Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hat in einer neuen Studie untersucht, wie sehr die Metallpreise im sogenannten Netto-Null-Szenario der Internationalen Energieagentur steigen könnten. In dem Szenario sollen alle vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen bis zum Jahr 2050 Netto-Null betragen. Sie sollen also durch Reduktionsmaßnahmen auf null gesenkt werden, sodass rechnerisch kein menschenverursachter Ausstoß in der Atmosphäre verbleibt.
Grundsätzlich reichten die Vorkommen in der Erdkruste aus, um den Bedarf zu decken, erklärt der Studienautor Lukas Boer. „Das Problem ist jedoch der knappe Zeithorizont, da wir diese Metalle schon heute benötigen, wobei der Bedarf stark steigt.“ Kupfer, Kobalt und Nickel werden in Minen abgebaut. Laut dem DIW kann es bis zu zwei Jahrzehnte dauern, bis neue Bergwerke erschlossen sind. Bei Lithium sei zwar eine kürzere, aber dennoch “gewisse Vorlaufzeit” ebenfalls notwendig.
Nickel, Lithium, Kupfer und Kobalt sind die Hauptbestandteile vieler Technologien zur Speicherung und Erzeugung von erneuerbarem Strom. Etwa enthalte ein E-Auto fünfmal so viel der Metalle als ein Verbrenner, schreibt Studienautor Boer. Kupfer werde in großen Mengen beim Bau von Windkraft- und Photovoltaikanlagen verbraucht, während Lithium, Kobalt und Nickel vor allem in Batterien Anwendung finden.
Studienautor Boer hält es für möglich, dass Lithium und Co. zum „Öl von morgen“ werden. Die Einnahmen der Produzenten könnten in den kommenden 20 Jahren etwa so hoch sein wie die Einnahmen der Rohöl-Förderer. Metalle könnten also „relevante Rohstoffe werden, die maßgeblich Inflation, internationalen Handel und Wirtschaftsleistung beeinflussen“. Außerdem würden die Preisanstiege den Ausbau der Erneuerbaren deutlich verteuern. Die Prognose sei aber mit Unsicherheit behaftet, erklärt Boer. Ersatzstoffe und unvorhergesehene technologische Fortschritte könnten die Preisanstiege dämpfen.
Laut der DIW-Studie droht indes nicht bloß Inflation. Deutschland mache sich auch von den Förderern der Metalle abhängig. Die drei größten Förderländer vereinigten jeweils einen Großteil der globalen Produktion auf sich. Das seien bei Lithium 90 Prozent (in absteigender Reihenfolge: Australien, Chile, China), bei Kobalt 80 Prozent (Kongo, Australien, Russland), bei Nickel 50 Prozent (Indonesien, Philippinen, Russland) und bei Kupfer ebenfalls 50 Prozent (Chile, Peru, China).
China steht demnach für rund 17 Prozent der Jahresförderung von Lithium, 9 Prozent von Kupfer, 5 Prozent von Kobalt und 2 Prozent von Nickel. Das Land hat aber vergleichsweise geringe Reserven der vier Metalle. Gleichwohl warnt das Mercator Institut für China-Studien, dass die EU extrem abhängig von Rohstofflieferungen aus China sei. Etwa seien die Chinesen mit einem Anteil von 44 Prozent der Hauptlieferant für sogenannte kritische Rohstoffe. Darunter fallen 30 Rohstoffe wie Kobalt, Lithium, aber auch die 17 seltenen Erden. Die kritischen Rohstoffe seien grundlegend für die Wirtschaft und könnten in der EU nicht zuverlässig abgebaut werden. Außerdem kontrolliere China 85 Prozent des Produktionsvolumens in der Verarbeitung von seltenen Erden, berichtet das Institut. E-Autos oder Smartphones können ohne seltene Erden nicht gebaut werden.