Tichys Einblick
Warnung Japan

Zins abschaffen, Sozialismus, Untergang

Die planwirtschaftliche Geldpolitik führt nicht nur zur Zerstörung der Wirtschaft, sie hat auch fatale Folgen für Demographie und Überlebensfähigkeit eines Volkes. Die Abschaffung des Zinses führt nicht nur in die sozialistische Knechtschaft, sondern auf geradem Wege in den Untergang.

© Sean Gallup/Getty Images

Dass der Autor seine Probleme mit der Geldpolitik der EZB hat, ist ja nun hinlänglich bekannt. Aber ich möchte wetten, liebe Leser, dass sie beim Lesen dieser Überschrift als ersten Reflex den Satz durch ihre Hirnwindungen haben rauschen hören „jetzt ist es soweit, die Jungs mit der weißen Jacke kommen ihn heute Abend abholen“. Draghi lässt schon mal dem Veuve Claqueur in die Champagnerflöten füllen vor lauter Vorfreude.

Ich bin daher gespannt auf Ihre Reaktionen, verehrte Leser, wenn sie am Ende meiner schockierenden Argumentationskette angelangt sein werden. Funktioniert die Nullzinspolitik in Japan nicht auch?

Immer wieder werde ich bei meinen Vorträgen und in Leserzuschriften gefragt, warum denn Japan die Nullzinspolitik scheinbar schadlos seid 30 Jahren überstanden hat und ob das nicht beweist, dass diese eben entgegen meiner Argumente doch funktioniert. Das war für mich Grund genug, die Lage in diesem Land, das während meiner Dissertation auch für zwei Jahre meine Wahlheimat war und an das ich nur die schönsten Erinnerungen hege, einmal näher zu betrachten. Das Glück kam dabei zu Hilfe: Prof. Schnabel, Universität Leipzig, hatte bereits einen Datenschatz zusammengetragen.

Das Ergebnis ist erschütternd. Die Bedingungen sind andere, aber der Schaden ist der gleiche.

Richtig ist: Der Untergang der Währung ist bisher nicht eingetreten, aber die Bank von Japan sitzt noch tiefer in der Zinsfalle als die EZB, weil sie schon seit 1990 das Loch tiefer gräbt, in dem sie sitzt. Die Zombifizierung der Unternehmenswelt ist wesentlich weiter fortgeschritten als in Europa, wahrscheinlich sind schon ein Drittel der Unternehmen Zombies mit dem Ergebnis, dass es gesamtwirtschaftlich keinen Produktivitätsfortschritt mehr gibt. Es gibt stattdessen einen Produktivitätsrückschritt, der sich darin manifestiert, dass die verfügbaren realen pro-Kopf-Einkommen seit 20 Jahren um ca. 1% pro Jahr schrumpfen. Nur ein Volk, das den Stoizismus so sehr zur Kunstform erhoben hat wie die leidensfähigen Japaner, lässt sich so etwas so lange gefallen.

Die Banken überleben das, weil sie in einem kartellartig organisierten Oligopol dem Ertragsdruck zulasten der Konsumenten und Kunden standhalten. Die inneren Spannungen, denen der Euro ausgesetzt ist, der im Gegensatz zum Yen gar keine richtige Währung ist, bestehen in Japan nicht, weil es sich um einen einheitlichen Zentralstaat handelt. Das Ungleichgewicht sucht sich also andere Ventile. Und es findet sie.

Kinder als Luxusgut

Den schrumpfenden Realeinkommen stehen seit Jahrzehnten künstlich erhaltene und aufgeblasene Vermögenswertblasen vor allem im Immobiliensektor gegenüber. Der Protektionismus bei Agrarprodukten sorgt zugleich für die immer noch höchsten Lebenshaltungskosten aller OECD-Länder. Schrumpfende Einkommen und unbezahlbare Immobilienpreise haben dafür gesorgt, dass bei jungen Ehepaaren beide Partner arbeiten müssen und sich keine Kinder mehr leisten können, um nicht dem sozialen Absturz anheimzufallen. Die Geburtenrate fällt und fällt und die demographische Katastrophe ist praktisch nicht mehr umkehrbar.

