Tichys Einblick
Grün wirkt:

VW im Abstiegskampf

Die Wahrheit ist bitter – und sie ist einfach: Am Ende hilft VW weder ein Arbeitskampf, denn der senkt nicht die zu hohen Energiekosten, die zu hohen Materialkosten und die zu hohen Arbeitskosten. Am Ende hilft VW nur ein Politikwechsel, ein Wechsel der Wirtschafts- und Energiepolitik.

IMAGO

Dante, als er den ersten Teil der Divina Commedia, das Inferno schrieb, musste Ampel-Deutschland als Vorbild vor Augen gehabt haben, sonst wäre er kaum auf den Vers gekommen: „Ihr, die ihr hier eintretet, lasst alle Hoffnung fahren.“ In getreuer Merkel-Nachfolge zerstört die Wirtschafts-und Energiepolitik der Ampel den Wirtschaftsstandort Deutschland. Nun also VW. Der Konzern, in dem wohl die Politik mitspricht wie in kaum einen zweiten, stürzt in eine Krise, die sogar noch dramatischer sein dürfte, als es bis jetzt den Anschein hat. Denn die Maßnahme des Managements werden nicht wirklich helfen, sie werden nur das schlimmste verhindern, wenn überhaupt, denn dem Management stehen Streiks der Beschäftigen ins Haus.

Ein Überblick
Wo setzt VW die Werks-Axt an?
Dass der Konzern zu drastischen Maßnahmen greifen muss, geschieht wohl kaum aus Übermut. Laut dem Betriebsrat sollen in Deutschland mindestens 3 Werke geschlossen und die anderen geschrumpft werden. „Alle deutschen VW-Werke sind von diesen Plänen betroffen. Keines ist sicher!“, rief die Betriebsratsvorsitzende Daniela Cavallo den Beschäftigten zu. Ganze Abteilungen und Bereiche werden ins Ausland verlagert. Cavallo fügte hinzu: „Es ist das feste Vorhaben, die Standortregionen ausbluten zu lassen und die klare Absicht, zehntausende Volkswagen-Beschäftigte in die Massenarbeitslosigkeit zu schicken.“ Dazu sollen für die verbleibenden Arbeitnehmer 10 % Gehaltskürzung und Nullrunden in 2025 und 2026 kommen. Aber, wie befand einer der Verursacher der Krise auch bei VW, Robert Habeck einmal: „Am Ende ist es nur Geld.“ Cavallo sagte auch: „Fakt ist: Der Vorstand hat der Belegschaft hier alles angezündet, er hat alles in Flammen gesetzt – und sich dann verdrückt. Ein solches Verhalten ist schäbig. Es hat mit Wertschätzung rein gar nichts mehr zu tun. Aber dahinter steckt System.“ Die Beschäftigten sind zurecht aufgebracht, die Zeichen stehen auf Arbeitskampf und Streik.

Nur wird das die Situation nicht verbessern, denn der Vorstand handelt nicht aus Böswilligkeit, sondern versucht, eine tiefe Krise abzuwehren und VW wieder auf Kurs zu bringen. Toyota beispielsweise produziert mit ca. der Hälfte der Arbeitnehmer 2 Millionen Autos mehr als VW. Deutsche Werke sind mit Blick auf die Fabrikkosten doppelt so teuer als die der Konkurrenten auf dem Weltmarkt. Marken-Chef Thomas Schäfer schätzt daher vollkommen richtig ein: „Wir verdienen aktuell zu wenig Geld mit unseren Autos. Diese Rechnung kann auf Dauer nicht aufgehen.“ Denn die Kosten für Energie, Material und Personal seien weiter gestiegen. Zynisch und pharisäerhaft ist es nun, wenn der Bundeskanzler verkündet, „dass mögliche falsche Managemententscheidungen aus der Vergangenheit nicht zulasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gehen dürfen“. Denn die „falschen Managemententscheidungen“ wurden sehr stark von der Politik getrieben. Politischer Einfluss führte dazu, dass die Diesel-Technik entwickelt wurde. Als sie erfolgreich war, ließ es die Politik nicht nur zu, sondern beteiligte sich mittelbar daran, dass eine zweifelhafte NGO namens Deutsche Umwelthilfe zum Schaden von VW einen Kreuzzug gegen diese Technologie führte. Es war auch die Bundesregierung, die mit den Flottenvorgaben an CO-2 Emissionen und dem Verbrenner-Aus die Autobauer zwang, E-Autos zu entwickeln und zu produzieren, die keiner haben will. Persönlich trägt Wirtschaftsminister Robert Habeck als oberster Lobbyist des Erneuerbare-Energien-Komplex, der noch dazu in Energiekrisenzeiten trickreich die letzten deutschen AKWs abschalten ließ, die Schuld an den zu hohen Energiekosten. Die WELT berichtete bereits 2020 – und übrigens auch TE -, dass Robert Habeck „für die deutsche Energiepolitik erklärte: „Ich erwarte einen föderalen Konsens, dass wir jetzt ernst machen und nicht über Verfahren reden, um Stromnetze, Kraftwerke oder erneuerbare Energien auszubauen.“ Die Bundesregierung sei bereit, dafür hohe Kosten in Kauf zu nehmen: „Dann nehmen wir Geld auf. Am Ende ist es nur Geld.“ Aber der wohlversorgte Habeck und der wohlversorgte Scholz tragen mitnichten die hohen Kosten, die hohen Kosten tragen letztlich die Bürger dieses Landes und eben auch die Beschäftigten von VW.

