In Beverly Hills herrscht Chaos. In der Stadt, in der Geld normalerweise keine Rolle spielt, steht ausgerechnet ein Geldhaus womöglich kurz vor der Pleite. Die US- Regionalbank Pacific Western Bank (Pacwest) verbuchte am 11.05. Nach Handelsschluss an der Nasdaq ein Minus von fast 23 Prozent. Der Grund: Das kalifornische Unternehmen hatte laut CNBC mitgeteilt, dass die Einlagenabflüsse in der ersten Maiwoche rapide zugenommen haben. Wie gigantisch sich der Kurseinbruch auswirkt, zeigt der Monats- und Jahresvergleich. Allein in diesem Monat verlor die Aktie über die Hälfte ihres Wertes. In der Jahresrückschau sind es sogar fast 80 Prozent.
Im Detail handelt es sich um einen Abgang von Einlagen vom 1. bis zum 5. Mai um fast 10 Prozent. Besonders fraglich ist hierbei die Kommunikation von PacWest. So hatte die Bank noch am 4. Mai erklärt. dass es “keine außergewöhnlichen Einlagebewegungen gegeben hätte”. Mehr noch: Die Unternehmensführung ließ verlauten, dass die Gesamteinlagen bereits gestiegen sind. Zu dem Zeitpunkt war der Abfluss von Kapital bereits im vollen Gange.
Fragwürdige Kommunikationsstrategie
Sagte die Bank die Unwahrheit, um einen weiteren Kursverlust zu vermeiden? Zumindest dürften Experten zukünftige Aussagen der Bank mit anderen Augen betrachten. So erklärte die Bank, dass sie in der Lage sei, die Abflüsse mit der verfügbaren Liquidität von mehr als 15 Milliarden US-Dollar zu decken, die sich auf 5,2 Milliarden US-Dollar belaufen. Ein kleines Bonmot gab das Unternehmen noch der Presse mit. So seien die meisten Abflüsse auf Medienberichte zurückzuführen, weshalb Kreditgeber von PacWest strategische Optionen prüfen.
Zu welchen Konsequenzen widersprüchliche Aussagen börsennotierter Unternehmen es kommen können, zeigte sich Anfang der Woche. Noch am 9. Mai legten die Titel der Regionalbank noch um 30 Prozent zu, nachdem PacWest seine Dividende drastisch gekürzt hatte. “Angesichts de extremen Volatilität der Aktie in letzter Zeit glauben wir, dass diese Dividendenkürzung sinnvoll ist und das Tempo der Kapitalbindung unterstützen kann”, war sich laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung die Analysten von RBC Capital Markets sicher. Kurze Zeit später verkündete die Unternehmensführung den Abfluss von 10 Prozent.
Credit Suisse mit staatlicher Hilfe gerettet
Steht die Welt nach 2008 vor einer nächsten Bankenkrise? Zumindest könnte die PacWest Bancorp nach der Silicon Valley Bank, der Signature Bank und der First Republic Bank die vierte Bank sein, die in den USA gerettet werden muss. Ob die Durchhalteparolen aus Beverly Hills auf den Märkten für Beruhigung sorgen, darf bezweifelt werden. Die nächsten Wackelkandidaten stehen bereits in den Startlöchern. Die Titel der Regionalbanken Western Alliance und Zions ließen bereits vergangener Woche federn, nachdem die First Republic Bank in letzter Sekunde gerettet werden musste. Auch die Geldhäuser Metropolitan Bank und HomeStreet sollen laut Experten mit relevanten Einlageabflüssen rechnen.
Dass die Krise auch in Europa angekommen ist, zeigt die Rettungsaktion der Credit Suisse. Als das Traditionshaus öffentlich um Hilfe bat, vermittelte die Regierung der Schweiz eine Fusion mit dem inländischen Mitkonkurrenten UBS. Zwar betonten Behörden, dass dies eine “kommerzielle Transaktion und keine Rettung” sei. Doch das darf bezweifelt werden. 9 Milliarden Franken Garantie durch den Schweizer Steuerzahler und noch mal 200 Milliarden Franken Liquidität durch die Zentralbank sprechen eine ganz andere Sprache. Nun entstand eine neue Bank, deren Bilanz fast doppelt so groß ist wie das Bruttoinlandsprodukt der Schweiz.
Deutschland droht eine erneute Rezession
Wie es aussehen könnte, wenn die Krise nach Deutschland schwappt, zeigte das Deutsche Institut für Wirtschaft (IW) in einer Simulation. Sollten sich die Kreditbedingungen verschärfen, würde die private Investitionstätigkeit in diesem Jahr 1,1 Prozent und im Jahr 2024 um 5,8 Prozent sinken. Da sowohl die Vermögenspreise als auch die verfügbaren Einkommen sinken werden, bricht der private Konsum ein. Auch hier errechnet die Simulation für Ende 2023 einen Rückgang von 0,4 Prozent, im Jahr darauf fällt das Defizit mit 2,2 Prozent sogar noch höher aus.
Auch das Bruttoinlandsprodukt (BIP) würde bei einer Bankenkrise in Deutschland in diesem Jahr um 0,7 Prozent und im Jahr 2024 um 2,1 Prozent schrumpfen. Das bedeutet: Die Krise um die Geldhäuser würde zu einer Rezession führen. Noch gibt sich die Politik gelassen. Doch das dürfte sich, spätestens wenn eine deutsche Bank ins Straucheln gerät, ändern.