Für deutsche Automanager wird es offenbar immer ungemütlicher. Jetzt wurde der Audi-Chef Rupert Stadler verhaftet. Wie Bild zuerst berichtete, wurde der Audi-Boss am Montag vorläufig festgenommen. Der Grund laut Presse-Erklärung der Münchener Staatsanwaltschaft: »Verdunkelungsgefahr«.
»Der Beschuldigte wurde der Ermittlungsrichterin vorgeführt, die den Vollzug der Untersuchungshaft angeordnet hat.«
Für Stadler gelte die Unschuldsvermutung, schieben die Staatsanwälte nach, nennen aber keine Gründe für ihren sehr heftigen Schritt. »Darüber hinaus können wir uns vor dem Hintergrund der laufenden Ermittlungen inhaltlich nicht äußern.«
Stadler war gewarnt. »Zur Sicherung von Beweismaterial« waren nach Angaben der Staatsanwaltschaft vor einer Woche die Privatwohnungen von Stadler und einem nicht genannten Audi-Vorstandsmitglied durchsucht worden. Danach habe Stadler wiederum laut Bild Informationen mit anderen im Dieselskandal Beschuldigten gesprochen.
Laut Exklusiv-Information der Süddeutschen Zeitung ließ die Staatsanwaltschaft München II sogar Telefonate von Stadler abhören. Nicht das erste Mal übrigens, dass Telefongespräche von VW-Managern und Mitarbeitern abgehört wurden: Die SZ berichtet von einem leitenden Porsche-Mitarbeiter, der während einer Razzia bei Porsche einen Assistenten per Telefon angewiesen habe, bestimmte Unterlagen beiseite zu schaffen. Porsche dementierte diesen Vorwurf. Im vergangenen Jahr wurde bei einem Audi-Ingenieur ebenfalls dessen Telefon abgehört; daraufhin wurde er verhaftet, kam nach umfangreichen Aussagen wieder frei, berichtet die SZ.
Manager stehen, wie sie gern auch zur Rechtfertigung ihrer teilweise beträchtlichen Gehälter betonen, mit einem Fuß im Knast. Thomas Middelhoff und seinerzeit der Bauunternehmer Josef Esch können ein Lied davon singen ebenso wie der Hedge-Fonds-Manager Florian Homm oder jener hochrangige Mitarbeiter des adidas-Konzerns, der im vergangenen Jahr in Amerika wegen des Verdachts auf Korruption verhaftet wurde.
Doch hier geht es um eine neue Dimension. Es geht um einige Mikrogramm Stickoxide, die angeblich zu viel aus dem Auspuff kommen. Menschenleben sind nach Erkenntnissen der Wissenschaft weder durch Feinstaub noch durch Stickoxide in der Luft in Gefahr – im Gegensatz zu den Alarmschreien des Abmahnvereins Deutsche Umwelthilfe, der mit falschen, aber umso lauter in die Welt geschrienen Behauptungen fette Beute macht. Bei echten Fehlfunktionen der Autos aufgrund konstruktiver Fehler dagegen, bei denen immer wieder Menschen starben, kamen die Autohersteller mit Millionenbeträgen weg; in der Regel wanderten keine Verantwortlichen in Haft.
Bisher ist juristisch nicht ausgefochten, was Betrug ist und was nicht. Erst jüngst hat Daimler angekündigt, ein wenig juristische Klarheit in die Angelegenheit zu bringen. Was ist technisch bedingt, was ist möglicherweise Manipulation? Dies soll keine Entschuldigung für mögliche Schwindeleien seien, wenn sie denn bewiesen sind. Doch muss man die Kirche im Dorf lassen.
Seit September 2017, also seit fast einem Dreivierteljahr, sitzt bereits ein ehemaliger Entwicklungsvorstand von Porsche in Untersuchungshaft, ohne dass handfeste Fakten bekannt oder gar Anklage erhoben wurde. Sechs Audi-Vorstände mussten bereits in der Folge der Dieselkrise gehen. Auch gegen Stadler – seit elf Jahren Audi-Chef – wurden immer wieder Rücktrittsforderungen erhoben.
Er hatte Recht mit seiner Aussage von Ende Mai: »Die Diesel-Krise ist noch nicht vorbei.« Vermuten darf man, dass hinter den Kulissen zugleich heftige Machtkämpfe ausgefochten werden. Doch bisher lehnte Stadler immer wieder einen Rücktritt ab: »Ich bin nicht der Typ, der die Flinte ins Korn wirft.«
Gleichzeitig, auch dieser Vergleich muss gezogen werden, laufen Menschen mit terroristischem Hintergrund frei herum, überschreiten »Nochnichtsolangehierseiende« Grenzen, nachdem sie Menschen erstochen haben. Wo ist die Verhältnismäßigkeit? Man darf davon ausgehen, dass Stadler keine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt.
Hier passt das Fazit, das der Karlsruher Motorenpapst Professor Thomas Koch gezogen hat: »Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung muss man feststellen, dass die prinzipielle Diskussion über den Diesel absolut aus dem Ruder geraten ist.«
Es muss also einen anderen Grund für einen solchen Aufbau geben. Es könnte eine Art Reserveherz werden, um das Wesentliche eines Autoherstellers, nämlich die Entwicklungsarbeiten an neuen Technologien und Automodellen, nahtlos weiterführen zu können – außerhalb der Reichweite von Merkels Grünschwarzroten.