Nun gehören wir nicht zu jenen, die Recherchearbeit via wikipedia leisten. Wenn wir allerdings im Folgenden eine weitere eklatante Schlechtleistung des ehemaligen niedersächsischen Justizministers und promovierten Kriminologen beschauen, ist zur Einordnung ein Blick in Pfeiffers Wikipedia-Eintrag durchaus hilfreich: Die Liste des dort dokumentierten Versagens ist selbst dann noch erschreckend, wenn nur die Hälfte stimmen würde.
Drücken wir es etwas milder aus: Die Reputation des Talkshow-Nomaden Christian Pfeiffer ist nachhaltig beschädigt. Und eine neue Pfeiffer-Studie zur „Entwicklung der Gewalt in Deutschland, Schwerpunkte: Jugendliche und Flüchlinge“ wird, wie Sie gleich sehen werden, weiter dazu beitragen, Pfeiffer nachhaltig seine Kompetenz abzusprechen. Was ihm hier das Experten-Rückgrat brechen könnte, ist ein abenteuerlicher Spagat zwischen der eigenen Behauptung von gestern und seiner Analyse von heute. Freilich ohne den Widerspruch auch nur im Ansatz aufzulösen: „Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?“ als Maßstab wissenschaftlicher Analysen ist Pseudowissenschaft.
Christian Pfeiffer kann seit Jahren auf maximale Medienunterstützung bauen. Seine aktuelle Studie durfte er gestern im Heute Journal im Gespräch mit Marietta Slomka vorstellen. Nicht einfach nur eine weitere Studie mit Fakten, die zu überprüfen wären, sondern eine Sammlung von waghalsigen, geradezu abenteuerlichen Interpretation und Handlungsanweisungen eines offensichtlich komplett überforderten Christian Pfeiffer. Überfordert deshalb, weil die ermittelte Faktenlage zur Zuwanderungskriminalität auf eine Weise konkurriert mit Aussagen Christian Pfeiffers der letzten zwei Jahre, die es Pfeiffer unmöglich macht, hier eine Stringenz zu konstruieren: Aber er versucht es trotzdem! Und bricht sich den Hals.
Noch im November dieses Jahres behauptete Pfeiffer bei Maischberger: Die Kinderkriminalität sei seit dem Jahr 2000 gerade im Gewaltbereich um ein Drittel gesunken. Die durch Jugendliche begangenen Gewaltverbrechen dieser Altersgruppe seien um 42 Prozent gesunken. „Es geht darum, dass hier behauptet wird, die Jugend werde immer brutaler, dabei sprechen die Fakten eindeutig dagegen.“ Die heutige Jugend sei die bravste, die es je gegeben hat. Wohlgemerkt, man sprach bei Maischberger über Ausländerkriminalität. Die aktuelle Pfeiffer-Studie wird nun, wenige Monate später das exakte Gegenteil feststellen.
Pfeiffer nimmt es nicht so genau
Der Spiegel nahm schon 2015 kein Blatt vor den Mund, als das Magazin über Christian Pfeiffers Laufbahn berichtete: „“Ich bin nie auf die Idee gekommen, regelmäßig Fachzeitschriften zu lesen“, sagt Pfeiffer. Lieber gehe er Biertrinken mit Polizisten. Der zweifache Vater wittert Themen, die das Volk bewegen, lässt seine Mitarbeiter forschen – und formt die Ergebnisse zu spitzen Botschaften.“ Der „Stern“ hielt ihm schon 2010 vor, er sei ein Quartals-Talker – als brauche er das Rotlicht der Kamera wie der Trinker den Schnaps.
Eigene Widersprüche kümmern Pfeiffer nicht
Zunächst einmal unterscheidet Pfeiffer zwischen Flüchtlingen und Zugewanderten. Sein Gutachten beziehe sich nur auf den Kreis der Flüchtlinge. Damit hat er bereits einen gewichtigen Anteil an Ausländerkriminalität für sein Gutachten beiseite geschoben. Nach Pfeiffer ist nun „Flüchtling“, wer Asylbewerber ist, wer Flüchtlingsstatus genießt, Kontingentsflüchtlinge, Geduldete und sich unerlaubt in Deutschland Aufhaltende. Diese Flüchtlingsdefinition zieht sich nun durch das gesamte Gutachten. Ein Anstieg der Gewalttaten basiere zu über 90 Prozent auf solchen Flüchtlingen. Und zwischen 2014 und 2016 hätten sich die Fälle tatverdächtiger Flüchtlinge um 241 Prozent erhöht. Aber: In jedem Land der Welt seien Gewalt- und Sexualdelikte männlicher Personen zwischen 14 und 30 Jahren überrepräsentiert. Wie das allerdings damit zusammenpasst, dass eben diese Delikte in der Zeit von 2007 bis 2014 in Deutschland kontinuierlich um 21,9 Prozent zurückgegangen sind, erklärt das Gutachten nicht.
Weltweit? Dazu wären Erhebungen von Gewalt- und Sexualdelikten europäischer Männer dieser Altersgruppe im außereuropäischen Ausland interessant, fehlen aber natürlich. Die These, dass diese Straftaten eklatant geringer wären, als Gewalt- und Sexualdelikte muslimer Männer in Europa, müsste erst noch widerlegt werden.
