Tichys Einblick
Branchenreport Elektromobilität

Reichweitenangst und lange Ladezeiten bleiben Kaufhemmnisse für reine E-Autos

Die staatliche Förderung treibt den deutschen Elektro-Pkw-Markt hoch. Aber von einem Durchbruch kann nach wie vor nicht gesprochen werden. Auf reine Elektro-Antriebe verlassen sich nur wenige Käufer.

imago images / Andreas Gora

Die Fördermaßnahmen der Bundesregierung zeigen Wirkung: Die Neuzulassungen von Elektro-Pkw haben im Juni um 118 Prozent auf 18.997 Fahrzeuge (KBA) weiter deutlich zugelegt. Ihr Anteil am Gesamtmarkt stieg auf 8,6 Prozent. Im ersten Halbjahr 2020 haben sich damit die Neuzulassungen von Elektroautos in Deutschland trotz der Corona-Krise auf 93.682 Elektroautos fast verdoppelt (+96 Prozent), währen im gleichen Zeitraum die Pkw-Neuzulassungen corona- und konjunkturbedingt um 35 Prozent schrumpften, allerdings immer noch auf beachtliche 1.210.700 Neuzulassungen. 

Wie politisch aus Umweltschutzgründen angestrebt nimmt die Elektromobilität in Deutschland also zu, von einem Marktdurchbruch kann jedoch nach wie vor nicht gesprochen werden. Zumal der Teufel, wie üblich, im Detail steckt. So verbirgt sich hinter der „elektrischen“ Markt- Dynamik, dass auch im Juni die Plug-In-Hybride (PHEV), also Elektro-Autos mit der Kraft eines „zweiten Herzens“ auf Verbrennerbasis, Hauptursache für den Absatzerfolg waren. Sie verzeichneten einen Anstieg um 274 Prozent auf den neuen Rekordwert von 10.749 Einheiten. Ihr Anteil an den Elektro-Neuzulassungen erreichte damit 57 Prozent. Das Marktvolumen rein batterieelektrischer Fahrzeuge (BEV) stieg dagegen lediglich auf 8.119 Einheiten (+ 41 Prozent). 

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An dieser Entwicklung lässt sich ablesen, dass Reichweitenangst und lange (und unsichere) Ladezeiten nach wie vor wichtig Kaufhemmnisse darstellen. Da das Modellangebot der deutschen Hersteller an Plug-In-Hybriden schon in 2020 weiter überproportional zunehmen wird, dürfte dieses Markt Segment auch weiterhin überproportional wachsen. Sehr zum Leidwesen jener Hersteller, die sich ausschließlich auf die Produktion hochpreisiger batteriebetriebener E-Autos konzentriert haben.

Dank der Plug-In-Hybrid-Fahrzeuge konnte die deutsche Automobilindustrie ihren Marktanteil bei Elektroautos im Juni auf 67 Prozent (Vorjahresmonat: 46 Prozent) ausbauen. Die Modelloffensive ist in vollem Gange; laut VDA bieten deutsche Konzernmarken bieten bereits jetzt rund 70 verschiedene Elektro-Modelle an. Bis Ende 2023 sollen es mehr als 150 werden.

Entsprechend der bekannten Gebrauchsnachteile heutiger E-Autos blieben private Käufer im Verglich zu gewerblichen Käufern auch im Juni bei einem Anteil von 28 Prozent an den Elektroneuzulassungen weiterhin verhalten. Der VDA rechnet aber damit, dass sich das ändern wird. So geht Hildegard Müller, Präsidentin des Verbandes der Automobilindustrie (VDA), fest davon aus, dass die ab 1. Juli 2020 für sechs Monate abgesenkte Mehrwertsteuer in Kombination mit dem deutlich erhöhten Umweltbonus in den nächsten Monaten zu einer höheren Nachfrage bei privaten Käufern führen wird. „Für Hersteller, Handel und Kunden besteht nun Klarheit über die Förderung beim Kauf von Elektroautos. Beide Maßnahmen sind wichtige Instrumente, um die Erneuerung der Fahrzeugflotte durch klima- und umweltfreundliche Elektrofahrzeuge zu unterstützen“.

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