Tichys Einblick
Jeder macht, was er am besten kann

Tesla und die Neuordnung der deutschen Autoindustrie

Fügt man das Puzzle jüngerer Meldungen aus der Automobilindustrie zusammen, so könnte sich darin eine neue Ordnung offenbaren, in der Tesla eine Hauptrolle spielt. Es wäre immerhin ein Hoffnungsschimmer für die gebeutelte Branche.

imago images / Eibner

Große Ereignisse und fundamentale Entwicklungen kündigen sich oftmals ganz klein und unscheinbar an. So auch Anfang September 2020 als drei völlig unvernetzte Meldungen quasi als Randnotizen in der Presse erschienen:

  1. Das Kraftfahrzeug-Bundesamt (KBA) teilte mit, dass die Pkw-Neuzulassungen im August 2020 mit 251.044 Einheiten um 20,0 Prozent niedriger waren als im August 2019. Dass aber alternative Antriebsarten im Vergleich zum Vorjahresmonat teils dreistellige Zuwächse aufwiesen:
  1. Im VW Konzern kündigt sich ein spektakulärer Strategiewechsel an. Der Sportwagenbauer Porsche will die Entwicklung synthetischer Kraftstoffe – sogenannter E-Fuels – künftig selbst maßgeblich vorantreiben. E-Fuels gelten als sinnvolle Alternative zur Elektromobiliät, um den Autoverkehr nachhaltig klimafreundlicher zu machen. Nur gibt es sie bisher noch nicht; Wasserstoff in Kombination mit der Brennstoffzelle ist im Pkw-Bereich nicht zielführend.  Porsche will das ändern. Laut Porsche-Entwicklungschef Michael Steiner kommt man mit der Elektromobilität – so begeisternd sie auch sei – allein nicht so schnell voran in Sachen Umweltschutz wie eigentlich notwendig. Vor allem der Welt-Altbestand von 1,6 Milliarden Verbrennerautos sei eine drückende CO2-Bürde. Die E-Fuel Motor-Technologie ist laut Steiner vor allem deshalb so wichtig, weil der Verbrennungsmotor die Autowelt noch viele Jahre dominieren wird. „Wenn man die Bestandsflotte perspektivisch nachhaltig betreiben will, dann sind E-Fuels ein elementarer Bestandteil“. Die gleiche Meinung vertritt auch VW-Gesamtbetriebsrat Bernd Osterloh.  – Damit wird zum ersten Mal von Verantwortlichen der Automobilindustrie die Höhe des Welt-Pkw-Altbestands als strategisch Größe für jedwede Umweltanstrengungen der Branche als strategischer Knackpunkt berücksichtigt. 
  1. Tesla-Chef und Innovator Elon Musk hat Anfang September 2020 ohne übliches PR-Getöse und nahezu klammheimlich für mehrere Tage Deutschland besucht. Und hat dabei natürlich den Neubau seiner Fabrik „in Berlin“ besucht („Deutschland rockt“), und hat bei ansonsten ungewohnt öffentlichkeitsscheuem Besucherprogramm viele Gespräche mit VIP´s aus Politik und Wirtschaft geführt. 

Zeit zum Lesen
„Tichys Einblick“ – so kommt das gedruckte Magazin zu Ihnen
Unter anderem soll ihn dabei ein (Schleich-)Weg auch nach Wolfsburg zum Gespräch mit VW-Chef Herbert Diess und Betriebsrat Osterloh geführt haben. Auch das erste Voll-Elektroauto id.3 von VW wurde ihm vorgeführt, das in allen Belangen dem Tesla Model 3 überlegen sein soll – wenn es denn endlich voll verfügbar ist. –  Weder Tesla noch VW haben zum  diesem Besuch oder möglichen Gesprächsinhalten Stellung bezogen.

Fügt man diese Puzzle-Meldungen zusammen so könnten sich bei langjährigen Branchenexperten folgende Visionen einer zünftigen Neuordnung der deutschen Automobilindustrie ergeben:  

Wie heißt die alte Strategieregel: If you can´t beat them, join them! Da Tesla auf seinem Technologiefeld von den deutschen Hersteller – jedenfalls bislang – offensichtlich nicht zu schlagen ist, und der Fabrikneubau in Brandenburg Tesla automatisch zum Mitglieder der Branche macht, macht es Sinn, den Newcomer Tesla als künftigen Teil der deutschen Autoindustrie zu akzeptieren und zu integrieren. Volkswirtschaftlich sinnvoll, weil mit der geringsten Resourcenverschwendung verbunden, wäre das dann eine Arbeitsteilung in der Branche nach dem Motto: Jeder macht das, was er am besten kann! Daraus ergäben sich folgende Programm-Schwerpunkte: 

Denkbar wären auch Kooperationen in der Form, dass Tesla den deutschen Nobelherstellern die Batterie-und Elektrotechnologie liefert, und umgekehrt diese an Tesla ihr Plug-In-Hybrid Knowhow. Denn Tesla hat keine Verbrenner-Kompetenz.

Wichtig bei dieser Vision: es ist einen Win-win Situation für alle Beteiligten, für Elon Musk und Tesla wie für die gesamte deutsche Autoindustrie.

Anzeige
Die mobile Version verlassen