Die Regierenden in Bund und Ländern appellieren an die Bürger, Strom und Gas zu sparen. Doch sie selbst erweisen sich weiterhin als unfähig, das Geld der Steuerzahler beieinander zu halten. Die diesjährige Jubiläumsausgabe des „Schwarzbuchs“ des Bundes der Steuerzahler Deutschland e.V. – „Die öffentliche Verschwendung 2022/23“ – listet besonders dreiste Beispiele auf. Hier nur einige der eklatantesten und kuriosesten:
Erweiterungsneubau des Kanzleramts in Berlin
Nach jüngsten Schätzungen fallen für die Erweiterung von Olaf Scholz‘ Wirkungsstätte Kosten in Höhe von 777 Millionen Euro an – etwa 177 Millionen mehr als geplant. „Selbst dieser Preis wird nicht zu halten sein“, sagt Verbandspräsident Reiner Holznagel. Angesichts von Inflation und Fachkräftemangel werde die Summe noch einmal nach oben zu korrigieren sein. „Ich prophezeie, dass wir ganz stark an eine Milliarde rankommen“, so Holznagel.
Flussbad im Berliner Spreekanal für 77 Millionen Euro
Elisabeth-Selbert-Haus in Berlin mit knapp 90 Millionen Euro
Dreimal so teuer als zunächst veranschlagt wird das Elisabeth-Selbert-Haus – und auch noch später fertig. Es ist ein rund 200 Büros umfassender Neubau des Bundestages am Boulevard Unter den Linden. Anfänglich seien im Bundeshaushalt 28,2 Millionen Euro dafür eingestellt gewesen, inzwischen sind 89,2 Millionen Euro Kosten veranschlagt. Das Bau-Vorhaben soll nach neuester Planung erst 2026 fertig sein, statt wie vorgesehen bis Ende 2024. Die zuständige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) teilte dem Bund der Steuerzahler mit, die Mehrkosten seien auf „marktbedingte Kostensteigerungen“ und „Risiken wegen des schwierigen Baugrunds“ zurückzuführen.
23.000 Euro Stromkosten für eine beheizte Fußgänger- und Radweg-Brücke im bayerischen Traunstein
Für 150.000 Euro wurde der Heilig-Geist-Steg mit elektrischen Heizmatten ausgestattet, um im Winter Eis und Schnee zu tauen. Der Stadt Traunstein verursachte dies im Jahr 2021 Stromkosten in Höhe von 23.000 Euro. Inzwischen wurde die Heizung ausgeschaltet.
Schüler-Taxi für knapp 40.000 Euro
Seit drei Jahren werden Kinder aus einem Braunschweiger Neubaugebiet mit dem Taxi zur Grundschule gebracht und nach dem Unterricht wieder abgeholt. Und weshalb? Die Gehwege sind vom Investor noch nicht gebaut, auf den Baustraßen herrscht Baustellenverkehr. Dadurch ist der etwa ein Kilometer lange Schulweg nicht sicher genug. Die Stadt gewährt als gesetzlicher Träger der Schülerbeförderung die Taxifahrten und trägt auch die Kosten. Eine Weiterreichung der entstandenen Kosten an den Investor ist nachträglich nicht möglich. Der Grund: Der städtebauliche Vertrag ist schon lange abgeschlossen und nicht mehr aufzuschnüren.
„Free WiFi Berlin“ mit mehr als 3,2 Millionen Euro
Laut dem Bund der Steuerzahler gab der Berliner Senat in den Jahren 2015 bis 2021 für das Projekt „Free WiFi Berlin“insgesamt mehr als 3,2 Millionen Euro aus. Angekündigt wurde 2014 eine „Anschubfinanzierung“ von 170.000 Euro. Dieses kostenlose WLAN in Berlin ist seit Einführung des EU-Datenroamings im Jahr 2017 völlig überflüssig. Zudem ist das Projekt überholt, da laut Schwarzbuch im Stadtgebiet flächendeckend LTE-Verbindung zu annehmbaren Preisen verfügbar ist. Die anfallenden Stromkosten belaufen sich laut Bund der Steuerzahler seither auf maximal 170.000 Euro.
