Tichys Einblick
Angeschlagen oder Absturz?

Teslas Stern sinkt

Wie angespannt die Lage bei Tesla inzwischen in der Autowelt beurteilt wird, zeigt sich daran, dass sich die Medien inzwischen um die Zukunft Teslas öffentlich Gedanken machen. Drei Zukunftsszenarien werden dabei gemalt.

picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Als US-Barde Perry Como im Jahr 1957 seien Welthit vom „Catch a falling star and put it in your pocket, never let it fade away…“ über den Äther schickte, waren Tesla-Chef Elon Musk – geboren im Juni 1971 in Pretoria (Südafrika) – und seine Elektroauto-Marke Tesla noch nicht existent. Heute würde der E-Auto-Pionier nichts mehr ersehnen, als dass sich der Wunsch von Perry Como erfüllen würde. Denn der Stern des vormaligen Börsenlieblings Tesla ist am Sinken, der Börsenwert hat sich binnen weniger Monate nahezu halbiert. Und weit und breit nichts und niemand in Sicht, was den weiteren Niedergang des sinkenden Sterns Teslas auffangen könnte.

Im Gegenteil: Langjährige Erfahrungen aus dem Wirtschaftsleben lehren, dass man Reisende nicht aufhalten soll und Steine, wenn sie einmal ins Rollen gekommen sind, zur Eigendynamik neigen.
Und genau danach sieht es zurzeit aus.

Bericht: Tesla plant Stellenabbau
CEO-Musk ließ Mitte April 2024 verkünden, weltweit rund zehn Prozent seiner 140.000 Stellen streichen zu wollen. Betroffen ist davon auch das Werk im brandenburgischen Grünheide, wo 400 feste Stellen abgebaut werden sollen. Dieses war der erste Streich, doch der zweite folgt sogleich. Elon Musk ist noch nicht einmal annähernd fertig mit seinem „knallharten“ Stellenabbau, die Entlassungen bei Tesla sind noch nicht vorbei, sagt Tesla-CEO Elon Musk.

Nur einige Wochen danach wollte Musk martialisch „mit harter Hand durchgreifen“ und kündigte an, bei Tesla mindestens 500 weitere Stellen streichen. Laut der US-Nachrichtenseite The Information wurden zwei Topmanager mit sofortiger Wirkung entlassen. Den Angaben zufolge handelt es sich bei den betroffenen Managern um Rebecca Tinucci, bisher Chefin der Abteilung für die Ladestationen, und Daniel Ho, bisher Leiter der Produktentwicklung. Zudem sollen demnach alle 500 Mitarbeiter von Tinucci ihre Stellen verlieren und die Schließung einer weiteren Abteilung ist geplant.

Den Führungskräften seiner Firma droht er ebenfalls mit Entlassung. Er werde „bei der Reduzierung der Mitarbeiterzahl und der Kosten mit voller Härte durchgreifen“, heißt es in einer E-Mail Musks. Jede Führungskraft, die „an mehr als drei Menschen festhält, die den Test auf Exzellenz, Nutzen und Vertrauenswürdigkeit nicht offensichtlich bestehen“, werde entlassen, kündigte Musk an.
„Personaler“ in deutschen Autokonzernen können bei solchen Verlautbarungen nur den Kopf schütteln. Krisenzeiten und eine völlig demotivierte Führungsmannschaft – das kann nicht gutgehen.

Und Tesla steht ohne Zweifel am Beginn einer Krise. Mitte April hatte der US-Autobauer schlechte Zahlen gemeldet: Der Gewinn sank im ersten Quartal im Vorjahresvergleich um 55 Prozent auf 1,1 Milliarden Dollar (rund eine Milliarde Euro), der Umsatz ging um neun Prozent auf 21,3 Milliarden Dollar zurück. In den Vorjahren waren die Gewinne noch gestiegen.

Dramatische Verluste bei Autogigant
Über 120.000 Euro Verlust je E-Auto bei Ford
Zuletzt hatten sich die Bedingungen auf dem Markt für E-Autos jedoch deutlich verschärft: Zum einen zeigt der globale E-Auto-Markt, vor allem im Tesla Hauptabsatzmarkt China, deutliche Schwächen. Zum anderen hat sich der Wettbewerb auf allen wichtigen Tesla-Märkten deutlich verschärft. Im oberen Segment sind BMW und Daimler den alternden Modellen Teslas in Qualität und Technik inzwischen deutlich überlegen. Und im unteren Marktbereich hat Tesla, ebenso wie Volkswagen, im Hauptmarkt China nichts zu bieten. Vor allem hier macht die kosten- und preisgünstigere Konkurrenz der chinesischen Hersteller Tesla zu schaffen.

