In Deutschland herrscht Wohnungsmangel, der vor allem bei Sozialwohnungen gravierende Ausmaße angenommen hat. Nach Berechnungen des Pestel-Instituts fehlen bundesweit mehr als 910.000 Sozialwohnungen.
Das liegt vor allem an den stark gestiegenen Baukosten der letzten Jahre, die den Wohnungsneubau unattraktiv machen. Eine Studie der ARGE e.V. zeigt, dass die Baukosten für einen typischen Geschosswohnungsneubau in Deutschland seit dem Jahr 2000 um etwa 109 Prozent nach oben geklettert sind.
Hohe Bauzinsen setzen den Markt unter Druck
Auch die Zinsen für Baukredite sind in den vergangenen Jahren angestiegen, was die Finanzierung von Bauprojekten verteuert hat. Seit der Zinswende im Jahr 2022 hat sich die Entwicklung der Bauzinsen in Deutschland dramatisch verändert. Besonders auffällig war der sprunghafte Anstieg in der ersten Jahreshälfte 2022: Der Zinssatz für eine Standardfinanzierung kletterte von rund 1 Prozent im Januar auf über 4 Prozent. Aktuell liegt der Wert bei etwa 3,5 Prozent (Stand: 22. November 2024), wie Finanztip berichtet.
Um die generelle Inflation der Eurozone einzudämmen, die 2022 zeitweise einen Höchststand von 10,6 Prozent erreichte, erhöhte die EZB zwischen 2022 und 2023 den Leitzins in zehn Schritten um insgesamt 450 Basispunkte. Diese Anhebungen blieben auch bei den Bauzinsen nicht ohne Wirkung, die entsprechend in die Höhe schnellten. Zwar hat die EZB den Leitzins in diesem Jahr bereits in drei Schritten um insgesamt 75 Basispunkte gesenkt, doch dürften für eine spürbare Entlastung der Baufinanzierung höhere Zinssenkungen erforderlich sein.
Es besteht diesbezüglich jedoch Hoffnung. Für Dezember 2024 wird am Markt eine weitere Zinssenkung um 25 Basispunkte erwartet. Die ING-Prognose vom 7. November 2024 rechnet sogar mit einem Schritt von 50 Basispunkten. Auch für das Jahr 2025 gehen viele Analysten von weiteren Zinssenkungen aus, die vermutlich in kleinen Schritten von jeweils 25 Basispunkten erfolgen könnten. Laut dem globalen Fondsmanager Fidelity könnte der Leitzins im Euroraum bis September 2025 sogar auf etwa 2,50 Prozent fallen. Dies könnte auch den Bereich der Baufinanzierung entlasten und einen Hoffnungsschimmer für den Sektor Wohnungsbau bieten. Doch der schlimmste Kostentreiber ist der Staat.
Bürokratie-Belastung der Bauherren durch den Staat
Dieser Lichtblick wird durch den erdrückenden Bürokratieapparat überschattet, der Bauprojekte nach wie vor behindert. Die Flut an Vorschriften und Standards hat in den letzten Jahren weiter zugenommen und sorgt für längere Genehmigungsverfahren sowie steigende Kosten im Wohnungsbau. Laut Schätzungen des Deutschen Städte- und Gemeindebundes ist die Zahl der Bauvorschriften in Deutschland seit 1990 von rund 5.000 auf über 20.000 angestiegen. Knapp 4.000 davon sind DIN-Normen.
Der Zentrale Immobilien-Ausschuss kritisiert, dass viele dieser Vorschriften schlecht aufeinander abgestimmt und oft widersprüchlich sind. Ein Beispiel für diesen Wildwuchs ist die Unterscheidung verschiedener Lärmarten: Der Verkehrslärm eines Lkws, der Gemüse aus den Niederlanden zum Großmarkt liefert, wird anders bewertet als Gewerbelärm. Absurd, oder? Solche Regelungen können die Kosten dermaßen in die Höhe treiben. So musste ein Bauträger in Dortmund laut der wgbg Hausverwaltung eine Lärmschutzwand für 6 Millionen Euro errichten – ein Paradebeispiel für den bürokratischen Dschungel, in dem sich Bauherren befinden.
Regierungsziel von 400.000 Neubau-Wohnungen unerreichbar
Trotz des dringenden Wohnraumbedarfs wurden im Jahr 2023 lediglich etwa 294.000 neue Wohnungen fertiggestellt, wie die Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen, Klara Geywitz, mitteilte. Damit bleibt die tatsächliche Zahl deutlich hinter dem ambitionierten Regierungsziel von 400.000 Wohnungen pro Jahr zurück. Geywitz hält das Erreichen dieses Ziels ab 2024 für realistisch.
Doch die Experten beim Ifo-Institut sehen das anders: Sie erwarten, dass die Zahl der Wohnungsfertigstellungen in den kommenden Jahren weiter sinkt. Für 2024 wird ein Rückgang auf etwa 210.000 Wohnungen vorausgesagt, während für 2025 sogar nur noch rund 175.000 Fertigstellungen prognostiziert werden. Nun baut der Staat keine Wohnungen – aber behindert den Neubau und scheint wild entschlossen, den Bau noch weiter abzuwürgen.
Soziale Spannungen bei Auslaufen der Mietpreisbremse
Abgesehen davon blicken Mieter nach dem Ende der Ampel-Koalition mit wachsender Sorge auf die Mietpreisbremse. Die 2015 eingeführte Regelung begrenzt Mieterhöhungen bei Neuvermietungen auf maximal 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete. Es ist noch unklar, ob sie verlängert wird.
