Kaufprämien für Autos? Wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel in der kommenden Woche zum „Autogipfel“ bittet, wird ein ausgefeilter Forderungskatalog des Verbands der Automobilindustrie unter Federführung der früheren Merkelvertrauten und jetzigen VDA-Präsidentin Hildegard Müller zur Diskussion stehen – nachdrücklich unterstützt von den Chefs der deutschen Autobauer Daimler, BMW und Volkswagen. Deren Vorstandsvorsitzende Ola Källenius, Oliver Zipse und Herbert Diess fordern bereits seit Tagen, spätesens seit Beginn des langsamen Hochfahrens ihrer Produktionsstätten, unverblümt eine „einfache und pauschale Förderung über alle Segmente hinweg“. Sie wissen, wo ihre Widersacher lauern: in Umweltverbänden, bei Klimarettern und in sonstigen ökologischideologischen Organisationen. Die wollen mit allen ihnen zur Verfügung stehenden Mittel verhindern, dass es auch für Benziner und Dieselfahrzeuge Kaufanreize geben könnte. Vielmehr sollten ihrer Meinung nach der öffentliche Nahverkehr, das Fahradfahren, der Ausbau des Schienennetzes und zur Not auch noch einmal die Elektromobilität finanziell gepampert werden.
Tatsache ist, dass die Autobauer zwar auch ohne Coronavirus und Shutdown mit strukturellen Problemen zu kämpfen hatten – Abgasreduzierung, Umstellung auf nachhaltige Antriebssysteme, Digitalisierung, autonomes Fahren, um nur einige Herausforderungen zu nennen. Doch für die medizinisch notwendigen Einschnitte in das Arbeitsleben und die Produktionsunterbrechungen nícht zuletzt infolge der Pandemie in China sind die Automobilhersteller und ihre Zulieferer nicht verantwortlich. Anders als die Banken im Jahr 2008 – Stichwort Lehmann-Pleite –, die durch verantwortungsloses Handeln die Finanzkrise selbst heraufbeschworen hatten. Auch deren Rettung kostete den Steuerzahler viele, viele Milliarden – und kein Umwelt- oder Klimaschützer regte sich darüber auf.
Vielmehr half damals nicht zuletzt die Abwrackprämie für alte Autos, dass die deutsche Volkswirtschaft schnell wieder aus der Talsohle herauskam. Wenn jetzt Autogegner argumentieren, in der heutigen Situation sorge eine Milliarden Euro teure Verkaufsförderung für Autos allenfalls für vorgezogene Käufe und für ein Strohfeuer, dann verdrängen sie die positiven Auswirkungen der damaligen Abwrackprämie: Im Jahr 2009 schaffte sie Nachfrage nach 700 000 zusätzlichen Autos, was einen Anstieg von 23 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutete. Davon profitierten auch die Zulieferbetriebe, Logistikunternehmen und natürlich die Beschäftigten der gesamten Industrie, die wiederum durch ihren Konsum weite Bereiche der Wirtschaft stimulierten. Und das nicht nur in Deutschland, auch die Autobauer und Zulieferunternehmen in Italien, in Frankreich, Großbritannien, Tschechien, Ungarn und zahlreichen anderen europäischen und außereuropäischen Ländern profitierten vom schnellen Anspringen der deutschen Konjunktur und der steigenden Nachfrage der deutschen Wirtschaft. Auch so kann Solidarität in der Not aussehen.
Also: Lassen wir mal die Ideologie beiseiten und denken daran, dass neue Fahrzeuge deutlich weniger schädiche Emissionen ausstoßen als alte Stinker der Schadstoffklassen Euro 3, 4 oder 5, die aus dem Verkehr gezogen werden könnten, wenn die Deutschen zum Autokauf animiert würden. Und last but not least wäre es volkswirtschaftlich betrachtet unendlich viel teurer, wenn eine für Deutschland so wichtige Schlüsselindustrie wie der Automobilbau vor die Hunde gehen oder abwandern würde. Millionen verarmter Radfahrer wären nur eine der schrecklichen Folgen.
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