Tichys Einblick
Der Sturm bläst ins Gesicht

Manager-Gipfel in Berlin: Die Arbeitgeber tagen – und grillen Olaf Scholz

Arbeitgeberpräsident Dulger kritisiert den Ampelkurs scharf. Zum Lieferkettengesetz sagt Scholz auf dem Arbeitgebertag: „Das kommt weg“. In der Realität steht die Umsetzung des EU-Lieferkettengesetzes an. Indessen bastelt Habeck an einem umstrittenen Milliardenpaket samt Investitionsprämie für die Wirtschaft.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD,l) spricht während des Deutscher Arbeitgebertages 2024 der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) mit Rainer Dulger, Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände.

picture alliance/dpa | Sebastian Christoph Gollnow

Beim Arbeitgebertag des BDA am Dienstag bekam Bundeskanzler Scholz so richtig „das Fett weg“, also im üblichen Sprachgebrauch wurde er für sein Fehlverhalten kritisiert und zurechtgewiesen. Man könnte auch sagen, Scholz wurde regelrecht „gegrillt“.

Die Tagesthemen breiteten das ein wenig genüsslich aus. „Der Countdown für den Kanzler läuft auf dem Arbeitgebertag. Die Fassade glitzert, doch dahinter sieht es düster aus.“ Dann kommt Scholz zu Wort. Er sagt: „Die Konjunktur stagniert und das wird natürlich auch noch gefördert, wenn die Stimmung nicht immer zum Besten ist.“ Heißt das im Umkehrschluss – die Stimmung ist mies, die Lage besser?

Zum Lieferkettengesetz sagt Scholz auf dem Arbeitgebertag: „Das kommt weg“ – und zwar mit der Kettensäge. Und schiebt hinterher: „Die angekündigte Reform mit dem Abbau all dieser Regelungen wird gemacht.“ Will man seine Aussage tatsächlich ernst nehmen, soll das wohl heißen: Das Lieferkettensorgfaltskontrollgesetz (LkSG) soll reformiert werden?

Der Präsident der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), Rainer Dulger, drängte beim Arbeitgebertag auf Fortschritte. „Wir haben mehrfach darum gebeten, dieses Gesetz entweder zu lockern oder außer Kraft zu setzen. Der Wirtschaftsminister hat uns das auch mehrfach bestätigt, dass er verstanden hat, worum es geht und dass er sich sofort an die Arbeit machen wird. Aber erreicht, geliefert hat er nichts“, beanstandete Dulger.

Scholz beantwortete nun auf Dulgers Ruf nach Veränderungen, diese kämen „dieses Jahr noch“. Dulger daraufhin: „Ich glaube Ihnen das, wenn die Tinte trocken ist und es bei mir auf dem Lieferschein steht.“

Dabei steht die Umsetzung der EU-Lieferketten-Richtlinie an, die ganz ähnliche Pflichten vorsieht. Die Richtlinie zum Lieferkettengesetz der EU (Corporate Sustainability Due Diligence Directive, CSDDD) wurde am 5. Juli 2024 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und trat 20 Tage danach in Kraft.

Die Bundesregierung hatte in ihrer „Wachstumsinitiative“ angekündigt, bei der Umsetzung von Sorgfalts- und Berichtspflichten gelte es, unverhältnismäßige Belastungen der Unternehmen zu vermeiden. Die CSDDD solle deshalb so bürokratiearm wie möglich umgesetzt werden. Die Bundesrepublik hatte der Richtlinie auch nicht zugestimmt, dennoch wurde sie im Frühjahr verabschiedet.

Weniger Bürokratie unter CSDDD?

Doch ist fraglich, wie „bürokratiearm“ sich die Richtlinie überhaupt umsetzen lässt, denn sie verfolgt den gleichen Regulierungsansatz wie das LkSG – und geht in den Rechtsfolgen bei Pflichtverletzungen sogar darüber hinaus. Die Bußgelder nach der CSDDD sind deutlich höher als die nach dem LkSG, zudem sieht die EU-Richtlinie eine zivilrechtliche Haftung für Zulieferer vor, die mit dem LkSG gerade nicht eingeführt worden war. Ob mit der Umsetzung der Richtlinie, welche sodann anstelle des LkSG treten wird, wirklich weniger Bürokratie einhergeht, bleibt abzuwarten. Die Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK) hatte dies bereits bezweifelt.

Indessen senkt das IWF die Wachstumserwartungen für Deutschland in diesem Jahr auf Null. Das ist der schwächste Wert aller führenden westlichen G7-Industriestaaten.

Dem will wohl Habeck entgegenwirken, indem er nun für die Wirtschaft ein Milliardenpaket schnüren will samt einer Investitionsprämie. Größtenteils ist es ein Best-of seiner unverwirklichten Ideen, schreibt die Welt. Dahinter steckt ein Wahlkampfmanöver. „Update für die Wirtschaft – Impuls für eine Modernisierungsagenda“, wird sein Papier betitelt. Bürokratie soll mit noch konsequenteren „Praxis-Checks“ bekämpft werden, die rasant steigenden Netzentgelte der kommenden Jahre sollen sinken, indem sie über eine längere Zeit gestreckt und subventioniert werden. Und dann zum Geld: „Neu ist vor allem der Vorschlag eines Deutschlandfonds, der sich erst auf Seite zehn des 14-Seiten-Dokuments findet. Damit will der Wirtschaftsminister endgültig jede Investition subventionieren, die Unternehmen noch bereit sind, in Deutschland zu tätigen.“ Es fehle, so Habeck „eine Investitionsdynamik“.

Und weiter: „Ein zentraler Grund dafür ist eine restriktive Haushaltspolitik, die uns von den allermeisten anderen erfolgreichen Ländern unterscheidet“, heißt es in dem Papier. Mit diesem Satz räume Habeck auch gleich ein, dass aus seinem Vorschlag nichts werden wird – zumindest nicht in der aktuellen Ampel-Koalition. Denn für den Deutschlandfonds wären gewaltige Summen notwendig, die sich nicht mit der Einhaltung der Schuldenbremse vertragen. Ginge es nach ihm, würden künftig alle Investitionen von Unternehmen, mit Ausnahme von Gebäudeinvestitionen, mit zehn Prozent vom Staat subventioniert. Die restlichen 90 Prozent sollen die Firmen dann auch weiterhin steuerlich abschreiben können.

Die Subvention solle zunächst auf fünf Jahre befristet eingeführt werden. „Das größere Wirtschaftswachstum würde dafür sorgen, dass die Staatsverschuldung im Verhältnis zur Wirtschaftsleistung nur moderat ansteigen würde“, behauptet Habeck.

So viel vorab zu Habecks Wunschdenken.

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