Tichys Einblick
Ludwigsfelde in Brandenburg

Der Mercedes-Abstieg: Drohen erste Stellenstreichungen?

Die Situation bei Mercedes-Benz verschärft sich zusehends. Der traditionsreiche Stuttgarter Autobauer gerät immer mehr unter Druck, die Herausforderungen der Energiewende zu meistern – eine Entwicklung, die nun erste Opfer fordern könnte. Am Standort Ludwigsfelde in Brandenburg stehen rund 2.000 Arbeitsplätze auf der Kippe. Von Hannes Märtin

picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Patrick Pleul

Mercedes-Benz, wie auch alle anderen deutschen Automobilhersteller, befindet sich in einer unaufhaltsamen Abwärtsspirale, die sowohl durch die schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen des Standortes Deutschland als auch durch die einseitige Ausrichtung auf die Elektromobilität ausgelöst wurde.

Nach einem dramatischen Gewinnrückgang von 54 Prozent im dritten Quartal im Vergleich zum Vorjahr zeichnen sich nun erste, tiefgreifende Einschnitte ab. Besonders besorgniserregend ist die Zukunft des Mercedes-Standorts in Ludwigsfelde: Ab 2030 könnten dort bis zu 2.000 Arbeitsplätze bedroht sein.

Produktion des Sprinters soll abgezogen werden: Abwanderung nach Polen

Ein Hauptgrund für die wachsende Sorge um die Zukunft des Mercedes-Standorts Ludwigsfelde liegt in der Entscheidung, den neuen vollelektrischen Sprinter größtenteils in Polen zu fertigen. Damit droht eine erhebliche Einschränkung der Produktionskapazitäten in Ludwigsfelde, wo der Sprinter bislang überwiegend produziert wurde. Ein Stellenabbau scheint daher in diesem Zusammenhang kaum abwendbar.

Mercedes selbst verweist auf die Gestaltung eines „Zukunftsbildes‟ in Zusammenarbeit mit der Mitarbeitervertretung. Auf die Frage, ob ein Stellenabbau konkret geplant sei, gab das Unternehmen jedoch keine Auskunft. Zwar hat Mercedes angekündigt, eine Anlauffabrik für bestimmte Elektro-Transporter sowie ein Kompetenzcenter für eVan-Individualisierungen in Ludwigsfelde einzurichten. –Diese Maßnahmen könnten helfen, einige wenige Arbeitsplätze zu sichern. – Doch die Zukunft für die Mehrheit der Beschäftigten scheint düster: Ein Großteil der Beschäftigten wird wohl oder übel gehen müssen, so die Befürchtung.

Tobias Kunzmann von der IG Metall Ludwigsfelde äußerte sich ebenfalls besorgt: Er rechnet damit, dass ab 2030 nur noch Arbeit für einige Hundert Beschäftigte vorhanden sein wird. Kunzmann prognostiziert, dass die Zahl der Mitarbeiter auf etwa 500 sinken könnte. Am 15. November will sich die Geschäftsführung laut Gewerkschaft den drängenden Fragen der Belegschaft stellen. Diese seien inzwischen von einer klaren Unzufriedenheit geprägt, so Kunzmann. „Sie sind mit der Hängepartie nicht zufrieden.“

Dringende Priorität: Rückzug aus der E-Mobilität

Der eingeschlagene Mobilitätskurs, gepaart mit den hohen Kosten und ungünstigen Standortfaktoren, wird für Mercedes zunehmend zum Drahtseilakt und zwingt den Stuttgarter Autobauer, immer mehr Unternehmensbereiche ins Ausland zu verlagern. Die explodierenden Energiekosten, die drückende Steuerlast und die bürokratischen Hürden der EU machen den Standort Deutschland für den Traditionskonzern immer weniger wettbewerbsfähig.

Jedoch bleibt das zugrunde liegende Problem der Elektromobilität auch mit dieser Flucht ins Ausland weiter bestehen. Der weltweite Nachfrageeinbruch nach Elektroautos ist unübersehbar, und Mercedes steht vor der dringenden Notwendigkeit, sich von diesem Kurs abzuwenden.

Die Rückkehr zur Technologieoffenheit und die Förderung neuer Technologien, insbesondere im Bereich des Verbrennungsmotors, ist unerlässlich, um die Wettbewerbsfähigkeit langfristig zu sichern und die Existenz des Unternehmens zu wahren. Mit einer weiterhin bestehenden Fokussierung auf die Elektromobilität steuert der Autobauer hingegen immer weiter auf einen totalen Kollaps zu!

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