nach § 13 EGBGB unterliegen die Voraussetzungen der Eheschließung von Ausländern für jeden Verlobten jedoch dem Recht des Staates, dem er angehört. Und nun sollen Ehen mit 11jähren, weil in Afghanistan „rechtmäßig“ geschlossen, auch hier nicht ohne weiteres rechtswidrig sein? Soweit geht das Entgegenkommen des Gesetzgebers nicht. § 13 EGBGB, wie das internationale Privatrecht überhaupt, dient der Vereinfachung des internationalen Rechtsverkehrs. Eine Grenze findet die Anerkennung des Rechts anderer Staaten aber dann, wenn es mit dem deutschen ordre public kollidiert: dem Grundlegenden der inländischen Wertvorstellungen. Todesstrafe, Steinigung, Auspeitschen, alles im islamischen Kulturkreis verbreitet, widerspricht unseren fundamentalen Wertvorstellungen. Und die Verheiratung von 11jährigen Mädchen oder die Anerkennung solcher „Ehen“ ebenso. Relativieren, Kontextualisieren und von den angeblich so komplexen Regeln des internationalen Privatrechts fabulieren, die man selber nur unzureichend erfasst hat. Das sind die Methoden und Argumentatinsmuster, die Ergebnis zur Schutzlosstellung von Kindern gegenüber sexuellem Mißbrauch führt.
Aber bei evangelisch.de sind die Sicherungen durchgebrannt. Der Dienst stellt eine Verbindung zwischen dem unglücklichen EU-Kommissar Oettinger und Kinder-Ehen her: „Welche Rolle Oettingers „Pflicht-Homoehe“ im Internationalen Privatrecht spielen wird, bleibt dafür einstweilen noch ungeklärt. Vielleicht sollte Joachim Steinhöfel auf Tichys Einblick darüber räsonnieren. Über die ekelerregende Perversion, in Deutschland „Schlitzaugen“ mit muslimischen Flüchtling aus Syrien zwangszuverheiraten. Verstand das Oettinger unter „Pflicht-Homoehe“? Wahrscheinlich meinte er damit gar nichts, außer den Versuch zu machen, über seine Geisteshaltung Auskunft zu geben. Das ist Oettinger zweifellos gelungen.“
Welche Phantasien gehen da mit evangelisch.de und Frank Lübberding durch? Es ist nicht nur ein Griff, das ist ein Sprung in die „publizistische Kloake“.
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