Im ersten Quartal 2023 ist am globalen Automobilmarkt etwas geschehen, was selbst langjährige Kenner der Automobilindustrie nicht für möglich gehalten haben: Der amerikanische Elektroautomobil-Hersteller Tesla verkauft im ersten Quartal 2023 mit 422.875 Kundenauslieferungen erstmals mehr Automobile am Weltmarkt als der deutsche Premium-Hersteller Audi mit einem Absatz von 415.700 Stück; zudem stellte Tesla noch 18.000 neue Elektroautos auf Lager.
Abergläubische Gemüter würden von einem Menetekel sprechen. Für rationale Analysten ist es eher ein Zeichen, wie rasch sich gegenwärtig auch die Automobilwelt ändert.
Bleibt die Frage offen, was die Gründe für den Tesla Absatzerfolg sind. Und ob es sich dabei nur um eine Eintagsfliege gehandelt haben könnte.
Letzteres hängt von den Rahmenbedingungen ab, vor allem davon, wie der Wettbewerb im allgemeinen und die deutschen Premiumhersteller im Besonderen auf diesen Marktgewinn Teslas reagieren werden, vor allem auf die aggressive Rabattpolitik des US-Herstellers.
Fakt ist, dass Elon Musk seit längerem unter erheblichem Absatzdruck steht. Die Überkapazitäten in seinen Fabriken in Grünheide und Austin (Texas) wachsen, neue Giga-Factories in Mexiko und Kanada sind geplant. In dieser Lage hat der Tesla-CEO seit Ende 2022 mit mehreren aggressiven Preissenkungen in allen Märkten den Absatz angekurbelt. In den USA kam hinzu, dass es ihm durch die mehrmalige Preissenkungen bis zu 10.000 Dollar gelungen ist, in die Förderkulisse des Kaufprämien-Programms der US-Regierung (IRA) für Elektroautos mit hoher amerikanischer Wertschöpfung zu gelangen.
BMW, Daimler und Audi blieben draußen, haben aber laut Schmidt Automotive Reserach anders als Tesla die Preise stabil gehalten und dennoch gut verkauft. VW hat mit Mühen in letzter Minute die Förderschwelle noch erreicht.
Die Folgen dieser radikalen Preispolitik sind bei Tesla bereits in der Bilanz sichtbar. Der Umsatz lag im ersten Quartal zwar bei 23,3 Milliarden Dollar, ein Anstieg von 24 Prozent. Der Nettogewinn fiel allerdings um 24 Prozent auf 2,5 Milliarden Dollar. Der Kurs der Tesla-Aktie ist in der Folgezeit um ein Viertel eingebrochen.
Unverkennbar ist, dass sich Tesla aufgrund seiner ehrgeizigen Wachstumsziele mit den Preissenkungen stärker in Richtung Volumenhersteller bewegt und sich damit zunehmend zu einem Wettbewerber für Marken wie Renault, Volkswagen und die meisten Stellantis-Marken mausert, ganz zu schweigen zu den zahlreichen chinesischen Marken wie BYD, Geely, Nio etc. – ohne aber für diese Massenstrategie über das notwenige Modellangebot im unteren Marktbereich zu verfügen, sondern einfach nur dadurch, dass es seine bisherigen Luxus-Autos billiger anbietet.
Ob die Premium-Kundschaft das auf die Dauer toleriert, ist zu bezweifeln.