Pfeiffer stellt fest: Flüchtlinge, die über das Mittelmeer gekommen sind, sind weitaus gewaltbereiter als solche, die aus Syrien, dem Irak usw. kommen. Als weiterer bedeutender Einflussfaktor hätte sich hier der Aufenthaltstatus der Flüchtlinge erwiesen. Wer wisse, dass er rechtlich nicht dauerhaft in Deutschland bleiben könne, neige zu Gewalt- und Sexualdelikten. Man ahnt, worauf es hinausläuft: verändere ich den Aufenthaltsstatus zugunsten des Gewalttäters, eliminiere ich die Gewalt. Eine Milchmädchenrechnung geschrieben mit Opferblut.
Pfeiffers Meinungen ohne Bezug zu seinen Studien
Aber es kommt noch besser: Pfeiffer hat in seinem Gutachten festgestellt, dass muslimische Länder überwiegend von männlicher Dominanz geprägt seien. Von einer Kultur der „gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen“. Selbstverständlich ist hier vorwiegend Gewalt gegen Frauen gemeint. Das muss man wiederholen: Hier wird also von Pfeiffers Gutachten bestätigt, dass der Islam gewalttätig ist, anders kann man es ja nicht interpretieren. Um so abenteuerlicher die Empfehlung, den Aufenthaltsstatus abgelehnter muslimer potentieller oder echter Gewaltverbrecher zu verbessern. Denn was würde das an der inneren Haltung dieser gewaltbereiten jungen Männer ändern, wenn es doch gar nicht mit ihrem Aufenthaltsstatus zusammenhängt, sondern mit der muslimischen Sozialisation, wie Pfeiffer festgestellt hatte?
Der Pfeiffer’sche Hürdenlauf verstolpert sich munter weiter, wenn er einen weiteren Grund für Gewalt- und Sexualdelikte muslimischer junger Flüchtlinge in Deutschland am Fehlen der Frauen festmacht und einen verbesserten Familiennachzug empfiehlt. Wie unverantwortlich aber wäre das diesen armen Frauen gegenüber? Denn was heißt das im Klartext? Lasst und jene Frauen nachholen, die an die Gewalt- und Sexualdelikte der muslimisch sozialisierten Männer bereits seit Generationen gewöhnt sind? Hier müsste man doch im Gegenteil zum Schutz der Frauen jeden Familiennachzug kategorisch unterbinden. Von Frauen ginge eine „gewaltpräventive zivilisierende Wirkung“ aus, weiß Christian Pfeiffer.
Pfeiffers Weltbild ersetzt jede Studie, auch eigene
Aber Pfeiffer weiß leider nichts. Weiß als Kriminologe nichts über neue Erkenntnisse der deutschen Verfassungsschutzämter, die gerade erst die fatale Rolle muslimischer Frauen in der gewaltbereiten Islamistenszene in Deutschland angeprangert haben. Auf der einen Seite also die schwerstunterdrückte Frau, auf der anderen die Terrorhelferin. Irgendwo dazwischen müssen sie sich nun verstecken, die Frauen mit „gewaltpräventiver zivilisierender Wirkung“ auf ihre muslimisch sozialisierten entfesselten Männer.
Dieses völlig missratene Gutachten ist nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht eine echte Katastrophe, Pfeiffer beschädigt hier nachhaltig einen ganzen Berufszweig. Man kann es nur beispielhaft wiedergeben: So argumentiert Pfeiffer in diesem Gutachten weiterhin den früher von ihm behaupteten Rückgang von Gewalt an Schulen mit Zahlen bis 2015, so, als wäre die später erfolgte Massenzuwanderung hier völlig irrelevant. Von 1999 (!) bis 2015 hätte es einen Rückgang von Gewalt an Schulen von 14,9 Raufunfällen (!) auf nur noch 8,7 Raufunfällen pro tausend Schüler gegeben.
Seriöse Wissenschaftler gefragt
Nein, wenn sich die Bundesministerien und privaten Förderer solcher Gutachten nicht endlich zusammenraufen, Studien und Gutachten nur noch an nachweislich seriösere Wissenschaftler mit entsprechendem Leumund und anerkannter Reputation zu vergeben, wenn sie es weiter unterlassen, die erstellten Gutachten anschließend wenigstens auf den gröbsten Unsinn zu untersuchen, dann findet hier eine Vernichtung von Steuergeldern statt, die zukünftig möglicherweise sogar strafrechtlich zu überprüfen wäre oder mindestens auf Schärfste gerügt gehört.
Nein, Herr Pfeiffer, schwierig wird es nur, wenn zur Lösung der wichtigsten Probleme des Landes Gutachter bestellt werden, wie Sie einer sind. Erst wenn das aufhört, dann kommen wir der Lösung unserer Probleme deutlich näher, als wenn wir, wie von Ihnen vorgeschlagen, nun den Familiennachzug beschleunigen, damit die, wie Sie es nennen: „gewaltlegitimierenden Männlichkeitsnormen“ sich an muslimischen Frauen austoben können, die das gewöhnt seien, anstatt an erschrockenen deutschen Frauen. Ja, selbstverständlich ist das eine Zuspitzung der Aussagen Ihres Gutachtens. Aber Sie lassen dem Leser leider keine andere Möglichkeit.