Gratisbrezeln kosteten Ministerium über 58.000 Euro
An fünf Tagen im Mai und Juni wurden Personen, die in Baden-Württemberg mit dem Fahrrad zur Arbeit fuhren, belohnt: Die Radler konnten sich bei 650 teilnehmenden Bäckereien morgens eine Gratisbrezel abholen. Das Ministerium sponserte die Aktion mit über 58.000 Euro. Der Grund für den Aufwand: Fahrrad als Alltagsverkehrsmittel ausprobieren und über den „Aktionszeitraum“ hinaus auf das Fahrrad umsteigen, so das Verkehrsministerium im Ländle.
Neugebauter Kreisverkehr ist zu klein: Umbau für 75.000 Euro
Nachdem im hessischen Engelsbach (Kreis Offenbach) ein neuer Kreisverkehr gebaut wurde, gedacht auch als Buswendeschleife, stellte sich ein Planungsfehler heraus. Der Kreisel sei so klein, dass er von Bussen kaum befahrbar ist, heißt es im Schwarzbuch. Die Umbaukosten betragen 75.000 Euro. Ein Teil der Kosten wäre auch dann entstanden, hätte es keinen Planungsfehler gegeben, erklärt die Gemeinde Engelsbach. Für den „Rest“ solle nun das Planungsbüro aufkommen. Dennoch fragt der hessische Bund der Steuerzahler, weshalb der Fehler im Rathaus nicht früher aufgefallen ist. Noch sei unklar, wie hoch die Steuergeld-Verschwendung ausfalle.
Parlamente in Thüringen zu groß und zu teuer
In Thüringen kritisiert der Bund der Steuerzahler die große Anzahl von Abgeordneten im Landesparlament. Es müsse so schnell wie möglich das Wahlrecht reformiert und die Zahl der Wahlkreise soweit verringert werden, dass der Landtag künftig mindestens 20 Abgeordnete weniger aufweise, hieß es. Thüringen leiste sich überdurchschnittlich viele Abgeordnete bezogen auf die Einwohnerzahl. Auf gut zwei Millionen Einwohner kommen rund 90 Parlamentarier. Das bedeutet ein Verhältnis von einem Abgeordneten auf rund 23.500 Einwohner. Der bundesweite Durchschnitt aller Flächenländer liegt demnach bei 50.267 Einwohnern. Bei einer Reduzierung um jeweils 20 Abgeordnete könnten während einer fünfjährigen Legislaturperiode so rund 9,4 Millionen Euro eingespart werden.
Deutschland hat eine Steuerquote (Anteil des Bruttonationaleinkommens) von 23,1 Prozent, Stand 2021. Umso eklatanter die Steuergeldverschwendung.
Weitere „Highlights“:
Entkernt statt nur saniert – Kosten rund 35 Millionen Euro: Ein Verwaltungsgebäude des Bundestags in Berlin-Mitte. Veranschlagt waren rund 10,7 Millionen Euro. Schlussendlich haben sich die Kosten mit rund 35 Millionen Euro mehr als verdreifacht. Gemessen am Preis je Quadratmeter Bruttogrundfläche hat die Sanierung dieses kleinen Verwaltungsgebäudes damit – preisbereinigt – in etwa so viel gekostet wie die Sanierung des repräsentativen Reichstagsgebäudes.
Baugrund überrascht beim Autobahnbau im Moor – Aus geplanten 65 Millionen Euro ist mit fast 138 Millionen Euro mehr als das Doppelte geworden.
In der Elbe versenkt: eine Million Euro – Obwohl sich die Stadt Hamburg das kostenstabile Bauen auf die Fahnen geschrieben hat, gibt es immer wieder Beispiele, bei denen gegen dieses Prinzip verstoßen wird.
Überflüssige Rampe und Aussichtsplattform für Radtouristen – Für Aussichtsplattform und Rampe will die Stadt Burscheid ca. 803.000 Euro ausgeben, zu 70 Prozent gefördert vom Land NRW.
Kanalausbau in Schleswig-Holsteinwird immer teurer – Die Brücke wird vier Mal so teuer und die Schleusen fast drei Mal so teuer wie geplant. Aus ursprünglich 47 Millionen Euro sind mittlerweile 215 Millionen Euro für die Ersatzbrücke geworden.
Mehr Steuergeld für Garnisonkirche Potsdam – Millionenzuschüsse, um Deckungslücke zwischen Baukosten und Spenden zu schließen. Insgesamt stehen 24,75 Millionen Euro Bundesmittel zur Verfügung – doppelt so viel, wie zunächst geplant. Dass der Förderbedarf weiter steigt, ist nicht ausgeschlossen.
Mehr krasse Beispiele aus den etwa 100 aufgedeckten Fällen findet man hier.