Tichys Einblick
Deutsche Bank und Co.

Wetterleuchten am Main

Im Gegensatz zum neuen Management der Deutschen Bank fehlt es den Damen und Herren in der EZB und in Berlin aber an Einsicht. Und solange sich das nicht ändert, können die Institute nur versuchen Zeit zu gewinnen. Alle, nicht nur die Deutsche.

© Thomas Lohnes/Getty Images

Die Deutsche Bank baut 18.000 Stellen ab und verkleinert ihr Investmentbanking radikal. Die Börse weiß nicht so recht, was sie mit dieser Nachricht anfangen soll. Ist das jetzt eigentlich eine gute oder eine schlechte Nachricht? Ist die Deutsche Bank „schuldig im Sinne der Anklage“, dass ihr Desaster hausgemacht ist? Oder ist sie nur Spielball und Opfer größerer Entwicklungen? Und: Weil ich dauernd darauf angesprochen werde: Ist das jetzt der Beginn der von mir prognostizierten Bankenkrise oder lassen die Ereignisse das nur glauben?

Von allem ein bisschen.

Der strategische Missgriff des Herrn Jain

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Fangen wir mit der Lage der Deutschen Bank an, so können wir feststellen, dass ihre Lage das Ergebnis einer Mischung interner wie externer Faktoren ist. Die Bank hat Fehlentscheidungen getroffen, keine Frage. Der frühere Vorstand unter Jain hat eine gewaltige Wette abgeschlossen, die nicht aufgegangen ist: Nämlich, dass das Investmentbanking zum Glanz der 80er und 90er Jahre, der Ära der Gordon Geckos, zurückkehren würde. Die Bank müsste nur lange genug durchhalten, bis sich alle anderen zurückgezogen haben, dann könnte sie die Früchte ihrer Geduld einfahren. Die Frage, warum all die anderen, die Goldmänner, und die JPMorgans, die Citis und die Schweizer zu einem ganz anderen strategischen Lagebild gekommen sind und warum man ausgerechnet in Frankfurt die Weisheit ganz allein mit Löffeln gefressen haben sollte, war damals schon berechtigt.

Das ist aber nur die eine Hälfte der Gleichung.

Der Fisch wird an Land nicht atmen, egal wie lange ihn die Zentralbank anschreit

Die andere liegt in der Ertragserosion und den systemischen Kreditrisiken die die Zentralbank ein paar Kilometer weiter zu verantworten hat. Sie hat sich so tief eingegraben, dass sie aus dem Loch nicht mehr rauskommt und sie zerstört damit die Lebensfähigkeit der anderen Teile der Deutschen Bank, wie übrigens des gesamten Sektors überhaupt. Dass es der Deutschen Bank hinsichtlich des Verhältnisses ihrer Kosten zu ihren Erträgen schlechter geht als der Branche kommt aus den eigenen Fehlern, aber dass es mit dem Ausweg schwierig bis unmöglich ist, dass ist nicht die Schuld der Bank.

Der Mangel an mathematischem Lösungsraum

Denn was können wir aus den wenigen Zahlen, die die Bank über ihr Reformprogramm veröffentlicht hat, jetzt schon mit Gewissheit lernen? Das Ergebnis wird sein, dass die Bank Zeit gewinnt, dabei Eigenkapital verbrennt, schrumpft und am Ende kleiner, aber kaum profitabler sein wird. Um das zu verstehen müssen wir uns nur ein paar Eckdaten ansehen:

Stellenstreichungen bei der Deutschen Bank
Die Deutsche Bank als Menetekel der deutschen Wirtschaft
Wie in meinen Vorträgen und Publikationen prognostiziert beträgt das Verhältnis von Kosteneinsparungen zu Rückstellungen für Abfindungen und Restrukturierung etwa eins zu zwei. 18.000 Mitarbeiter entspricht knapp 20% der Kosten der Bank, also ca. 4,5 Mrd. Euro. Sie abzubauen, wird Abfindungen etc. von ca. 8 – 9 Mrd. Euro erfordern, knapp 8 Mrd. hat die Bank angekündigt. Ihr Buchkapital wird sich dadurch von jetzt 63 auf dann noch 54 bis 55 Mrd. Euro reduzieren mit entsprechend geringerer Risikotragfähigkeit. Das wird die Erträge reduzieren, und zwar mindestens in dem Umfang, den Analysten für die nächsten zwei Jahre ohnehin prophezeit hatten, nämlich um 8 bis 12% pro Jahr. Das sind auf zwei Jahre gerechnet ca. 20% der Erträge.

Reduzieren wir aber Erträge und Kosten gleichzeitig um 20%, dann landen wir – nicht wirklich überraschend – bei einer unveränderten Cost-Income-Ratio von ca. 100%. Da ist die Bank jetzt auch. Fairerweise muss man festhalten, dass die Ratio ohne das Programm der Bank wohl in zwei Jahren eher bei 120% läge und die Bank also schwere operative Verluste erleiden würde – von ca. 4,5 Mrd. Euro pro Jahr, also ca. 9 Mrd. in zwei Jahren, was genau dem außerordentlichen Verlust entspricht, den die Bank jetzt über die Rückstellungen für Abfindungen erleidet.

Hase Bank und Igel Geldpolitik

Diese Bank befindet sich im Abwärtswettlauf von Kosten und Erträgen und damit ist sie nicht allein, denn die Unmöglichkeit, die Erträge signifikant zu steigern oder auch nur zu stabilisieren, wurzelt in den monetären Rahmenbedingungen, die die EZB setzt. Egal wie schnell der Hase Bank den fallenden Erträgen hinterherrennt, der Ertragskiller Igel EZB ist schon da.

Ist also das was die Deutsche Bank tut, der Beginn der Krise? Nein, das ist er eher nicht, aber er ist das Wetterleuchten, das das Problem unters Brennglas stellt und eigentlich den Verantwortlichen in der Politik und der Geldpolitik klar machen müsste, dass der Handlungsbedarf nicht allein bei den Banken liegt, sondern auch und vor allem bei Ihnen. Wir brauchen ein Bankenrestrukturierungsgesetz, das es den Banken ermöglicht Kosten zu vertretbaren Abfindungen abzubauen und wir brauchen eine Ende der zerstörerischen Zinspolitik im Gleichschritt mit einer dramatischen Kapitalstärkung des Kreditsektors.

Im Gegensatz zum neuen Management der Deutschen Bank fehlt es den Damen und Herren in der Europäischen Zentralbank und in Berlin aber an Einsicht. Und solange sich das nicht ändert, können die Institute nur versuchen Zeit zu gewinnen. Alle, nicht nur die Deutsche.


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