Tichys Einblick
„DIESE ENERGIEWENDE IST EIN DESASTER“

In der Wirtschaft breite Unzufriedenheit mit der Ampel

Die Ampelkoalition verliert nicht nur in der Bevölkerung an Rückhalt, sondern auch in der Wirtschaft. Statt eine Strategie zu erarbeiten, betreibe die Regierung ein Mikromanagement mit Überregulierung. Ein Paradebeispiel für teures Mikromanagement sei das neue Heizungsgesetz.

IMAGO / photothek

Bereits im Dezember 2022 hatte Deutschlands Industrieproduktion einen Rückgang verzeichnet. Die Produktion im produzierenden Gewerbe ging preisbereinigt um 3,1 Prozent im Vergleich zum November zurück. Im März 2023 fielen die Aufträge um 10,7 Prozent zum Vormonat.

Auch für das II. Quartal des Jahres sehen die Zahlen nicht besser aus. Eigentlich hatten Ökonomen erwartet, dass die Industrieaufträge in Deutschland wieder Fahrt aufnehmen und rechneten mit einem Anstieg um 3,0 Prozent. Doch die Auftragseingänge fielen im April gegenüber dem Vormonat um 0,4 Prozent, wie das Statistische Bundesamt mitteilte. Das sei ein schlechtes Signal, kommentierte Commerzbank-Chefökonom Jörg Krämer. „Die technische Rezession im Winterhalbjahr war kein Ausrutscher.“

Nikolas Stihl, Beiratschef des gleichnamigen Motorsägen-Herstellers, hat wenig Hoffnung für Deutschland als Industriestandort. „Deutschland ist sogar teurer als die Schweiz“ und sei beim Wachstum eines der Schlusslichter, sagt der 63-Jährige im Handelsblatt-Interview. Dies habe ein Standort-Ranking einer Studie der Stiftung Familienunternehmen ergeben, Deutschland stehe dort auf Platz 18 von 21. „Statt eine Strategie zu erarbeiten, betreibt die Regierung Mikromanagement mit Überregulierung“, kritisiert Stihl. Ein Paradebeispiel für teures Mikromanagement sei das neue Heizungsgesetz.

Schon Ende letzten Jahres hatte Stihl gemahnt, Deutschland steuere bei der Standortattraktivität auf einen Kipppunkt zu. Die deutsche Industrie habe bisher sehr widerstandsfähig agiert und die Belastungen mehr oder weniger weggesteckt. Es werde aber von Jahr zu Jahr schwieriger.

Im Handelsblatt-Interview kritisiert Stihl die Regierungspolitik scharf. Aus der Sicht der Wirtschaft sei der Kurs der Ampel fatal und Wirtschaftsminister Robert Habeck unternehme nichts dagegen. Es bestehe kaum die Gefahr, dass das Willy-Brandt-Haus in Olaf-Scholz-Haus umbenannt wird. Und Wirtschaftsminister Robert Habeck würde sicherlich kaum als neuer Ludwig Erhard in die Geschichte eingehen, erklärt Stihl.

„Unsere Energiewende ist jedenfalls ein Desaster“, fasst Stihl zusammen. Es bringe nichts, sich auf eine bestimmte Technologie wie die Wärmepumpe zu stützen und daran für die nächsten Jahrzehnte festzuhalten. Dies halte er für fantasielos. Zudem rechne sie sich für viele wirtschaftlich nicht. „Deswegen stellt die Regierung großzügige Förderungen in Aussicht, wobei kein Mensch weiß, wie das bezahlt werden soll.“ Weiter rechnet er vor: „Schauen Sie sich doch nur den Industriestrompreis an, den wir jetzt mit unglaublich viel Geld subventionieren müssen“, so Stihl.

Unlängst hatte Habeck erörtert, wie er die Subvention des Industriestrompreises angehen möchte, nämlich zunächst über einen „Brückenstrompreis“, anschließend über einen „Transformations-Strompreis“. Unternehmen, die viel Energie brauchen – etwa in der Chemieindustrie –, mussten nach einer Auswertung des Bundesverbands der Energie und Wasserwirtschaft im vergangenen Jahr mehr als 18 Cent pro Kilowattstunde entrichten. Damit ist der Strom in Deutschland Auswertungen zufolge weltweit mit am teuersten.

Um halbwegs wettbewerbsfähig zu bleiben, sei eine Subvention womöglich alternativlos, ergänzt Stihl im Interview, aber es bleibe das katastrophale Ergebnis einer jahrelangen Fehlentwicklung,. Schon zu Zeiten Merkels sei ein Kurs gefahren worden, den er als „Vollkasko-Politik“ kennzeichnet. Es war eine Politik, die den Menschen das Gefühl von Sicherheit vermittelte, so Stihl.

Unternehmer sind so unzufrieden mit der Ampel wie selten, titelt das Handelsblatt. Alexander Fackelmann, geschäftsführender Gesellschafter des gleichnamigen Haushaltswarenherstellers, sieht die Ursachen für die Probleme seiner Branche im unklaren Kurs der Regierung und nennt als Beispiel: „Die Leute sparen für die Wärmepumpe und sind verunsichert, wie viel ihres Geldes sie für Energie ausgeben müssen, bemängelt Fackelmann.“

Auch Natalie Mekelburger, geschäftsführende Gesellschafterin des Kabelspezialisten Coroplast, sagt, die Probleme einer „kleinteiligen und dirigistischen Energiewende“ würden immer offensichtlicher. „Da dies aber nur dem kleinsten Koalitionspartner bewusst ist und der marktwirtschaftliche Ansatz der FDP nicht zum planwirtschaftlichen Ansatz der Grünen passt, ist es kein Wunder, dass die Konflikte jetzt hochkochen.“

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