Der neue Stern am China-E-Auto-Himmel heißt BYD. BYD hat Tesla bei Batterie-Elektroautos bereits von Platz 1 der Weltspitze verdrängt. Aber BYD hat auch PHEV-Verbrenner im Angebot. BYD ist der aggressivste Autohersteller auf dem Globus, und hat es bereits 2023 mit über 3 Millionen E-Autos unter die Gruppe der 10 größten Autohersteller geschafft. Gegründet im Jahr 1995 als Batteriehersteller für Handys, war das Unternehmen 2003 in den Automobilbau eingestiegen – im gleichen Jahr wie Tesla.

BYD hat mit freundlicher Ermunterung der chinesischen Regierung inzwischen den Export entdeckt, vor allem nach Europa. In Europa lag der BYD-Absatz bei lediglich 15.600 E-Autos. Binnen weniger Jahre sollen die Verkäufe auf 150.000 steigen, ein Marktanteil von 5 Prozent ist angepeilt.

Weltweit sind Plug-In-Hybride (PHEV) bei den Kunden inzwischen zulasten der reinen E-Autos (BEV) stark im Kommen. Dazu bekennt Burkhard Riering: „Vor allem der Plug-In erlebt zur Zeit einen Höhenflug, den man nicht für möglich gehalten hätte.“ (Chefredakteur Automobilwoche, Nr. 10, 29. April 2024). Das Problem: Musk verfügt nicht über Verbrennertechnik, und kann nur über große Rabatte bei seinen zwei wichtigsten Volumen Elektro-Modellen reagieren. – Was die Rentabilität zusätzlich schmälert und auf Dauer nicht wirksam ist.

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Die Modellpalette von Tesla ist zu klein und überdies old fashioned. Ein neues kleines Modell 2 wird immer wieder angekündigt – und verschwindet in der Versenkung. Der martialische Cybertruck erweist sich – wie erwartet – als Flop. Der Komplett-Rückruf der bisher verkauften Cybertrucks wegen Sicherheitsmängeln ist daher zu verschmerzen.

Zusätzlich droht in Brandenburg bei Giga-Berlin Ungemach: Öko-Aktivisten rufen zu Protest gegen „Twitter-Faschist“ Musk auf. In Sicherheitskreisen des Landes Brandenburg wächst die Sorge vor gewalttätigen Protesten gegen das Tesla-Werk in Grünheide. Vom 8. bis 12. Mai sollen dort unter dem Motto „Disrupt Tesla“ Proteste gegen den Ausbau des Werkes des „misogynen Twitter-Faschisten“ Elon Musk stattfinden, wie es auf einer Internetseite der linksgerichteten Gruppe Disrupt heißt. E-Autos seien durch den Ressourcenverbrauch und den Abbau von Lithium klimaschädlich und das zerstörerische Ergebnis „neokolonialer Lieferketten“.

Das US-Unternehmen kündigte an, die Einführung neuer und preiswerterer Modelle zu „beschleunigen“. China ist dabei das Schicksal für Tesla. Vor allem die knallharte Preis-Konkurrenz aus China macht Tesla zu schaffen. Musk reiste deswegen nach Peking und sagte, Tesla sei „bereit, den nächsten Schritt bei der Vertiefung der Zusammenarbeit mit China zu gehen“. Die chinesische Regierung beteuerte, der „sehr große Markt“ des Landes werde „für ausländisch finanzierte Firmen immer offen sein“.

Wie angespannt die Lage bei Tesla inzwischen in der Autowelt beurteilt wird, zeigt sich daran, dass sich die Medien inzwischen um die Zukunft Teslas öffentlich Gedanken machen. So müht sich die Automobilwoche, in drei Szenarien die Zukunft Teslas zu ergründen (Automobilwoche, Nr. 10, 29. April 2024):

  1. Rückkehr auf den Thron des globalen Absatz- und Innovationschampions;
  2. Verbleib im Markt als Hersteller von E-Autos, aber unter ferner liefen;
  3. Absturz – Teslas Ende als Autohersteller, wie er heute existiert.

Wie zu erwarten, misst die Publikation Szenario 2 die größte Wahrscheinlichkeit, Szenario 3 die geringste.

Das kann man auch anders sehen! Denn schon Friedrich Schiller bekannte in der „Braut von Messina“: „ Nichts Wahres läßt sich von der Zukunft wissen.“ Wie dem auch sei, Burkhardt Riering bringt es auf den Punkt: „Stellenabbau: Tesla ist angeschlagen“ (Chefredakteur Automobilwoche, 15.April 2024).

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