Nein, dem „Wort des Jahres“ kann man nichts entgegensetzen: So viel politische Heißluft wie „Heißzeit“ für einen warmen Sommer ist unüberbietbar grandios. Und auch am „Unwort des Jahres“ mag man sich nicht beteiligen: „Asyltourismus“ trifft es, warum nicht überspitzen, wenn es den Sachverhalt erfasst und nur Einigen nicht in den Kram passt?
Dafür heute mein Schlag-Wort des Jahres, und zwar wörtlich: schlagend.
Im Sommer haben im sächsisch-anhaltinischen Köthen afghanische Asylbewerber einen jungen Mann Tritte gegen den Kopf versetzt, der deren Streit um die Schwangerschaft einer Frau schlichten wollte und in der anschließenden Prügelei zu Boden gegangen war. Er starb nach Schlägen und Tritten.
Aber nein, nicht durch Schläge und Tritte sei das Opfer ums Leben gekommen. Vielmehr sei er an einem Herzinfarkt gestorben. Die Ermittler sprachen von einem „versagensbereiten Herz.“
Neudeutsch nennt man es „Victim Blaming“ – das Opfer wird für die Tat verantwortlich gemacht, nicht die Täter. Besser wäre es gewesen, der junge Mann hätte tatenlos zugeschaut, wird suggeriert. Bei dem Herzen! Früher hätte man um das Opfer besonders getrauert, das sich trotz seiner gesundheitlichen Schwierigkeiten eingemischt habe.
Der Fall Dominik Brunner
In einem ähnlichen Fall wurde 2009 der Münchner Dominik Brunner geschlagen und getreten, nachdem er sich schützend vor eine Gruppe Schüler gestellt hatte. Der Mann wurde als „Held von Solln“ zum Synonym für Zivilcourage. Am 20. Dezember 2009 kamen rund 3.000 Bürger zu einer Gedenkkundgebung auf dem Münchner Odeonsplatz. Die hessische Stadt Dietzenbach benannte im Juli 2010 einen Platz nach Dominik Brunner. Es gibt Dominik-Brunner-Schulen, Rettungseinrichtungen, Straßen, Plätze, Stiftungen; er bekam posthum das Bundesverdienstkreuz.
Das versagensbereite Herz
Aber die Tat war 2009, das Urteil wurde 2010 gesprochen. Und jetzt also das „versagensbereite Herz“.
Sind Tritte gegen den Kopf eines offensichtlich Wehrlosen keine Tötungsabsicht? Früher schon, heute nicht mehr? Wussten die Täter schon, dass der Angegriffene tot war und traten sie dennoch zu? Oder waren sie entschlossen, ihn zu töten und traten deshalb zu? Es sind viele Fragen, die nicht gestellt und nicht beantwortet werden, handelt es sich bei den Tätern doch um „Schutzsuchende“, als per se Opfer. (Sollte man nicht „Schutzsuchende“ als Unwort festlegen?)
Deutlicher kann man das neue Vorgehen einer mittlerweile versagensbereiten Justiz nicht erkennen; alles wird zurecht gebogen, um die Tat zu beschönigen.
So erzeugt man milde Urteile und Beruhigungspillen
Die Tat gegen Dominik Brunner wurde von einem Richter beurteilt, der die Motive der Täter berücksichtigte; denen war Brunners Herz egal, die Brutalität der Täter wurde zum Maßstab, nicht das Herzkammerflimmern des Opfers.
In Sachsen-Anhalt dagegen dient die Krankheit des Opfers als Entschuldigung für die Täter schon bei der Staatsanwaltschaft; die Anklage dient der Produktion eines milden Urteils. Und es diente dazu, die Öffentlichkeit zu beruhigen. Denn wenige Tage vorher war es in Chemnitz zu Protesten gekommen, nachdem dort ein junger Mann von Asylbewerbern vor einem Geldautomaten erstochen und ein weiterer lebensgefährlich verletzt worden war. Köthen durfte nicht zu einem Fall Chemnitz werden, nachdem man schon Mühe genug hatte, die öffentliche Erregung von den Morden hin zu den Protestieren zu lenken, die man nur mit äußerster Anstrengung als Nazis diffamieren konnte. Seither ist viel von unflätigen Beschimpfungen, Hakenkreuzen und Hitlergrüßen die Rede, wenig von den Opfern. Versagensbereit bei der notwendigen Aufklärung spielten die Medien mit – wen interessieren noch Ursachen von Protesten, wenn schon Täter vorweg entschuldigt werden?
Versagensbereit ist das Wort der Stunde
»Bei Licht ist „versagensbereit“ das Wort der Stunde. „Versagensbereit“ wie die Polizeidirektion Kiel und die Kieler Staatsanwaltschaft, die sich Anfang Oktober 2015 darauf verständigt haben, „Flüchtlinge ohne Ausweispapiere oder behördliche Registrierung bei einfachen/niedrigschwelligen Delikten wie Ladendiebstahl und Sachbeschädigung regelmäßig nicht strafrechtlich zu verfolgen“. Versagensbereit wie die Bundeswehr, die trotz jährlich steigender Milliardenausgaben nur darauf hoffen kann, dass sich ein eventueller Angreifer über Uschis Truppe totlacht.«, schreibt der Journalist Ingo Berghöfer im Gießener Anzeiger.
Versagensbereit ist ein Staat, der sich zur Sicherheit im Inneren hinter Pollern ud Betonschranken versteckt, weil er bei der Sicherung seiner Außengrenzen versagt. (Siehe Bild) Wobei mittlerweile bei der Bundeswehr wenigstens ansatzweise Korrektur erfolgen soll: Nachdem Kanzlerin Angela Merkel auf Linie – noch dazu keine deutsche – ausweichen musste, weil das Funkgerät des Luftwaffen-Airbus versagte und vorher schon Finanzminister Olaf Scholz hängen blieb, weil Nagetiere Kabel in der Luftwaffen-Maschine durchbissen hatten, seit die Versagensbereitschaft also schmerzhaft Berlin-Mitte erreicht hat, wird über die Neuanschaffung von Fluggerät für die Regierenden nachgedacht.
PS.: Wir freuen uns, wenn Sie uns andere Beispiele für Schlag-Worte schicken, die die Wirklichkeit einfach umhauen.