Der Batteriekonzern befindet sich seit geraumer Zeit in einer schwierigen Lage. Die Nachfrage, insbesondere nach kleinen Lithium-Ionen-Knopfzellen, die unter anderem in Kopfhörern verwendet werden, unterliegt erheblichen Schwankungen. Des Weiteren entwickelte sich das Geschäft mit Wallboxen, die sowohl zur Stromspeicherung als auch zum Laden von Elektroautos dienen, nicht wie erhofft und blieb hinter den Erwartungen zurück. Darüber hinaus sieht sich Varta einer zunehmenden Konkurrenz aus China gegenüber und kämpft weiter mit anhaltenden Lieferkettenproblemen. Auch auf dem deutschen Markt, vorwiegend bei den Energiespeichersystemen, verlor Varta in den letzten Monaten zunehmend Marktanteile.
Hackerangriff im Februar drängte Varta weiter an den Abgrund
Zu allem Überfluss wurden im Februar die Computersysteme von Varta durch einen Hackerangriff lahmgelegt. Hacker hatten Teile des IT-Systems attackiert, weshalb das Unternehmen sowohl die Datenverarbeitung als auch die Produktion runterfahren musste. Die Produktion lag deshalb mehrere Wochen auf Eis. Betroffen waren Werke in Rumänien und Indonesien, aber auch Produktionsstätten in Deutschland, darunter die Standorte Ellwangen, Dischingen und Nördlingen. Mittlerweile ist die Produktion zwar größtenteils wieder aktiv, doch dem damals bereits angeschlagenen Batterieproduzenten setzte dieser Vorfall obendrein erheblich zu.
Aktienkurs rutscht enorm ab
Auch an der Börse zeichnet sich die negative Entwicklung des Batterieherstellers deutlich ab. Im August 2021 notierte die Varta AG noch ein Allzeithoch von rund 160 Euro pro Aktie. Seitdem befindet sich der Kurs auf einer Talfahrt. Allein innerhalb der letzten Woche mussten Investoren einen Kursverlust von minus 80 Prozent hinnehmen. Gestern fiel der Wert der Varta AG dann endgültig auf einen neuen Tiefstand von 2 Euro. Nicht einmal beim Börsengang (IPO) im Jahr 2017 war der Preis für einen Anteil so gering gewesen.
Aktuell weist der Konzern aus Baden-Württemberg nur noch eine Marktkapitalisierung von 88 Millionen Euro auf. Wenig überraschend ist daher, dass die professionellen Analysten von M.M. Warburg kürzlich Ihr prognostiziertes Kursziel auf null senkten. Die allgemeine Marktstimmung dürfte weiterhin bärisch und von ausgeprägtem Pessimismus geprägt bleiben. Investoren sollten jetzt wachsam sein, denn ein Totalverlust ist zweifellos möglich.
Wie geht es mit Varta weiter?
Es ist längst kein Geheimnis mehr, dass Porsche bereits seit einiger Zeit an der Übernahme der Varta-Tochter V4Drive interessiert ist. Mittlerweile ist wohl auch eine Beteiligung am Batteriehersteller selbst in Planung. Porsche möchte den Konzern stabilisieren, benötigt wird hierfür laut der Konzernleitung jedoch ein „hoher zweistelliger Millionenbetrag‟. Zudem ist auch der österreichische Unternehmer Michael Tojner weiterhin an einer Beteiligung interessiert. Aktuell hält dessen Holding, Montana Tech Components mit etwa 47 Prozent die Mehrheit an Varta.
Diesen Sanierungsplan verfolgt der Konzern
Der Batteriekonzern Varta ist derzeit mit rund 500 Millionen Euro hoch verschuldet, wobei die Hauptgläubiger Banken und Hedgefonds sind. Laut Varta-Chef Thomas Ostermann ist ein Schuldenschnitt zentraler Bestandteil des Umstrukturierungsplans, der zur finanziellen Stabilisierung beitragen soll. Trotz dieser Maßnahmen wird jedoch auch die Möglichkeit einer Insolvenz weiterhin geprüft.
Die Konzernspitze hatte angekündigt, vorrangig die Interessen der Gläubiger zu schützen. Ein harter Schlag ist diese Entscheidung vor allem für die Aktionäre. Diese laufen nämlich durch die Sanierung des Konzerns Gefahr, Ihren kompletten Einsatz zu verlieren. Die Restrukturierungsvorschläge sehen demnach vor, das Grundkapital der Gesellschaft auf null Euro zu reduzieren und anschließend durch die Ausgabe neuer Aktien ohne Bezugsrechte zu erhöhen. Auch wenn es den bestehenden Anteilseignern schwerfallen dürfte, der vollständigen Entwertung ihrer Aktien und ihrem Ausschluss aus dem Unternehmen mit der notwendigen Mehrheit zuzustimmen, werden sie diesen Prozess wohl oder übel akzeptieren müssen.
Ziel ist es hierbei vor allem, den Widerstand einzelner Gläubiger und Aktionäre auszuhebeln, um das Unternehmen vor der Insolvenz zu bewahren. Im vergangenen Jahr hatte sich der Nürnberger Autozulieferer Leoni durch eine ähnliche Sanierung neu aufgestellt, wobei auch dort ein Großteil der Aktionäre vollständige Verluste hinnehmen musste, was zu scharfer Kritik seitens der Anlegerschützer führte.
Mitarbeiter müssen sich auf einen Stellenabbau einstellen
Der Batteriekonzern beschäftigte im Jahr 2023 weltweit rund 4.700 Mitarbeiter, in 75 Ländern. Im April 2023 hatte Varta den Abbau von 800 Stellen angekündigt, 400 davon in Deutschland. Betroffen war unter anderem das Werk im bayerischen Nördlingen. Den Umständen entsprechend ist zu erwarten, dass nach Bosch, Siemens, Miele und Thyssen auch Varta in diesem Jahr weiterhin Stellen abbauen wird.
Ist die Deindustrialisierung noch zu stoppen?
Neben den oben bereits genannten Gründen geriet das 1887 gegründete Traditionsunternehmen in den letzten Jahren auch aufgrund stark gestiegener Energiekosten, sowie zunehmender Steuer- und Bürokratieanforderungen, denen in Deutschland produzierende Unternehmen unterliegen, in eine prekäre Lage.
Zusätzlich zu externen Faktoren wie sinkender Nachfrage und intensiver Konkurrenz verschärfen die fortlaufenden wirtschaftspolitischen Fehlentscheidungen der Bundesregierung bedauerlicherweise die Situation für Unternehmen wie Varta. Sollte sich in diesem Bereich nicht umgehend etwas ändern, wird die fortschreitende „Deindustrialisierungspolitik‟ und die deutsche „Wettbewerbsunfähigkeit‟ noch zahlreichen weiteren Unternehmen den Garaus machen.