Tichys Einblick
Debakel bei den deutschen Kfz-Herstellern

Turbulente Zeiten für Audi, VW & Co – Aktuelle Herausforderungen in der deutschen Automobilindustrie

Deutsche Automobilhersteller haben in letzter Zeit vermehrt mit einem Nachfragerückgang zu kämpfen – von Produktions- und Gewinnrückgängen bis hin zu Stellenabbau und Werksschließungen. Auch die E-Auto-Nische sorgt weiterhin für Probleme. Das Ausmaß des Debakels bei den deutschen Kfz-Herstellern ist enorm. Von Hannes Märtin

picture alliance / Klaus Ohlenschläger | Klaus Ohlenschläger

Im zweiten Quartal dieses Jahres musste Volkswagen einen besorgniserregenden Nachfragerückgang verzeichnen. Zwischen April und Juni lieferte der Konzern im Durchschnitt 3,8 % weniger Fahrzeuge aus als im gleichen Zeitraum des Vorjahres. Auch der Absatz von Elektroautos gestaltet sich weiterhin problematisch: Im ersten Halbjahr verkaufte VW etwa 15 % weniger Elektrofahrzeuge als noch im Vorjahr. Hauptursachen für diesen Rückgang sind laut Volkswagen u.a. die umsatzschwache Audi-Tochter, sowie die zunehmende Konkurrenz aus China.

Audi bleibt ein Problemkind

Audi musste zuletzt ebenfalls durchwachsene Zahlen verzeichnen. Im Vergleich zum zweiten Quartal 2023, litt das Unternehmen aus Ingolstadt in den letzten drei Monaten unter einem Absatzrückgang von 11,3 %. Besorgniserregend ist auch der drastische Rückgang der Nachfrage in China, wo Audi in den letzten drei Monaten 19,3 % weniger Autos verkaufen konnte. Die Mitschuld trägt auch der chinesische Hersteller BYD, der mit seinem ansprechenden Preis-Leistungs-Verhältnis zunehmend zum Problem für die deutsche Automobilindustrie wird.

Kein deutscher Kfz-Hersteller hat sich derart ehrgeizige Ziele wie Audi gesteckt. Das Unternehmen möchte seinen Absatz steigern und wieder konkurrenzfähig werden, und das primär duch E-Autos. Bis 2026 wollen die Ingolstädter ihren letzten Verbrennermotor entwickeln und ab 2033 überhaupt keine Verbrenner mehr verkaufen.

Betriebsratschef Jörg Schlagbauer betonte allerdings kürzlich, dass die Nachfrage nach Verbrennermotoren und Hybridantrieben bei Audi weiterhin hoch sei. Diese Sichtweise wird zudem, von einer Vielzahl der Audi-Beschäftigten geteilt. Damit zeigt die Belegschaft von Audi eine klare Position und stellt sich gegen die Ziele der Geschäftsführung.

Produktionsrückgang: Probleme in der E-Auto-Fertigung bei Audi und VW

Aufgrund niedriger Nachfrage nach den „e-tron-Modellen“ bei Audi wird nun das E-Auto-Werk in Brüssel genau unter die Lupe genommen. Das Werk bietet derzeit 3000 Mitarbeitern einen Arbeitsplatz. Die Unternehmensleitung bemüht sich zwar um eine Lösung, sollte jedoch keine Alternative gefunden werden, könnte eine Schließung infrage kommen, verkündigte Audi am Montag.

Auch bei Volkswagen erfreuen sich die elektrischen „ID-Modelle“ bei weitem nicht der gleichen Beliebtheit wie die traditionellen Erfolgsmodelle Golf und Polo. Das wirkt sich auch auf das Produktionswerk in Zwickau aus. Der Automobilkonzern hatte das Werk auf Druck der Bundesregierung hin vollständig auf die Produktion von Elektroautos umgestellt. Diese Transformation erweist sich jedoch zunehmend als Fehlschlag. Bedingt durch den geringen Bedarf an Elektroautos hat VW vor kurzem verkündet 1200 der bis 2025 befristeten Arbeitsverträge nicht zu verlängern.

