Vor dem morgigen Autogipfel der Bundesregierung mit den Chefs der wichtigsten Unternehmen der Branche und Gewerkschaftern sind die Konjunktursignale an diesem für Deutschlands Wirtschaft zentralen Markt mäßig positiv. Die Erholung der Automobilkonjunktur in Deutschland, die sich zu Beginn der Sommermonate nach Beendigung des Lockdown ankündigte, hat sich im August fortgesetzt. Die positiven Konjunkturerwartungen haben sich im Trend bestätigt. der Aufschwung, besser: die Erholung des Marktes hat sich fortgesetzt, wenn auch durch saisonale Effekte im August 2020 oder Sondereinflüsse im Vorjahr überdeckt.
Die Erholung des Markts wie der Industrie selber läuft, ist allerdings noch nicht so gefestigt, wie es in früheren Aufschwungszeiten der Fall war. Die Zulieferindustrie rangiert weiter als Schlusslicht der Erholung. Nach wie vor melden große Zulieferunternehmen geplante Straffungen ihrer Produktionsketten und Werkstilllegungen, teilweise mit regional sehr schmerzhaften strukturpolitischen Arbeitsmarkteffekten.
- Der Auftragseingang aus dem Inland, der in den Monaten Juni und Juli durch Nachholeffekten aus der Zeit des Lockdown sehr stark angestiegen war, entwickelte sich im August etwas verhaltener; das Vorjahresniveau wurde um 10 Prozent unterschritten. Betrachtet man den gesamten Zeitraum der ersten acht Monaten des laufenden Jahres, so wurden in Summe 21 Prozent weniger Aufträge verbucht als zur gleichen Zeit 2019. Für sich genommen nach wie vor Rezessionsniveau – allerdings wird die Vorjahreslücke von Monat zu Monat kleiner. Die Erholungstendenz ist also unverkennbar.
- Wichtiger als das Inland ist mit einer Exportquote von über 70 Prozent die Nachfrage aus dem Ausland. Beim ausländischen Auftragseingang hielt die Erholung kraftvoll an: Hier lagen die Aufträge im August um 11 Prozent über Vorjahresniveau. Im bisherigen Jahresverlauf waren sie allerdings noch immer 17 Prozent niedriger – Tendenz jedoch weiter schrumpfend.
- Im August 2020 wurden in Deutschland mit 251.100 Einheiten 20 Prozent weniger neue Automobile zugelassen als im gleichen Vorjahresmonat. Zum einen hängt das auch an Sondereffekten, dass zum Beispiel im August 2020 ein Arbeitstag weniger zur Verfügung stand und die Zulassungsstellen als Folgewirkungen von Corona personell ausgedünnt waren und es zu Verzögerungen bei den Registrierungen kam. Zudem war der August 2019 durch Sondereinflüsse stark aufgebläht.
- Aber auch abgesehen von diesen Faktoren lag der Inlandsmarkt in den ersten acht Monaten des laufenden Jahres mit knapp 1,8 Mio. neu zugelassen Pkw nach wie vor um 29 Prozent unter dem Vorjahresergebnis. – Eine kraftvolle Erholung sieht anders aus!
Lage der Branche weiter angespannt
- Im August wurden 203.100 Pkw in Deutschland produziert, -35 Prozent weniger als im Vorjahresmonat. Dabei spielten nach Aussagen des VDA neben der geringeren Zahl der Arbeitstage vor allem Werksferien eine Rolle, die in diesem Jahr häufiger im August lagen. Nach acht Monaten beträgt die Inlandsfertigung in 2020 rd. 2,0 Mio. Einheiten (-36 Prozent), die Lücke zum Vorjahr blieb damit unverändert groß.
- Was nicht produziert wird, kann auch nicht exportiert werden: Dem zu Folge war auch das Exportgeschäft im August schwach.: Insgesamt wurden 154.300 Pkw aus Deutschland exportiert (-31 Prozent). Im bisherigen Jahresverlauf lag der Pkw-Export mit nur 1,5 Mio. Fahrzeuge um -36 Prozent niedriger als 2019.
Ausblick
Eine ähnlich kraftvolle Erholung der Autokonjunktur wie in früheren Zyklen oder in 2009 in der Finanzkrise blieb bislang aus. Die Unsicherheiten von Corona etc. belasten weiter die Märkte und die Branche. Und wieder steigende Infektionszahlen in wichtigen Partnerländern der EU bieten kein gutes Szenario für einen kräftigen Konjunkturanstieg in Zukunft. Unsicherheiten der Käufer hinsichtlich der Wahl eines zukunftsfähigen Antriebsaggregat – Verbrenner, Elektroauto, Plug-In-Hybrid – kommen dazu.
Vor dem Autogipfel
Eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), über die das Handelsblatt berichtet, kommt jetzt pünktlich zum Autogipfel zum Ergebnis, dass die Branche sich von dem Corona-bedingten Nachfrageschock „nur langsam erholt“, zumal sie durch hohe Überkapazitäten und den technologischen Wandel ohnehin unter Druck stehe: „In der Folge steht die Autoindustrie erstmals nach einem Jahrzehnt wieder vor spürbaren Personalanpassungen“ (ein Euphemismus für Arbeitsplatzverluste!) „und wird als Wachstumslokomotive für den Standort Deutschland ausfallen“. 9,8 Prozent trägt die Branche laut IW-Studie zur Bruttowertschöpfung in Deutschland bei, fast 40 Prozent der Forschung- und Entwicklungsaufwendungen im verarbeitenden Gewebe stammen von der Autoindustrie.
Leidtragende der Entwicklung sind laut Studie vor allem kleinere Zulieferunternehmen: Die Last der Transformation hin zum elektrifizierten Antriebsstrang liegt besonders schwer auf den kleinen Zulieferern, die sich auf Produkte im Antriebsstrang spezialisiert haben“, zitiert das Handelsblatt aus der Studie. „Die Erfahrung mit unterbrochenen Lieferketten, aber auch Druck der Betriebsräte, führt dazu, dass an vielen Stellen geprüft wird, ob bisher an Zulieferer vergebene Tätigkeiten in die Konzerne zurückgeholt werden können.“