Die schnell schrumpfende Basis der arbeitsfähigen Bevölkerung muss eine schnell wachsende Schicht von Greisen und Pflegefällen ernähren. Der hypertrophe Kopf einer umgedrehten Bevölkerungspyramide ähnelt mehr und mehr einem auf seiner Spitze balancierenden Dreieck, dessen Basis von Jahr zu Jahr schmaler wird. Wir können in Japan life und in Zeitlupe dabei zusehen, wie ein Volk Selbstmord begeht, oder besser: Wie eine falsche Politik es in den kollektiven Selbstmord treibt, indem Geburt und Aufzucht von Kindern zum absoluten Luxusprodukt gemacht wird, das sich die Masse der Bevölkerung nicht mehr leisten kann.

Freiheit ist Wachstum. Planwirtschaft ist Tod.

Es ist offenbar nicht nur so, dass sich in einer freien Marktwirtschaft der langfristige Zins an das langfristige Wachstum anpasst. Es scheint auch so zu sein, dass in einer Nullzins-Planwirtschaft sich das langfristige Wachstum an den Null- und Negativzins anpasst und dass die Folgephänomene eine Kettenreaktion aus schrumpfenden Einkommen, fallender Geburtenrate, schrumpfender Bevölkerung und Absorption der knapper werdenden Ressourcen durch die Gerontokratie zum Kollaps des Gemeinwesens führt.

Wir können in Japan studieren, was uns in Deutschland und Europa erst noch bevorsteht.

Die planwirtschaftliche Geldordnung ist ihrem philosophischen Grunde nach ein Angriff auf die natürliche Ordnung der Freiheit. Sie legt die Axt an die Wurzel unserer Existenz als Volk. Für die Hasser der abendländischen Zivilisation ist das natürlich ein Grund zum Feiern und auch zum Leugnen.

Die Lüge der planwirtschaftlichen Nachhaltigkeit

Jede Gesellschaft trägt eine Monstranz vor sich her, die für etwas steht, was sie in Wahrheit verraten hat. Bei uns ist diese Monstranz der Fetischbegriff der Nachhaltigkeit. Nachhaltigkeit wird uns von den grünen Muezzins Tag und Nacht von den öffentlich-rechtlichen und Mainstream-Medienminaretten herunter vorgebetet. Am besten sollen wir auf das Atmen verzichten, damit das Klima „nachhaltig“ geschützt wird.

Aber für wen? Wohl kaum für unsere Kinder und Kindeskinder, deren Zukunft und Existenz durch die oben beschriebenen Mechanismen dem Geldsozialismus zum Opfer fallen. Diese Leute wollen den Planeten wohl eher für die Kakerlaken retten. In Wahrheit ist die Nachhaltigkeit eine Schimäre. Ihre Apostel predigen sie, aber ihre Politik verspielt sie, weil sie die natürliche Ordnung der Freiheit leugnet, ohne die eine Gesellschaft eben nicht funktionieren kann. Der Geldsozialismus erreicht auf weichem Wege, was den völkermörderischen Horden der stalinistischen Sozialismusversion nicht gelungen ist, weil seine Terrorherrschaft nicht lange genug angedauert hat.

Er ist deshalb eine weiche Form des Genozids, die Verkörperung des „Sui-Genocide“, dessen Malthusianische Anhänger den Menschen für eine Krankheit halten, die den Planeten befallen hat.

Igor Schafarewitsch schrieb in seinem philosophischen Hauptwerk „Der Todestrieb in der Geschichte“ den prophetischen Satz: „Der Tod der Menschheit ist nicht nur ein denkbares Ereignis, wenn der Sozialismus triumphiert, sondern er stellt das Ziel des Sozialismus dar.“

Das gilt auch für den Geldsozialismus. Ein Blick nach Japan genügt, um sich das klarzumachen.


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