Der Buddhismus kennt die Übung des Waldfegens. Der Gläubige kehrt dort das Laub von einer Seite zur anderen. Das fördert die Demut. Die Einsicht, wie nichtig man selbst im großen kosmischen Zusammenhang ist. „Wirtschaftsminister“ Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) haben sich mit den Spitzen der deutschen Wirtschaft getroffen. Sie hätten die Zeit besser genutzt, wenn sie im Wald Laub gefegt hätten – wobei, eigentlich haben sie das getan. Metaphorisch gesprochen.
Herausgekommen nach dem Gespräch ist nichts, obwohl gleich vier Verbände mit am Tisch gesessen haben:
- Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI)
- Deutsche Industrie- und Handelskammer (DIHK)
- Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA)
- Zentralverband des Deutschen Handwerks (ZDH)
Herausgekommen, was besprochen wurde, ist nicht. Das ließe sich jetzt als Erfolg lesen. Von wegen Vertraulichkeit vereinbart, Vertraulichkeit eingehalten. Doch was soll bei diesem Gespräch auch rauskommen? Die Bürokratie muss abgebaut, die Steuern und Energiepreise gesenkt werden und ausreichend Mitarbeiter wären auch ganz nett. Vor allem, wenn die motiviert wären. Mal ehrlich: Wer will das noch lesen? All diese Forderungen sind bereits hoch und runter analysiert worden. Wir haben kein Erkenntnisproblem. Wir haben ein Problem mit der Umsetzung.
Ein Paar Schlagzeilen dieser Tage zum Beleg: Der „Wirtschaftsminister“ sagt: „Der Staat macht keine Fehler.“ Wer von Habeck den Abbau von Bürokratie und Steuern erwartet, der hofft auch, dass der nigerianische Prinz einem die versprochenen Millionen tatsächlich auszahlt. Dieser Tage hat Habeck ein „Bieterverfahren“ gestartet. Demnach erhalten die Unternehmen Milliarden vom Staat, die nachweisen können, dass sie mit wenig Geld den Ausstoß von CO2 reduzieren. Jeder ihrer Geschäftsvorgänge muss damit über den Tisch des Wirtschaftsministeriums. So viel zum Bürokratieabbau. Bezahlen muss den Spaß ja auch jemand. So viel zur Senkung der Steuern.
Andere Schlagzeile. Die Welt berichtet über einen „Brain Drain“. Immer mehr junge Menschen kommen zum kostenlosen Studieren nach Deutschland, aber immer weniger davon bleiben danach als Fachkraft im Land. Wer will’s ihnen verdenken? Staatlich unterstützte Medien verbreiten Legenden von Remigrations-Plänen. Mit jedem Antrag – egal, ob es um Visa geht oder um Bafög – lernen sie die Pein einer dysfunktionalen Bürokratie kennen. Haben sie dann das Studium in der Tasche, können sie sich durch harte Arbeit weiterentwickeln: 3500 Euro Einkommen. 4500 Euro. 5500 Euro. Brutto. Netto haben sie in Deutschland aber nach jeder Gehaltssteigerung kaum mehr als davor. Wer will es ihnen wirklich verdenken, wenn sie daher in ein Land weiterziehen, das ihnen etwas von den Früchten ihrer Arbeit lässt?
Ob das beim Spitzentreffen Habecks und Lindners mit der Wirtschaft ein Thema war? Keine Ahnung. Wen interessiert’s? Falls es ein Thema war, werden sich alle am Tisch einig gewesen sein: Wir müssen die Bürokratie abbauen. Die Steuern sind zu hoch. Leistung muss sich lohnen und Fachkräfte müssen Anreize erhalten in Deutschland zu arbeiten. Hatten wir alles schon bis zum Erbrechen. Aber wirklich zum Speien ist halt, dass sich aus all dieser Erkenntnis nichts entwickelt.
Habecks und Lindners Kanzler Olaf Scholz (SPD) weigert sich, auch nur anzuerkennen, dass Deutschland ein Problem mit der Wirtschaft habe. Solche Sorgen will er vergessen und sich mit dem Erhalt und immer weiteren Ausbau des Sozialstaats die Wahl 2025 kaufen. Bleiben wir ehrlich: Die Mehrheit der deutschen Wähler sind so beschaffen, dass sie beide Forderungen gerne hören: die nach dem Ausbau des Sozialstaats wie die nach Senkung der Steuern. Wenn dann das eine passiert und die andere Forderung ins Gegenteil verkehrt, nehmen sie die höheren Steuern als Gott gegeben hin. Jedes Land hat halt auch die Regierung, die es verdient.
Lindner und Habeck wissen um die Not der deutschen Wirtschaft. Das haben sie bewiesen. Vielleicht wollen sie diese auch abstellen. Durchaus möglich. Aber mit diesem Kanzler an der Spitze wird das nicht passieren. Also könnten die beiden sich in den Wald aufmachen und dort das Laub fegen. Stattdessen sprechen sie mit den Vertretern der Wirtschaft über die dysfunktionale Verwaltung. Aber im Prinzip ist es das Gleiche. Im besten Fall lehrt es Lindner und Habeck die Demut, dass sie für das Schicksal des Kosmos keinen Unterschied ausmachen – und nicht nur des Kosmos.