Städte fürchten ohne Mietpreisbremse Mietsteigerungen und soziale Spannungen. Ein Blick auf Berlin zeigt die Dimension des Problems: Die Durchschnittsmiete bei Neuvermietungen liegt dort inzwischen bei 13,75 Euro pro Quadratmeter, während sie 2015 noch bei 9,60 Euro lag. Durch Ausfall der Mietpreisbremse könnten die Quadratmeterpreise explosionsartig ansteigen. Es bedarf dringender Maßnahmen, um die Mieter zu entlasten.
Lars von Lackum, Vorstandschef von LEG Immobilien, erklärte im Handelsblatt die möglichen Folgen eines Wegfalls der Mietpreisbremse: „Ich wünschte, ich könnte etwas anderes sagen, aber wir werden die Mieten 2025 noch etwas stärker erhöhen. Wir gehen davon aus, dass das Plus bei den Mieten oberhalb der vier Prozent liegt.“ Doch nicht nur große Immobilienkonzerne, sondern auch private Vermieter dürften die Mieten anziehen. Da die Wohnungsnachfrage weiterhin hoch und das Angebot durchwachsen ist, haben Vermieter bei der Preisgestaltung zunehmend freie Hand. Aber die Mietpreisbremse ist nicht die Lösung, sondern Teil des Problems. Sie verdeckt die eigentlichen Ursachen: Neubau ist teuer und unattraktiv, steigende Kosten bis hin zur Wärmepumpe verteuern das Geschehen, die unsichere Rechtslage macht den Bau und Vermietung zum Hochrisiko-Geschäft. Und das alles reicht dem Staat nicht.
Grundsteuerreform: Drohende Belastung für Mieter und Eigentümer
Ein weiteres Problemfeld ist die Neubewertung der Grundsteuerbeträge. Ab dem 1. Januar 2025 tritt die geplante Grundsteuerreform in Kraft. Während die grundlegende Berechnungsformel – Grundstückswert x Steuermesszahl x Hebesatz – unverändert bleibt, sorgt die Neubewertung der Grundstückswerte für Aufregung.
Im Zentrum der Reform steht die Einführung sogenannter Bodenrichtwerte zur Festlegung des Grundstückswerts. Diese werden von Gutachterausschüssen auf Basis von Verkaufsdaten und Marktanalysen ermittelt. Diese Methode ist jedoch umstritten: Bodenrichtwerte ignorieren oft wesentliche Eigenschaften wie Lage, Größe oder Zustand eines Grundstücks. Das Ergebnis der Neubewertungen sind häufig unverhältnismäßig hohe Grundstückswerte, die folglich zu einer deutlichen Erhöhung der jährlichen Grundsteuer führen.
Die Kritik an der Reform wächst. Gregor Kirchhof, renommierter Steuerexperte und Verfassungsrechtler, äußerte Zweifel an der rechtlichen Grundlage der Reform. Unterstützung findet diese Einschätzung auch bei der Justiz: Das Finanzgericht Rheinland-Pfalz hat nicht nur die Verfassungsmäßigkeit der Bewertungsgrundlagen infrage gestellt, sondern sogar in zwei Fällen bereits den Vollzug von Grundsteuerbescheiden ausgesetzt.
Hebesätze: Ein fataler Preistreiber
Doch bei der Neubewertung des Grundstückswerts ist nicht Schluss. Die Erhöhung des Hebesatzes treibt die Grundsteuerbeiträge weiter in die Höhe. In vielen Kommunen sind die Hebesätze bereits vor Inkrafttreten der Reform erheblich gestiegen. Ein Beispiel hierfür ist Niederkassel, wo der Hebesatz von 690 auf 1100 kletterte – eine Steigerung von 59 Prozent, wie die Fachpublikation agrarheute berichtet.
Ein kletternder Hebesatz in Kombination mit deutlich höheren Grundstücksbewertungen sorgt für massive Anstiege bei der Grundsteuer. Daniela Karbe-Geßler vom Bund der Steuerzahler rät Eigentümern daher, Beschwerde einzureichen und zugleich die Aussetzung des Verfahrens zu beantragen. Die Reform trifft nicht nur Eigentümer hart, sondern belastet auch Mieter. Vermieter können die erhöhten Grundsteuerkosten über die Nebenkostenabrechnung an ihre Mieter weitergeben – und werden dies mit großer Wahrscheinlichkeit auch tun.
Die Lage des deutschen Wohnungsmarktes hat sich durch eine Vielzahl von Faktoren zunehmend verschärft. Hohe Baukosten und Zinsen sowie eine erdrückende Bürokratie hemmen den Neubau und verschärfen den bereits bestehenden Wohnungsmangel. Gleichzeitig könnte das Auslaufen der Mietpreisbremse zur erheblichen Belastung für Mieter führen. Auch die geplante Grundsteuerreform droht, die Situation weiter zu verschlechtern, indem sie sowohl Mieter als auch Eigentümer mit Mehrkosten konfrontiert.
Angesichts dieser Herausforderungen ist die Politik gefordert, um die Wohnkrise in den Griff zu bekommen und den Markt bzw. Eigentümer und Mieter durch Erhöhung des Wohnangebots zu entlasten. Oder ganz einfach: es ist der Staat, der den Markt ruiniert hat und alles daran setzt. das Geschehen weiter zu verschlimmern. Denn die Verteuerung der Nebenkosten fängt erst an: Die Wärmepumpe kommt, die Gasnetze werden zerstört, viele Wohnungen können faktisch nicht mehr vermietet werden.