Tichys Einblick
Verwirrender Begriff

Nebelkerze Greenflation: Hauptverursacherin der Inflation ist die EZB

Derzeit warnen alle vor „Greenflation“. Selbst EZB-Direktorin Isabel Schnabel sagte, die Wende zu grünen Energiequellen berge das Risiko erhöhter Inflation. Doch der Begriff stiftet mehr Verwirrung, als dass er nützt. Nach Milton Friedman ist Inflation ein rein monetäres Phänomen.

IMAGO / Fotostand

Die Energiepreise sind im vergangenen Jahr rasant gestiegen. Laut Statistischem Bundesamt verteuerte sich leichtes Heizöl um satte 41,8 Prozent, Kraftstoffe um 22,6 Prozent und Gas um 4,6 Prozent. Ohne die Energiepreise hätte die Gesamtinflationsrate bloß 2,3 Prozent statt 3,1 Prozent betragen, teilte das Statistische Bundesamt mit.

Die Kritik an der sogenannten grünen Inflation, der „Greenflation“, wird denn auch immer lauter. Kürzlich sei Greenflation noch „ein Tabuthema“ gewesen, stellte etwa der Politik-Chef des Handelsblatts fest. Selbst die Tagesschau titelt „Klimaschutz erhöht die Preise“ und bemerkt: „Investitionen in die Energiewende und die steigende CO2-Steuer tragen zum Preisauftrieb bei.“

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Doch die Aufregung um Greenflation lenkt bloß von der Kernursache der steigenden Preise ab: die ultralockere Geldpolitik der EZB. Bereits der Wirtschaftsnobelpreisträger Milton Friedman sagte klar, dass Inflation – verstanden als Anstieg des allgemeinen Preisniveaus – „immer und überall ein rein monetäres Phänomen“ ist. Das begründen Friedman und andere Ökonomen mit der Quantitätstheorie des Geldes, die bereits Nikolaus Kopernikus in seinen Schriften formulierte.

Laut der Theorie erhöht sich das Preisniveau, wenn die Notenbank die Geldmenge ausweitet und Geldnachfrage sowie Güterproduktion unverändert bleiben. Das geschah etwa während der Corona-Krise. Seit März 2020 verdoppelten das EZB-System und die Fed nahezu ihre Bilanzsummen. Gleichzeitig brach das Güterangebot aufgrund der weltweiten Corona-Maßnahmen ein. Da halfen selbst eine erhöhte Bargeldnachfrage und Sparquote wenig – die Preise zogen massiv an.

Der Ökonom Steve Hanke hat in einem Fachaufsatz vom Dezember 2021 auf Basis der Quantitätstheorie berechnet, wie hoch der Geldüberhang in der Eurozone ist und wie kräftig die Inflation in den kommenden Jahren steigen wird, wenn die EZB die Geldmenge nicht weiter ausweitet. Laut dem Professor der John-Hopkins-Universität läge die Teuerungsrate im Schnitt bei 2,5 bis 3 Prozent. In Deutschland würde sie etwas kräftiger steigen, vermutet Hanke. Der Inflationszyklus werde erst enden, wenn die Zentralbanken das Geldmengenwachstum verlangsamten.

Angesichts dessen verwirrt der Begriff Greenflation die Bürger bloß. Er vernebelt die wahre Ursache der steigenden Preise. Die Inflationsrate läge auch ohne die grüne Energiepolitik weit über dem 2-Prozent-Ziel der EZB. Zwar hätte sich Energie wohl weniger kräftig verteuert, dafür hätte sich der Inflationsdruck in anderen Bereichen der Wirtschaft entladen.

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Gleichwohl verschärft die grüne Klimapolitik den Preisauftrieb. Etwa schätzt Hans-Werner Sinn, dass die Teuerung im Energiebereich die Preisanstiege im Zuge der Ölkrise der Siebzigerjahre des letzten Jahrhunderts verblassen lassen könnte. „Das Verbot der billigen traditionellen Energiequellen zwingt die Wirtschaft, auf teurere Energieträger auszuweichen“, sagte der Ökonom in einem Interview mit der Welt. Der Ausstieg aus Atom und Kohle treibe die Produktionskosten nach oben.

Die EZB sollte in dieser Situation die Geldmenge reduzieren und die Zinsen deutlich erhöhen. Das würde die Weltwirtschaft in eine Depression stürzen, aus der sie sich aber rasch erholen könnte, wenn die Märkte liberalisiert würden. Etwa war die US-Depression von 1920 bis 1921 vergleichsweise kurz, als der Bundesstaat Ausgaben und Steuern drastisch reduzierte – im Gegensatz zur Großen Depression.

Doch EZB und Fed verfolgen weiter eine lockere Geldpolitik – in den Bilanzen ist bislang wenig von der angekündigten geldpolitischen Wende zu sehen. Die Gesamtbilanzen schwellen weiter an. Etwa betrug das Wachstum bei der EZB im Oktober 93 Milliarden Euro, im November 91 Milliarden Euro und im Dezember 109 Milliarden Euro. Erst seit Januar liegt das Plus in den ersten beiden Wochen etwas geringer bei 27,6 Milliarden Euro.

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