Auch Porsche mit rückläufigen Verkaufszahlen und Zweifeln an der E-Mobilität

Porsche verzeichnete zwischen Januar und Juni weltweit einen Verkaufsrückgang von 7 % im Vergleich zum entsprechenden Zeitraum des Vorjahres. Der als Erfolgsmodell angepriesene Elektro-Sportwagen Taycan musste einen unglaublichen Absatzrückgang von 51 % hinnehmen. Neben VW und Audi wird auch beim Premium-Automobilhersteller aus Zuffenhausen vermehrt deutlich, dass die Nachfrage nach Elektroautos weltweit an Bedeutung verliert.

Lutz Meschke, welcher als Chief Financial Officer bei Porsche tätig ist, äußerte sich immer wieder skeptisch gegenüber der Elektromobilität. Er betonte zuletzt, dass die Zukunft des Verbrennermotors möglicherweise nicht so düster ist, wie oft vermutet wird. Meschkes Meinung nach sei es durchaus möglich, dass das Verbrenner-Verbot der EU aufgeschoben wird und Porsche auch weiterhin auf die altbewährte Technik des Verbrenners setzen wird. Konträr zum Standpunkt des CFOs prognostiziert die Geschäftsleitung des Sportwagenherstellers jedoch, dass bis 2030 über 80 % ihrer weltweit verkauften Fahrzeuge elektrisch sein werden.

BMW schneidet im Vergleich besser ab

Trotz stagnierendem Absatz kann BMW im Vergleich zu VW, Audi und sogar Mercedes bessere Absatzzahlen präsentieren. Insbesondere im Bereich der Elektromobilität steht BMW an der Spitze. Im ersten Halbjahr wurden von BMW, zusammen mit Mini und Rolls Royce, etwa 1,2 Millionen Fahrzeuge verkauft, was ungefähr dem Absatz im Vorjahreszeitraum entspricht. Im Gegensatz zu VW und Audi will das Bayerische Motorenwerk weiterhin auch auf die Herstellung von Verbrennern setzen. Benzin- und Dieselmotoren sollen künftig in Österreich und Großbritannien produziert werden. BMW-Chef Oliver Zipse betont seit Jahren immer wieder eindeutig, dass der Automobilhersteller keinen festen Zeitpunkt zum Verbrenner-Aus plant. Er unterstreicht, dass BMW, solange auf den Verbrenner setzen wird, wie ein Markt dafür besteht.

Grüne Wirtschaftspolitik – Ein Eigentor für die Automobilbranche?

Vor etwa drei Jahren wurde von der Bundesregierung verkündet, dass bis 2030 mehr als 15 Millionen Elektroautos in den deutschen Verkehr integriert werden sollen.
Die gesamte deutsche Automobilindustrie auf E-Autos umzupolen, war letztendlich ein fataler Fehler der Bundesregierung. Verantwortlich dafür ist unter anderem das Wirtschaftsministerium unter der Führung von Vize-Kanzler Robert Habeck.

Gegensätzlich zu den Interessen der Bundesregierung, die Adaption der Elektromobilität in der Automobilbranche voranzutreiben, strich Habeck zum Ende 2023 die Prämie für den Erwerb von Elektroautos. Dieser Schritt löst bis heute Kritik aus, da er für viele potenzielle Käufer den Anreiz zunichte gemacht hat.

Des Weiteren könnte das ab 2035 geltende Verbrenner-Verbot der EU sich als erhebliche Herausforderung für die betroffenen Mitgliedsstaaten erweisen. Viele Verbraucher sind skeptisch gegenüber der Reichweite und den Ladezeiten von Elektroautos. Gleichzeitig ist die Gewinnung von Rohstoffen für Batterien, sowie deren Herstellung und Entsorgung durchaus problematisch. Zudem stehen Hunderttausende Arbeitsplätze auf dem Spiel und stagnierende Kundennachfrage, sowie große industrielle Hürden stellen weitere erhebliche Hindernisse dar.

Anzeige
Die mobile Version verlassen