Autobauer in der Krise
VW will laut Betriebsrat mindestens drei Werke schließen
Bereits 2020 war klar, dass nicht nur VW, sondern die deutsche Industrie insgesamt in große Schwierigkeiten kommen wird, wenn der Bundeswirtschaftsminister seine Utopie weiter durchsetzen will. In seiner Not nuschelte Habeck etwas vom Industriestrompreis, inzwischen dürfte er den längst vergessen haben, denn jetzt träumt Habeck von einem 400 Milliarden Fonds für die Wirtschaft, und der Wirtschafts- und Staatshaushaltsgelehrten von der SPD, Saskia Esken, reicht das nicht aus, sie findet es müssten mindestens 600 Milliarden Euro sein. Wie lächerlich das ist, offenbart der Fakt, dass diese Koalition nicht einmal einen verfassungsgemäßen Haushalt hinbekommt. Für Habeck und Esken muss deshalb die Schuldenbremse fallen, damit sie diesen Fonds über Schulden finanzieren können. „Am Ende ist es nur Geld.“ Schulden übrigens, die am Ende auch die VW-Mitarbeiter zurückzahlen müssen, und weil das nicht reichen wird, auch ihre Kinder, damit alle möglichst lange etwas von der Rückzahlung der Schulden haben, die ihnen Habeck und Esken und Scholz einbrocken wollen, um zu vertuschen, dass ihre Wirtschaftspolitik den Wirtschaftsstandort zerstört. Selbst der Ministerpräsident des VW-Landes Stephan Weil sprach von einer drohenden De-Industrialisierung, aber auch ihm schweben Subventionen, statt einer anderen Wirtschaftspolitik vor. Es trifft übrigens nicht nur VW, sondern auch den Autobauer Mercedes-Benz, der einen Gewinneinbruch von fast 50 % melden muss.

Die Wahrheit ist bitter – und sie ist einfach: Am Ende hilft VW weder ein Arbeitskampf, denn der senkt nicht die zu hohen Energiekosten, die zu hohen Materialkosten und die zu hohen Arbeitskosten. Am Ende hilft VW nur ein Politikwechsel, ein Wechsel der Wirtschafts- und Energiepolitik. Wenn VW genügend Autos verkauft, wenn die Energiekosten gesenkt werden, dann werden übrigens auch die Materialkosten reduziert, dann kann sich VW hohe Arbeitskosten leisten.

Die Antwort auf die Probleme von VW ist nicht allzu kompliziert: VW wie die gesamte Wirtschaft und auch die privaten Haushalte benötigen billige Energie, VW muss aus der E-Mobilität aussteigen und stattdessen sich in der Entwicklung hochleistungsfähiger und im Energieverbrauch sparsamer Verbrenner engagieren, und natürlich die Forschung bezüglich E-Fuels weitertreiben. Dazu muss allerdings das Verbrenner-Aus in Brüssel fallen.

Doch das alles wird mit der Ampel nicht zu machen sein. VW trudelt weiter in Richtung Abgrund.

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