Die ostdeutschen Bundesländer scheinen mit ihren Ansiedlungsbemühungen amerikanischer Groß-Investoren in die „neue“ Industrie-Welt von Speicherchips und Elektromobilität kein Glück zu haben: Erst scheitert Brandenburg 2023 mit der milliardenschweren Ansiedlung des US-Chipherstellers Intel in Frankfurt an der Oder, und jetzt droht der Fördermilliarden-Push für die Ansiedlung des amerikanischen Elektroautobauers Tesla in Grünheide ebenfalls im märkischen Sande zu verlaufen. – Was Umwelt- und Wasserschützer allerdings zu Jubelstürmen hinreißt.
In Ergänzung als Memo: Auch Sachsen-Anhalt als „zweiter“ Intel-Ansiedlungssieger blickt mit großer Sorge auf die zwischenzeitlich bekannt gewordenen Einsparmaßnahmen ihres Groß-Investors. Bislang plante der US-Chiphersteller Intel eine neue Fabrik in Magdeburg, die mit mehr als 30 Milliarden Euro die größte Einzelinvestition in der Bundesrepublik sein wird. Allein der Bund wird rund zehn Milliarden Euro beisteuern – was eine Vertragsunterzeichnung unter Beteiligung höchster bundespolitischer und landespolitischer Prominenz selbstverständlich machte. Aus Laiensicht könnten die Fördermilliarden indessen möglicherweise eine neue Heimat in der Wasserstoff-Technologie o. Ä. finden.
Und nun machen zu allem Übel kurz vor der Landeswahl auch noch Giga-Investor Elon Musk (böse Zungen behaupten „Gaga“) und seine neue Elektroautofabrik in Grünheide von sich reden. Wobei man eines Tesla-Gründer Elon Musk nicht absprechen kann: Er ist ein und hat Kommunikationstalent. Musk weiß, dass schlechte Nachrichten am besten in der medialen Sauren-Gurken-Zeit veröffentlicht werden sollten, am besten in der allgemeinen Sommerpause. Am besten noch während der Ferien. Und die sind in Brandenburg vom 18. Juli bis zum 30. August.
Kaum weht der Wind am Markt für Elektroautos zunehmend stärker von vorn, und kaum brechen die Tesla-Absatzzahlen in Deutschland und auch in China und USA ein und machen auch keine Anstalten, von Markt-Kennern nur als vorübergehende Delle bewertet zu werden, sondern als dauerhafte Marktkorrektur, schon reagiert der quirlige E-Auto-Erfinder aus Texas sehr konsequent:
Neubaupläne von Gigafactories in Kanada und Mexiko werden auf Eis gelegt, der geplante Ausbau seines Werkes von Grünheide (Brandenburg) auf eine Million Jahresproduktion wird kurzfristig gestoppt. So die Botschaft der Werksleitung Grünheide vom Wochenende.
Was Umwelt-, Wasserschützer und Baumhausbauer gegen die ebenfalls Giga-Ausbaupläne von Werk Grünheide nicht erreicht haben, erreicht der Markt. Die Neuzulassungen von Tesla stürzten in Deutschland in den letzten Monaten besonders stark ab. Das Model Y, Teslas Bestseller, verlor in den ersten sechs Monaten 2024 rund 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Weltweit schloss das von Tech-Milliardär Elon Musk geführte Auto-Unternehmen im zweiten Quartal in Folge erstmals wieder mit einem Gewinnrückgang und Verlusten im Autogeschäft ab.
400 Arbeitsplätze wurden in Grünheide inzwischen „geräuschlos“ (O-Ton Werksleiter René Thierig) abgebaut – die Spitze des Eisbergs vermutlich. Merkwürdigerweise war das aber auf der wenige Wochen alten Betriebsversammlung kein Thema: Im Vordergrund standen 65.000 von der Belegschaft entwendete Kaffeetassen.
In vorsichtiger Bewertung beschreibt die Automobilwoche den jetzigen Ausbaustopp wie folgt: „Tesla lässt Ausbau in Grünheide vorerst ruhen“. In der Tat erklärt Tesla-Werkleiter André Thierig, dass der US-Autobauer zwar die Baugenehmigungen einholen will, doch wann der Ausbau beginnt soll, sei völlig offen. Dazu Thierig: „Wir werden nicht mehrere Milliarden für den Ausbau der Fabrik in die Hand nehmen, ohne dass die Signale ganz klar sind, dass das vom Markt auch abgefragt wird … Wir können aufs Gas treten (wörtlich?!), wenn wir merken, dass wir es brauchen.“ Was aber kein Hinweis auf eine kommende Verbrennertechnik sein sollte. Und auch so interpretiert werden kann: „… wir können den Ausbau auch lassen, wenn wir ihn nicht brauchen“. Aber, so Thierig: „Wir gehen fest davon aus, dass der Markt wieder anziehen wird. Es ist sicherlich eine Frage wie schnell und wann“, sagte Thierig der dpa laut Automobilwoche.
Tesla möchte also zunächst an seinen umstrittenen Ausbauplänen seiner einzigen europäischen Fabrik festhalten, der Zeitplan ist allerdings völlig offen. Perspektivisch geht es um den Ausbau des Werkes von heute 250.000 Soll-Kapazität auf einen Million Elektroautos jährlich – angesichts der absehbaren Markttrends eine utopische Vorstellung. Umweltrechtliche Teilgenehmigung für Baumaßnahmen an bestehenden Gebäuden wurden bereits vom Landesumweltamt vorläufig erteilt.
Die Tesla-Werksleitung in Grünheide erwartet eine komplette umweltrechtliche Genehmigung des Landes Brandenburg zum Ausbau für Oktober. „Wir rechnen damit, dass die erste Teilgenehmigung im September oder Oktober kommen wird“, sagte Thierig. Den Zeitplan nennt auch das Landesumweltamt ähnlich. Zwei weitere Anträge sind bisher geplant, dazu würde auch der für die Genehmigung einer neuen Fabrik zählen (Tesla lässt Ausbau in Grünheide vorerst ruhen | Automobilwoche.de).
Derzeit laufen die Planungsarbeiten für einen neuen Güterbahnhof. Dafür muss Wald gerodet werden, der im Besitz des Landes ist. „Für den Kauf sind wir im Gespräch mit dem Forst“, sagte Thierig. Der Finanzausschuss des Brandenburger Landtags muss grünes Licht geben – offen ist, ob das noch in dieser Wahlperiode etwas wird. … „Dann hätten wir eine Chance, den Kauf eventuell in diesem Jahr noch abzuschließen“ (Tesla lässt Ausbau in Grünheide vorerst ruhen | Automobilwoche.de).
Nicht auszuschließen ist nach Sach- und Marktlage, dass Tesla zwar sämtliche Genehmigungen zum Ausbau des Werkes erhält, die heftig umstrittene Waldrodung durchgeführt wird, danach aber aus Marktgründen entscheidet, aus dem vorläufigen Baustopp einen endgültigen zu machen. Bis dahin dürfte die Wahl in Brandenburg aber gelaufen sein.