Jetzt ist die Bauernfängerei amtlich: Das Kraftfahrtbundesamt (KBA) hat die ersten Nachrüstsysteme für Diesel-Fahrzeuge genehmigt. Damit können Diesel-Pkw der Schadstoffklasse Euro 5 von Volvo, Daimler AG, Volkswagen, Audi, Skoda und Seat mit »Stickoxid-Minderungssystemen« – wie es heißt, nachgerüstet werden. Somit ist nach Erteilung dieser ABE für einen Großteil der Fahrzeuge mit der Motorenbezeichnung EA189 und EA288 mit 1,6 Liter und 2,0 Liter Hubraum eine Nachrüstung zulässig.
Die sollen im realen Fahrbetrieb einen Emissionswert von 270 mg NOx pro Kilometer nicht überschreiten, damit dürfen diese nachgerüsteten Fahrzeuge von Verkehrsbeschränkungen ausgenommen werden. Das KBA: »Auf diese Weise kann die Mobilität vieler Fahrzeughalter in den besonders belasteten Regionen erhalten werden.«
»Weiterhin erwarten wir, dass in den kommenden Monaten eine Verordnung zur Hardware-Nachrüstung von Diesel-Pkw in Deutschland durchgesetzt wird«, verkündete er schon vor einem Jahr und war sich sicher: »Die bisherigen Urteile der Verwaltungsgerichte sowie die geplanten und teilweise bereits durchgesetzten Fahrverbote stützen diese Einschätzung.«
Der ADAC überschlägt sich vor Begeisterung: »Der ADAC Württemberg begrüßt die Zulassung weiterer Hardware-Nachrüstsysteme für Diesel-Autos durch das Kraftfahrtbundesamt (KBA).« Der Einsatz des ADAC für Hardware Nachrüstung trage erste Früchte, jubelt die »Unternehmenskommunikation« in Württemberg erleichtert aus der Geschäftsstelle, direkt am Neckartor in der Innenstadt Stuttgarts liegt, also an Deutschlands ‚luftgefährlichster‘ Stelle, wenn man den manipulativen Messungen folgen will.
Wie alle Klimaschützer hat es auch der ADAC eilig: »Um Fahrverbote für Euro-5-Dieselfahrzeuge zu vermeiden und die Luft in besonders belasteten Städten wie Stuttgart rasch zu verbessern, müssen so schnell wie möglich Nachrüstsätze für volumenstarke Modelle anderer Hersteller auf den Markt kommen.«
Das Ergebnis, wie es die ADAC »Unternehmenskommunikation« verkündet: »Es hat sich gezeigt, dass die Katalysatoren auch nach 50.000 km zuverlässig arbeiten.«
Nun muss man dazu erwähnen, dass diese Jubelmeldung aus Stuttgart vom ADAC Württemberg kommt. Der grüne Verkehrsminister von Baden-Württemberg hatte dem ADAC die entsprechende Testreihe bezahlt.
Aus Sicht nüchterner Techniker stellt sich das Ergebnis doch etwas anders da. Für ihn ist der Testzeitraum für eine endgültige Bewertung zu kurz. Ein Blick in die Prüfprotokolle des ADAC in München wiederum zeigt dennoch, dass die Systeme nicht einmal das Stadium der Vorentwicklung erreicht haben.
»Dieser positive Befund gilt für die Zuverlässigkeit nur mit Abstrichen. Die in wenigen Wochen durch die nachrüstbar aufgebauten und auf das jeweilige Testfahrzeug abgestimmten SCR-Systeme waren in diesem Entwicklungsstadium noch nicht in der Lage, eine durchgehende zuverlässige Funktion zu gewährleisten: Temporäre Systemausfälle und mechanische Defekte an SCR Komponenten zeigten sich eben so wie ein zeitweilig instabiles Energiemanagement.«
So fielen die Systeme zweimal aufgrund defekter Hauptsicherungen aus. Denn die große Schwierigkeit: niedrige Temperaturen. Der Katalysator wandelt die Stickoxide mit Hilfe des aus dem Harnstoff gewonnenen Ammoniaks erst bei höheren Temperaturen um. Das ist vor allem im Winter problematisch, wenn die Motoren und Katalysatoren erst spät ihre Betriebstemperaturen erreichen, im Kurzstreckenverkehr in der Innenstadt oftmals überhaupt nicht. Deswegen müssen die Katalysatoren aufwändig geheizt werden. Heizelemente, die teilweise 3000 Watt verbrauchen (mehr als eine Heizplatte auf dem Elektroherd) und ordentlich Treibstoff schlucken. Die Ausfälle der Elektrik zeigen zudem, dass die Systeme noch nicht ausentwickelt sind.
»Die mechanische Dauerhaltbarkeit der SCR-Komponenten, die Vermeidung von Ablagerungen sowie ein stabiles und effizientes Energiemanagement scheinen die bisher größten Herausforderungen einer serientauglichen SCR zu sein,« heißt es vornehm zurückhaltend im Prüfprotokoll.
Das Testtagebuch verzeichnete mehrere Ausfälle und entsprechende Nachbesserungen. Dazu gehören eine undichte Kühlwasserleitung, eine nicht funktionierende Füllstandsanzeige des AdBlue Tanks, sowie ein mechanischer Defekt eine Abgasleitung zum Hydrolysereaktor. Die Zusatzbatterie im Kofferraum konnte durch den fahrzeugseitigen Generator nicht unter allen Bedingungen zuverlässig aufgeladen werden. In der Folge wurde das SCR-System unter bestimmten Fahrsituationen vorsichtshalber deaktiviert beziehungsweise die Dosierraten herabgesetzt, um die stabile Energieversorgung der Fahrzeugsysteme durch Überlastung des Bordnetzes nicht zu gefährden.« Vernichtender kann eine Kritik nicht ausfallen.
Heuchlerischer geht‘s nicht. Axel Friedrich ist eine ominöse Figur, die mal Abteilungsleiter des Umweltbundesamts war, dann die internationale NGO international Council on clean Transportation (ITCC) mit gegründet hat, die den VW-Skandal ausgelöst hatte, und der schließlich bei dem dubiosen Abmahnverein »Deutsche Umwelthilfe e.V.« mitarbeitet.
Erfahrung im Umgang mit Filtersystemen für Autoabgase hat er. Als damaliger Bundesumweltminister hatte Sigmar Gabriel 2006 Friedrich für ein teures Desaster mit nutzlosen Russpartikelfiltern für Diesel verantwortlich gemacht und rausgeworfen.
Jetzt will Friedrich wieder für »Gerechtigkeit« und für saubere Luft in den Städten sorgen, nachdem er wesentlich an der Verteufelung selbst moderner Motoren mitgewirkt hat. Dass fast neue Diesel-Pkw aus Deutschland heute in vielen östlichen Ländern ihre Besitzer dort erfreuen, ist auch seinem Schaffen zu verdanken.
Prinzip »Geschäfte mit Umwelt« heute: Die Luft ist so sauber wie nie, absurd niedrige Grenzwerte werden selbst mit manipulierten Messstationen nur selten überschritten. Aber für Panik ist immer Platz; Grundlage für gute Geschäfte auf Kosten anderer.