Wenn in der Republik von Bürokratie-Abbau die Rede ist, bezieht es sich auf den Fakt, dass Bürokratie ein ganz erhebliches Geschäftsrisiko darstellt. Obwohl die Bundesregierung inzwischen drei Bürokratieentlastungsgesetze auf den Weg gebracht hat, kommen immer noch mehr neue Vorschriften hinzu, als alte wegfallen. Nicht mitgedacht ist das Geschäftsrisiko für Unternehmen, wenn bürokratische Monster als Verordnung direkt von der EU kommen und durch kein deutsches „Bürokratieentlastungsgesetz“ aus der Unternehmens-Welt geschafft werden kann. Da hilft dann auch kein „verbindlicher Praxis-Check“ für neue Gesetze, wie die DIHK anmahnt.
Carbon border adjustment mechanism – CBAM, auf Deutsch: CO2-Grenzausgleichsmechanismus – so lautet die EU-Verordnung Nummer 2023/956, wodurch bei Importen von Metallen wie Aluminium, Eisen und Stahl, aber auch Düngemittel, Zement, Strom oder Wasserstoff in die Europäische Union eine CO2-Abgabe anfällt. Damit möchte die EU ihrem Ziel näherkommen, bis spätestens zum Jahr 2050 „klimaneutral” zu werden. Die Verordnung gilt ab dem 1. Oktober 2023.
„Der Klimawandel ist ein globales Problem, das globale Lösungen braucht. Da die EU ihre eigenen Klimaziele erhöht und in vielen Nicht-EU-Ländern eine weniger strenge Klimapolitik herrscht, besteht die Gefahr einer sogenannten „Kohlenstoffverlagerung“, erfahren wir auf der Website der EU-Kommission.
Was dabei herauskommen dürfte, ist ein Bürokratie-Monster. „CBAM ist ein völlig neues Instrument mit völlig neuen Anforderungen“, sagte Wolfgang Große Entrup, Hauptgeschäftsführer des Verbands der Chemischen Industrie: „Auf unsere Unternehmen kommt ein bürokratischer Kraftakt zu, und das ausgerechnet in einer wirtschaftlich angespannten Zeit.“
Nicht nur Eisen, Stahl, Zement, Düngemittel und Elektrizität, auch bestimmte Vor- und nachgelagerte Produkte in reiner oder verarbeiteter Form aus Nicht-EU-Staaten, müssen ab 1. Oktober 2023 gesondert quartalsweise gemeldet werden, schreibt die IHK Stuttgart. Dies gelte auch für Produkte „wie Schrauben und ähnliche Artikel aus Eisen oder Stahl (Position 7318 und 7326) oder Aluminium“. Es ist wahrscheinlich, dass die Liste ab 2026 ausgeweitet werden wird. Berichtspflichtig ist der Zollanmelder oder dessen indirekter Vertreter. Die erste Meldung muss Ende Januar 2024 abgegeben werden.
Laut Welt soll bis 2030 CBAM auf weitere Industriegüter ausgeweitet werden. Doch schon ab Oktober müssen EU-europäische Unternehmen ermitteln und dokumentieren, wie viel Kohlendioxid importierte Waren in fernen Teilen der Erde verursacht haben.
Vermutlich werden es viele Unternehmen nicht schaffen, all den neuen Pflichten ab Oktober nachzukommen, so Stephan Freismuth, Steuerexperte des Wirtschaftsprüfers KPMG. „Sie müssen daher mit Bußgeldern rechnen.“
Für Maschinenbauer und Autohersteller könne CBMA besonders schwierig werden. „Denn beide benötigen viel Stahl. In einem Fahrzeug, das eine Tonne wiegt, stecken rund 600 Kilogramm. ‚Die Kosten für den Stahlimport dürften durch CBAM bald deutlich steigen, sofern Hersteller außerhalb der EU nicht in nachhaltige Produktionsverfahren investieren‘, sagte der KPMG-Experte. ‚CBAM könnte also dazu beitragen, dass Autos in der EU auf lange Sicht teurer werden.‘“